Vergleich: Betriebsrente versus private Vorsorge

Nahles–Rente, private Altersvorsorge oder doch Immobilien? Auf der Suche nach Modellen gegen Altersarmut wird die traditionelle betriebliche Altersversorgung oft übersehen. Doch ein Systemvergleich mit der privaten Vorsorge zeigt: Entgeltumwandlung ist dank staatlicher Anschubfinanzierung lukrativ.

Um die wachsende Versorgungslücke aufgrund sinkenden Rentenniveaus und immer niedrigerer Zinsen zu decken, bieten sich neben Geldanlagen, deren sichere Formen jedoch praktisch keine Zinsen mehr liefern, und Immobilien, deren Preise gerade in den Ballungsräumen in die Höhe schießen und daher für den Kauf als Kapitalanlage kaum noch geeignet sind, vor allem private Rentenversicherungen an.

Rürup-Rente und Basis-Rente unter der Lupe

Insbesondere die staatlich geförderte Basisrente, auch Rürup-Rente genannt, wird häufig empfohlen. Sie ist jedoch im Prinzip nur für Freiberufler geeignet, weil Unternehmer anders nicht steuerbegünstigt fürs Alter ansparen können.

Click to tweet

Die Basisrente funktioniert steuerlich im Wesentlichen wie die gesetzliche Rente und beinhaltet weder eine 100-prozentige Steuerbefreiung in der Beitragsphase noch die Möglichkeit der Kapitalauszahlung auf einen Schlag im Alter. Beides ist bei einer Betriebsrente jedoch möglich. Außerdem kommt die Altersversorgung über den Arbeitgeber in den allermeisten Fällen deutlich kostengünstiger als ein Privatvertrag des Arbeitnehmers.

Renditevorteil bei Entgeltumwandlung gegenüber privater Vorsorge

Unstrittig ist die Vorsorge per Betriebsrente so effizient wie keine andere Vorsorgeform. Der Grund: Angestellte profitieren dabei von der sogenannten Systemrendite der bAV. Das System der bAV hat gegenüber dem System der privaten Vorsorge nämlich einen erheblichen Renditevorteil, selbst wenn in beiden Systemen null Prozent Produktrendite erreicht würden. Die Systemrendite kommt durch steuerliche und SV-Abgabenförderung zustande. Der durchschnittliche Nettoaufwand in der Ansparphase ist damit regelmäßig deutlich niedriger als in der dritten Säule und hebelt die Rendite bei geringerem Steuersatz in der Rentenphase nochmals.

bAV versus PV

Es gibt den Renditevorteil allerdings nur für Angestellte und nur über den Arbeitgeber. Denn: Der Weg zu einer zusätzlichen Betriebsrente führt darüber, dass Arbeitnehmer einen Teil ihres Barlohns in eine bAV investieren. Das nennt sich dann Entgeltumwandlung. Das funktioniert ganz einfach: Der Arbeitnehmer trifft mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung, dass sich das Bruttoeinkommen um einen bestimmten Betrag verringert. Diesen Betrag zahlt der Arbeitgeber direkt in einen Vorsorgevertrag zugunsten des Arbeitnehmers ein. Und hier setzt schon die Systemrendite ein. Der durchschnittliche Nettoaufwand des Arbeitnehmers in der Ansparphase beträgt im Schnitt nur rund die Hälfte dessen, was für eine private Altersvorsorge gleicher Höhe ausgegeben werden müsste. "Unterm Strich macht es die Systemrendite", betont Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der Talanx Pensionsmanagement und verantwortlich für bAV bei HDI.

Die Betriebsrente lohnt sich

Wegen der anhaltend niedrigen Zinsen wird der Sinn versicherungsförmiger bAV auch von manchem Experten gelegentlich in Zweifel gezogen. "Trotz sinkender Produktrendite lohnt sich bAV", stellt von Löbbecke klar. Auf einem bAV-Expertenforum in Köln erinnerte er an Berechnungen von Dr. Thomas Schanz, bAV-Sachverständiger und Geschäftsführer der Kanzlei Kern Mauch & Kollegen. Schanz stellte fest, dass auch in der Rentenphase bei Betriebsrenten durchschnittlich 29 Prozent mehr Nettorente durch Entgeltumwandlung zu erwarten sind als bei rein privater Vorsorge über die dritte Schicht. Gemeint ist: Selbst wenn das gewählte Anlageprodukt gar keinen Zins bringt, hat ein lediger Arbeitnehmer (30), der monatlich brutto 100 Euro einsetzt, im Endalter 67 eine zwischen 18 und 49 Prozent höhere Nettoleistung zu erwarten als mit einer privaten Vorsorge.

Click to tweet

Nachgelagerte Besteuerung der bAV als Vorteil in der Niedrigzinsphase

"Das macht den Vorteil der nachgelagerten Besteuerung gerade in der Niedrigzinsphase deutlich, solange keine Steuersatzerhöhungen in der Leistungsphase erfolgen", sagt Professor Thomas Dommermuth, Steuerberater, Professor an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden und Beiratsvorsitzender des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung. Nachgelagerte Besteuerung bedeutet: In der Einzahlungsphase sind die Beiträge bis zu einer bestimmten Grenze von der Steuer befreit, während in der Rentenphase die Auszahlung in voller Höhe besteuert wird. Allerdings ist der Steuersatz in der Rentenphase meist viel geringer als in der Beitragsphase, so dass sich die nachgelagerte Besteuerung als besonders starke staatliche Förderung der bAV erweist, die gerade in Zeiten niedrigster Zinsen für eine bedeutende "Systemrendite" sorgt. "Selbst bei null Prozent Produktrendite sind sehr sichere Renditen realistisch", hat Dommermuth errechnet. Demnach kommt ein Durchschnittsverdiener, der als Rentner keine Steuern zahlt – das ist heute noch die Regel –, auch ohne Produktverzinsung auf 5,73 Prozent Effektivrendite in der Niedrigzinsphase.

Doppelverbeitragung als Nachteil in der bAV

Der positive Effekt wirkt leider nicht bei den Sozialabgaben nach, beklagt Dommermuth. In der Ansparphase gibt es nur die halbe SV-Ersparnis, aber in der Rentenphase die volle Belastung. Das sei ein unhaltbarer Zustand, zumal zu befürchten sei, dass die SV-Beiträge in Zukunft weiter steigen. Aktuell könne die bAV ohne Gruppentarife und Arbeitgeberzuschüsse in vielen Fällen nicht mit der privaten Lebensversicherung (dritte Vorsorgeschicht) konkurrieren, falls der Betriebsrentner gesetzlich kranken- und pflegeversichert ist. Die Entgeltumwandlung bliebe ein Mekka für privat Versicherte, was die politische Absicht auf größere Verbreitung der bAV konterkarieren würde. "Wenn bei der anstehenden bAV-Reform jedoch die Problemfelder Sozialversicherung, Komplexität und Anrechnung auf die Grundsicherung gelöst werden, ist die bAV aber für alle Arbeitnehmer unschlagbar", resümiert der Experte.

Das gelte auch für Geringverdiener, und auch für die Niedrigzinsphase. Daran ändert auch die Absenkung des Höchstrechnungszinses von 1,25 Prozent 2016 auf 0,9 Prozent 2017 für Neuabschlüsse nichts, betont Friedhelm Gieseler vom Versorgungswerk Klinik-Rente mit Blick auf eine Altenpflegerin, die 2.000 Euro brutto verdient und damit noch als Geringverdienerin gilt. Sie käme durch Entgeltumwandlung auf über 9 Prozent Nettobeitragsrendite. Allein durch die staatliche Förderung und ohne Beteiligung des Arbeitgebers hätte sie laut Gieseler weit über 6 Prozent Systemrendite zu erwarten. Das wäre beim System der privat abgeschlossenen Rentenversicherung nicht so.

Vorschlag: Sozialversicherung aus der bAV entfernen

Bevor man die bAV – wie von Arbeitministerin Andrea Nahles beabsichtigt – verstärkt über Tarifverträge verbreiten will, sollte man daher ihre Attraktivität steigern, sonst wird man keine nachhaltig höhere Teilnahmequote erzielen. Dazu muss insbesondere die gravierende Wirkung der Sozialversicherung (SV) gedämpft oder abgeschafft werden. Dazu gibt es bereits Vorschläge. So könnte die SV vollständig aus der bAV eliminiert werden. "Das würde die Wurzel des Übels komplett beseitigen und lediglich die vorteilhafte nachgelagerte Besteuerung zurücklassen", sagt Dommermuth. Dieser Weg hat aber einen Haken: Geringverdiener bekämen eine inakzeptabel geringe staatliche Förderung und Arbeitgeber verlören womöglich ihr Motiv, freiwillig bAV-Zuschüsse zu zahlen, da sie keine SV-Ersparnis mehr vereinnahmen könnten. "Daher müsste die Beseitigung der SV-Lasten mit einer Zulagenförderung flankiert werden, die man über eine Reduzierung der Lohnsteuer finanzieren sollte", schlägt Dommermuth vor. Man darf gespannt sein, wie viel davon im in Kürze erwarteten Gesetzesentwurf der Bundesregierung enthalten sein wird.

Detlef Pohl ist diplomierter Journalist, Buchautor und Moderator. Er schreibt seit 25 Jahren über Vorsorge, Versicherungen und Recht.

Schlagworte zum Thema:  bAV (Betriebliche Altersversorgung)