Verlustabzug nach Unternehmensübertragung

Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesrechtsanwaltskammer zu einem Vorlageverfahren Stellung genommen, in dem es um die Unternehmenssteuerreform 2008 geht, nach welcher ein steuerlicher Abzug von Verlusten entfiel, wenn eine Unternehmensbeteiligung innerhalb von 5 Jahren nach ihrem Erwerb weiterübertragen wurde.

Vorlagebeschluss des FG Hamburg

Dem Verfahren liegt ein Vorlagebeschluss des FG Hamburg aus dem Jahr 2017 zugrunde. In dem dortigen Fall hatte eine Gesellschaft (C GmbH) eine ursprünglich als Vorratsgesellschaft gegründete GmbH (A GmbH) zu 100 % im Jahr 2005 übernommen. Ein Jahr später übertrug sie einen Teilgeschäftsanteil auf eine andere Gesellschaft (D AG). Ihren verbliebenen Geschäftsanteil übertrug die C GmbH im Jahr 2008 auf die E AG. In der Folgezeit wurde die A GmbH auf die E AG verschmolzen. Nachdem die A GmbH zunächst keinen aktiven Geschäftsbetrieb führte, erwirtschaftete sie in den Jahren 2006 und 2007 Verluste, die gesondert festgestellt wurden; ab 2008 erzielte sie Überschüsse.

Finanzamt: Schädliche Anteilsveräußerung

Mit ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2008 hatte die A die Berücksichtigung des festgestellten Verlustvortrages begehrt. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die schädliche Anteilsveräußerung i.S.v. § 8c Satz 2 KStG a.F. (in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008) ab und setzte die Körperschaftsteuer fest; zugleich setzte es den Verlustvortrag für 2008 auf Null fest. Der Einspruch gegen diesen Verlustfeststellungsbescheid blieb erfolglos.

FG Hamburg: § 8c Satz 2 KStG a.F. verfassungswidrig

Hiergegen wandte sich die A mit ihrer Klage. Das Verfahren ruhte zunächst mit Blick auf ein beim BFH anhängiges Verfahren zu § 8c KStG a.F. (I R 14/11). Das Finanzamt erließ sodann wegen des in dieser Sache ergangenen Urteils des BFH Änderungsbescheide. Das Verfahren wurde danach wegen der noch streitigen Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 8c S. 2 KStG a.F. wieder aufgenommen. Das FG Hamburg hält § 8c Satz 2 KStG a.F. für verfassungswidrig, weil bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 50 % Prozent (im Streitfall 80 %) des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber die bis zum Erwerb nicht genutzten Verluste nicht mehr abziehbar sind.

BRAK: Verstoß gegen Art. 3 I GG

Die BRAK schließt sich der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg an, wonach die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c S. 2 KStG a.F. gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gem. Art. 3 I GG verstößt. Zudem sieht sie auch einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die Eigentumsfreiheit (Art. 14 I GG).

Nach Ansicht der BRAK ist es eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte, wenn die Verluste einer Kapitalgesellschaft aufgrund eines Anteilswechsels von mehr als 50 % innerhalb von fünf Jahren untergehen, dagegen aber bei einer Kapitalgesellschaft ohne Anteilswechsel in den Folgejahren durch Verrechnung mit Gewinnen steuermindernd genutzt werden können. Mit dieser und weiteren verfassungsrechtlichen Fragen setzt die BRAK sich in ihrer Stellungnahme im Detail auseinander.

BRAK, Stellungnahme Nr. 26

BRAK, Mitteilung vom 29.6.2022
Schlagworte zum Thema:  Verlustabzug, Körperschaftsteuer