Das duale Ausbildungssystem muss zukunftsfähig gemacht werden

Mitten im Wahlkampf stellen die Personalmanager Thomas Sattelberger und Katharina Heuer das Memorandum „Zukunft durch Berufsabschluss – gegen Bildungsarmut“ vor. Die beiden Personalverbände HR Alliance und Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) legen damit einen Vorschlag zur Modernisierung der dualen Berufsausbildung vor.  

Die beiden Personalorganisationen machen sich Sorgen um den Zustand der Berufsausbildung in Deutschland. „Die duale Berufsausbildung ist gegenwärtig ein Exportschlager, im Inland gibt es ein Systemversagen“, formuliert Sattelberger, Vorsitzender der HR Alliance pointiert. Während es vor wenigen Jahren noch einen starken Überhang an Bewerbern gegenüber Ausbildungsplätzen gab, dreht sich in die Situation um. In diesem Jahr sei das Verhältnis Bewerber und Ausbildungsstellen noch ausgewogen, doch schon bald gibt es nicht mehr genügend Bewerber für die Ausbildungsstellen. „Für die Wirtschaft ist die Berufsausbildung die Brücke zur Facharbeit, bald wird sie zum Nadelöhr“, so Sattelberger.

Eine wesentliche Ursache für den sich abzeichnenden Mangel an Facharbeitern sei - neben dem demografischen Wandel und dem Trend zum Abitur und Studium - das Systemversagen der Berufsausbildung: 150.000 Jugendliche bleiben jährlich ohne Berufsabschluss, 1,5 Millionen junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 29 Jahren haben kein Qualifikation. „Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Das ist nicht nur ein sozialpolitisches Thema, sondern auch im Interesse der Unternehmen, die Fachkräfte brauchen“, erläutert Katharina Heuer, Geschäftsführerin der DGFP.

Das Fünf-Punkte-Aktionsprogramm

Das Fünf-Punkte-Aktionsprogramm, das den Kern des Memorandums darstellt, zeigt die Handlungsfelder auf, um die die duale Berufsausbildung zukunftsfähig zu machen.

Die Forderungen sind:

1.       Die Ausbildungsfähigkeit und -motivation aller Jugendlichen in der Schule soll breitflächig verbessert werden: Die betriebliche Praxis muss Lerninhalt in den Schulen sein, Jugendliche müssen ihre Potenziale im breiten Spektrum der Ausbildungsberufe entdecken und insbesondere schulschwache Jugendliche müssen bei Bedarf individueller begleitet werden.

2.       Der Übergangsbereich von Schule in den Beruf soll evaluiert, fokussiert und verzahnt werden. Viele Übergangsmaßnahmen sind ineffizient, die Maßnahme „Einstiegsqualifizierung“ sei auszubauen.

3.       Die  Unternehmen sollen die Auszubildenden stärken- und potenzialorientiert auswählen und ausbilden: Die Ausbilder sollen individuelle Lernprozessbegleiter und Ausbildungsnavigatoren werden.

4.       Ein gestuftes System der dualen Ausbildung soll erprobt werden: Es soll auf unterschiedlichen Stufen berufsbefähigende Abschlüsse auf unterschiedlichen Niveaus geben.

5.       Das Pilotprojekt „Duale Schule“ soll getestet werden: Neue Formen der Kooperation zwischen Schule und Betrieb durch Verzahnung berufsbildender Inhalte in der allgemeinbildenden Schule mit berufspraktischen Erfahrungen im Betrieb sind zu testen und zu Vorbildprojekten für Haupt- und Realschulen zu entwickeln.

Es handelt sich um ein großes Arbeitsprogramm. Die Initiatoren wollen das Thema vorantreiben und mit Verbänden, Unternehmen und der Politik reden. „Wir führen Gespräche mit den bildungspolitischen Sprechern der Parteien“, sagt Sattelberger und sieht eine Chance, das Thema im Koalitionsvertrag zu verankern. Die Themen Fachkräftemangel und Bildung als Teilhabe an der Gesellschaft seien in den Ministerien und Parteien bekannt, hier sehen wir die Anknüpfungspunkte für unsere Initiative, so Sattelberger.

Doch selbst wenn die Politik das Thema nicht aufgreift, können die Personalmanager in ihrem Umkreis etwas bewegen. Die Rekrutierung der Auszubildenden müsse sich ändern, um lernschwachen Schüler und Schülern mit Migrationshintergrund besser Einstiegschancen zu geben. „Wer in der Schule schwach ist, kann im Beruf erfolgreich sein. Die Unternehmen sollten bei der Auswahl der Auszubildenden nicht allein auf die Noten schauen, sondern auf das Potenzial, das die Jugendlichen mitbringen“, erläuterte Katharina Heuer. Dafür gebe es ermutigende Beispiele. „Wir wollen möglichst viele Beispiele zusammen tragen, um weitere Unternehmen zu einem solchen Vorgehen zu bewegen. Aus den einzelnen Leuchtturmprojekten soll ein Trend werden“, so Heuer.

Schlagworte zum Thema:  Ausbildung, Fachkräftemangel