Arbeitgeber bezahlt Verwarngelder: Arbeitslohn?

Übernimmt ein Unternehmen für seine Mitarbeiter die Zahlung von Verwarngeldern, entsteht daraus nicht automatisch ein geldwerter Vorteil auf Seiten des Arbeitnehmers. Entscheidend dafür ist, gegen wen das Ordnungsgeld festgesetzt wurde.

Auf vielen Straßen geht es nur mühsam voran. Parkplätze sind Mangelware. Doch die Ladefläche des Fahrzeugs ist vollgepackt mit Paketen. So sieht der Alltag für Paketzusteller in den meisten Städten aus. Da erscheint es beinahe selbstverständlich zu sein, wenn sie kurz in Halteverbotszonen oder auf der Straße halten, um die Sendungen beim Empfänger oder der Empfängerin abzuliefern. Tatsächlich erteilen zwar einige Kommunen kostenpflichtige Ausnahmegenehmigungen, die ein kurzes Be- und Entladen in nicht dafür freigegebenen Bereichen erlauben. Doch längst nicht alle bieten diese Möglichkeit.

Paketzustelldienst übernimmt Verwarngelder bei Parkverstößen

Für den Fall einer fehlenden Ausnahmegenehmigung erlaubte deshalb ein Paketzustelldienst seinen Fahrern, ausnahmsweise auch in Bereichen mit Halteverbot oder in Fußgängerzonen kurz stehenzubleiben. Oberste Priorität sollte die reibungslose Auslieferung der Pakete haben. Um dieses Ziel zu erreichen, akzeptierte das Unternehmen nicht nur ein mögliches Verwarngeld. Es zahlte die Forderung sogar für seine Mitarbeiter. Als Halter der Zustellfahrzeuge war der Arbeitgeber ohnehin Empfänger der behördlichen Zahlungsaufforderungen.

Die vom Paketzustelldienst geleisteten Zahlungen wertete das zuständige Finanzamt schließlich als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Gegen diese Entscheidung klagte das Unternehmen vor dem Finanzgericht Düsseldorf. Da die Fahrzeuge auf den Paketzustelldienst zugelassen waren, konnte das Gericht in der Übernahme der Verwarngelder jedoch keinen Vorteil für die Arbeitnehmer erkennen. Stattdessen sah es darin die Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit des Fahrzeughalters.

Bei ihrer Bewertung stützten sich die Düsseldorfer Richter auf den beabsichtigten Zweck eines Verwarnungsverfahrens. Denn dieses ist bewusst weniger aufwändig gestaltet als ein Bußgeldverfahren. Daher wird darin zunächst nicht ermittelt, welche Person genau gegen die Verkehrsregeln verstoßen hat. Vielmehr soll die kostenpflichtige Verwarnung als allgemeine „Erziehungsmaßnahme“ ausreichen. Zahlt der Halter des Fahrzeugs, ist die Schuld ohne weitere Untersuchung abgegolten. Weitere Ermittlungen würden erst dann ausgelöst, wenn er das Verwarngeld nicht begleicht und stattdessen der Behörde den ausgefüllten Zeugenfragebogen mit den Personalien des Verursachers zurückschickt.

Wann ein geldwerter Vorteil entsteht

Anders wäre der Fall jedoch zu bewerten, wenn ein Unternehmen seinem Arbeitnehmer eine Forderung erlässt, die es gegen ihn durchsetzen könnte. Eine Voraussetzung dafür wäre, dass das Verwarngeld direkt dem Mitarbeiter auferlegt würde. In dem Moment, in dem der Arbeitgeber auf eine Rückerstattung durch den Mitarbeiter verzichtet, würde dann auf dessen Seite ein geldwerter Vorteil entstehen. Vorliegen muss dabei allerdings außerdem das Einverständnis des Betroffenen.

Ob mögliche Regressansprüche gegenüber Fahrern des Paketzustelldienstes bestehen, muss das Finanzgericht Düsseldorf nun nochmals prüfen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Revisionsverfahren festgelegt. Da die Zusteller sich grundsätzlich nach Anweisung ihres Arbeitgebers an die geltenden Verkehrsregeln halten und Verstöße nur im Ausnahmefall akzeptiert werden sollten, sahen die dortigen Richter Rückforderungen nicht grundsätzlich als ausgeschlossen an. Damit folgt der BFH einer früheren Entscheidung in einem Verfahren um den Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten. Schon damals hatten die Richter geurteilt, dass betriebliche Ziele keine Grundlage für die Anweisung zum Verstoß gegen gesetzliche Regelungen sein kann. Die Folge daraus: Die vom Arbeitgeber übernommenen Bußgelder stellen Arbeitslohn dar.

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