Arbeitgeber von Anfang der Beschäftigung an zahlungsunfähig: Besteht Anspruch auf Insolvenzgeld?
Ein Arbeitnehmer schloss zum 1.5.2016 einen Arbeitsvertrag mit einer GmbH & Co. KG für eine Tätigkeit als „Regional Sales Director“ im Home-Office. Die monatliche Vergütung sollte monatlich 6.000 EUR brutto + 10 % Umsatzprovision zzgl. 13. und 14. Monatsgehalt betragen. Im Anschluss wurde jedoch weder Lohn gezahlt noch die zugesagte Ausstattung (Smartphone, Laptop und ein Firmen-Kfz mit einem Budget-Limit von 70.000 EUR) zur Verfügung gestellt.
Geschäftsbetrieb ohne zu verteilendes Vermögen eingestellt
Die Kommanditistin der GmbH & Co. KG war wegen Betrugs vorbestraft. In deren Privatwohnung befand sich der Unternehmenssitz. Das Mietverhältnis wurde mit einer Zahlungs- und Räumungsklage u.a. wegen Mietrückständen durch den Vermieter beendet. Über eigene Firmenräume verfügte die GmbH & Co. KG nicht und die Arbeitnehmer arbeiteten jeweils von ihren privaten PCs aus. Mitte 2016 wurde der Geschäftsbetrieb eingestellt. Ein zu verteilendes Vermögen war nicht vorhanden.
Insolvenzgeld aufgrund Gelder eines ausländischen Investors abgelehnt
Die Bundesagentur für Arbeit lehnte es ab, Insolvenzgeld zu gewähren, nachdem die Kommanditistin mitgeteilt hatte, nicht in die Insolvenz zu gehen, da sie die endgültige Freigabe von Geldern eines ausländischen Investors erhalten habe und diese in Kürze transferiert sein würden.
Klage vor dem Sozialgericht ohne Erfolg
Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht Heilbronn erfolglos. Die Gewährung von Insolvenzgeld sichere nur die Nichterfüllung der Zahlungspflicht eines Arbeitgebers ab, wenn er in Vermögensverfall geraten ist. Sie komme dann nicht in Betracht, wenn ein Arbeitgeber bereits zu Beginn einer etwaigen betrieblichen Tätigkeit zahlungsunfähig oder überschuldet war.
Begründung der Entscheidung
Dies treffe hier zu: Die GmbH & Co. KG sei von der Kommanditistin lediglich in der Hoffnung gegründet worden, das Unternehmen mittels erwarteter Investitionen eines vermeintlichen Prinzen von Benin betreiben zu können. Dieser habe ihr während eines Besuchs in Benin eine Finanzierung über 2,5 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt und zum Anschub des Geschäfts Geldbeträge gefordert, die die Kommanditistin über Anlagegeschäfte mit nicht eingelösten Renditeversprechen zwischen 175 und 500 % beschafft habe.
Eigentliche Geschäftstätigkeit nie erfolgt
Eine eigentliche Geschäftstätigkeit außer dem Versuch, die erforderlichen Gelder zu beschaffen, um an die Investitionen des vermeintlichen Prinzen zu gelangen, sei jedoch nie erfolgt. Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass an einzelne Arbeitnehmer im Februar 2016 Löhne gezahlt worden seien. Denn diese seien lediglich aufgrund eines Darlehens i.H.v. 115.000 EUR erfolgt, welches die Kommanditistin aufgenommen habe, ohne über erforderliches Vermögen oder hinreichende Erträge zur Begleichung der Verbindlichkeiten zu verfügen.
Laut Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit haben insgesamt 13 ehemalige Arbeitnehmer der GmbH & Co. KG Insolvenzgeld beantragt, wovon 5 Betroffene bei verschiedenen Sozialgerichten Klage erhoben haben.
Hinweis: Sozialgericht Heilbronn, Urteil v. 16.10.2018, S 1 AL 3799/16
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