Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).

Das FG Köln hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu werten ist (Urteil v. 25.2.2021, 11 K 2686/18).

Fall des FG Köln

Der Kläger erzielte als Inhaber einer belegenen Hofstelle (u.a.) land- und forstwirtschaftliche Einkünfte. Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 wurde die Entnahme eines Teils der Wirtschaftsgebäude sowie der zum Betriebsvermögen gehörenden Wohnung in der Gewinnermittlung erklärt. Die Entnahme betraf die anschließend zu Wohnraum umgebauten Stallungen am Hofgelände sowie die zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende fremdvermietete Wohnung.

Von dem für Grund und Boden plus Gebäude insgesamt ermittelten Entnahmewert entfiel auf die streitige Wohnung laut Gutachten ein anteiliger Gebäudewert von 49.045,21 EUR. Nach Entnahme der zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehörenden Wohnung wurde diese Wohnung in zeitlich engem Zusammenhang komplett saniert und modernisiert.

Finanzamt: Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Das Finanzamt behandelte die Kosten als anschaffungsnahe Herstellungskosten, weil in den Jahren 2011-2013 insgesamt 83.377,51 EUR Aufwendungen anfielen. Der Kläger war der Auffassung, es fehle es an einem entgeltlichen Anschaffungsvorgang; daran ändere auch die unstreitig in 2011 erfolgte Entnahme der Wohnung aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nichts, da sie nicht als anschaffungsähnlicher Vorgang zu behandeln sei.

Das Finanzamt erwiderte, dass nach der Rechtsprechung die Entnahme unter der Voraussetzung, dass wie im Streitfall die stillen Reserven aufgedeckt würden, als anschaffungsähnlicher Vorgang anzusehen und der Wert, mit dem das entnommene Wirtschaftsgut steuerlich erfasst werde - vorliegend also der Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG - für die Berechnung der Abschreibung nach §§ 7 ff. EStG als Anschaffungskosten anzusetzen sei.

Nach der Entnahme bilde der Entnahmewert die neue Bemessungsgrundlage für den Abzug der AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und zugleich beginne ein neuer Abschreibungszeitraum. Damit seien Entnahme und Anschaffung i. S. der §§ 7 ff. EStG gleichgestellt, sodass hier eine Anschaffung i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorliege.

FG Köln auf der Seite des Finanzamts

So sieht es auch das FG Köln. Wird ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen entnommen, ist die Entnahme - unter gleichzeitiger Aufdeckung der stillen Reserven - mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.

Nach der Entnahme bildet der Teilwert die neue Bemessungsgrundlage für den Abzug der AfA bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; zugleich beginnt mit der Entnahme ein neuer Abschreibungszeitraum. Daraus folge, dass das in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal der "Anschaffung" unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik sowie des Regelungszwecks dieser Vorschrift normspezifisch dahin auszulegen ist, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang von ihrem Anwendungsbereich erfasst wird.

Auch der BFH habe schon mehrfach - ungeachtet des fehlenden Rechtsträgerwechsels - bei der Auslegung und Anwendung einzelner Vorschriften auch Entnahmen und Einlagen als anschaffungsähnliche Vorgänge angesehen und hieraus steuerliche Folgerungen gezogen, die der Gesetzeswortlaut zunächst nur für die "Anschaffung" eines Wirtschaftsguts vorgesehen hat. So hat er z.B. für die Gewährung der degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG entschieden, dass die Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebsvermögen und Überführung in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilen ist. Die hier dargestellten steuerlichen Folgen hat er als Begründung angeführt. Dies sei auch auf § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu übertragen.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Das FG hat die Revision zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob das für den Beginn der 3-Jahresfrist maßgebliche Tatbestandsmerkmal der "Anschaffung" i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch auf Entnahmevorgänge Anwendung findet, - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bislang noch nicht entschieden wurde. Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH (Az: IX R 7/21) entschieden hat.

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