Mitarbeiter für die Digitalisierung weiterbilden

Weiterbildung und Qualifizierung werden immer wichtiger, um die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 zu meistern. Doch Unternehmen alleine können das nicht leisten. Valerie Holsboer, Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit (BA), nimmt Stellung zu den Aufgaben der BA im digitalen Wandel.

Haufe Online-Redaktion: Was sehen Sie als die größten Herausforderungen, die die Digitalisierung für Unternehmen und ihre Belegschaft bringt?

Valerie Holsboer:  Der tiefgreifende Wandel verbunden mit vielen Unsicherheiten und Ängsten, der in rasanter Geschwindigkeit stattfindet. Dadurch ändern sich Berufsbilder und Anforderungen. Weiterqualifizierung im Job ist damit nicht mehr Voraussetzung für beruflichen Aufstieg, sondern für den Erhalt des Arbeitsplatzes.

Bundesagentur für Arbeit unterstützt bei der Qualifizierung von Mitarbeitern

Haufe Online-Redaktion: Wie begleitet die BA Unternehmen und ihre Belegschaft? Welche Meilensteine sollen bis wann erreicht werden?

Holsboer: Wir begleiten Unternehmen mit unserer Arbeitsmarkt- und Qualifizierungsberatung. Gleichzeitig können wir mit Fördermöglichkeiten zum Erfolg beitragen. Mit dem geplanten Qualifizierungschancengesetz können wir Arbeitgeber noch besser bei Qualifizierungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten in den Unternehmen unterstützen. Wichtig ist mir dabei eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, damit wir auch alle zusammen in die richtige Richtung gehen. Am Ende sind nicht einzelne Meilensteine entscheidend, sondern ein kontinuierlicher Qualifizierungsprozess, den wir für die rasante Entwicklung brauchen. Indem wir die Notwendigkeit von Erst- und Weiterqualifizierung konsequent thematisieren, leisten wir auch einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und Haltung zur Zukunft der Arbeit und zur Arbeit der Zukunft.

Weiterbildung betrifft alle Beschäftigten

Haufe Online-Redaktion: Welche Arbeitskräfte nimmt die Bundesagentur für Arbeit in Zeiten des digitalen Wandels am stärksten in den Blick?

Holsboer: Die Arbeitswelt und die Wirtschaft haben sich ja immer schon verändert. Aber die Besonderheit bei der Digitalisierung ist, dass in kurzer Zeit sehr viel stattfindet. Deswegen können wir auch niemanden komplett ausblenden. Für Beschäftigte steht die Weiter- und Aufqualifizierung im Fokus. Unsere Erfahrungen zeigen außerdem, dass Menschen, die bisher überhaupt keine Formalqualifizierung durchlaufen haben, sich auch mit dem Erwerb neuer Skills besonders schwer tun. Für uns bedeutet dies, dass wir verstärkt die Prävention, also den Übergang von der Schule in den Beruf, ins Auge fassen. Mit rechtzeitiger und guter Berufsorientierung soll keiner verloren gehen. Wer einmal etwas gelernt hat, hat eine hervorragende Basis für neue Anforderungen.



Haufe Online-Redaktion: Ist die Weiterbildung Sache der Unternehmen? Oder muss der Staat dort eingreifen?

Holsboer: Natürlich ist der eigene Arbeitgeber immer der Hauptansprechpartner. Schließlich hat dieser auch das Hauptinteresse daran, dass seine Belegschaft gut aufgestellt ist und den Anforderungen gewachsen ist. Der gesetzlich definierte Auftrag der BA hat die Beratung und Qualifizierung von Beschäftigten immer mitumfasst. Die jeweiligen Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes werfen unseren Scheinwerfer auf die daraus abgeleiteten Handlungsschwerpunkte. Insofern ist der Auftrag nicht neu, aber die Intensität unseres Engagements. Dieses Engagement fordern auch Unternehmen als unsere Kunden ein. Unsere Aufgabe ist es dabei nicht, selbst die Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen, aber uns kommt mindestens eine Lotsenfunktion zu. Außerdem unterstützen wir Qualifizierungsmaßnahmen finanziell.


Digitalisierung und nachhaltiges Personalmanagament auf Agenda 2025 der Bundesagentur für Arbeit 

Haufe Online-Redaktion: Wie bereitet die BA selbst als Arbeitgeber ihre Mitarbeiter und Führungskräfte auf die digitale Zukunft vor?

Holsboer: Wir haben hier tatsächlich eine zweifache Rolle: Auf der einen Seite sind wir Ansprechpartner, Berater, Mitgestalter draußen gegenüber den Unternehmen, den Beschäftigten, den Arbeitssuchenden. Zum anderen digitalisieren und automatisieren wir auch unsere eigenen Prozesse und müssen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei mitnehmen. Sorgen und gelegentlich sogar Angst vor den Folgen konnte ich bei meinem Amtsantritt vor einenhalb Jahren auch unmittelbar bei unseren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleben. Wir gehen das Thema daher sehr offensiv an und haben sowohl die Digitalisierung als auch das nachhaltige Personalmanagement zu Handlungsfeldern in unserer Strategieagenda "BA 2025" gemacht.

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Haufe Online-Redaktion: Wie sehen diese Handlungsfelder konkret aus?

Holsboer: Punkt eins ist: Wir digitalisieren nur, was Sinn macht, und nicht aus Freude am Können. Punkt zwei: Durch die Aktualisierung und Verknüpfung verschiedener Personaltools können wir Anforderungen und Bedarfe mit verschiedenen Szenarien hinterlegen. Daraus ergibt sich, dass wir in den nächsten zehn Jahren demografiebedingt mehr Abgänge haben, als wir überhaupt durch realistische Automatisierungsszenarien einsparen können.

Unterm Strich sind wir also ein werbender und rekrutierender Arbeitgeber. Um den inhaltlichen Anforderungen gerecht zu werden geben wir gerade viel Energie in Qualifizierung und Qualität, wobei uns freut, wie mitmachbereit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Richtigerweise werden unsere Schulungs- und Qualifizierungsangebote als Wertschätzung und Investition verstanden und nicht als Bedrohung. Das verlangt viel Kommunikation nach innen. Wir sitzen hier im gleichen Boot wie die Unternehmen als Kunden. Das macht uns als Berater und Partner aber auch besonders glaubwürdig.


Das Interview führte Katharina Schmitt, Redakteurin Personalmagazin.

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