In der Praxis hat sich § 1 Abs. 1 AStG als die zentrale Korrekturnorm für VP-Anpassungen herausgebildet. Diese Vorschrift beinhaltet die Rechtsgrundlage für VP-Anpassungen auf Ebene deutscher Personen- und Kapitalgesellschaften in Bezug auf ausländische nahestehende Personen:

Zitat

Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass die voneinander unabhängigen Dritten alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen und nach den Grundsätzen ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter handeln.[278]

Die im vorherigen Abschnitt fett markierten Begriffe werden im Folgenden näher erläutert:

Geschäftsbeziehung

§ 1 Abs. 5 AStG a. F. definiert: "Geschäftsbeziehung […] ist jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder § 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde."

Schon seit längerer Zeit bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, wie weit oder eng der Begriff der "Geschäftsbeziehung" zu interpretieren ist. Dieses umfangreiche Thema soll hier nicht vertieft werden. Kurz zusammengefasst: Der jetzige Gesetzeswortlaut, dass alle konzerninternen Transaktionen eine Geschäftsbeziehung darstellen, es sei denn, sie basieren auf einem Gesellschaftsvertrag, ist nach überwiegender Auffassung der Literatur deutlich zu eng und weder im Einklang mit früheren BFH-Urteilen noch mit den OECD-Richtlinien. Hier besteht ein erhöhtes Doppelbesteuerungsrisiko und es drohen Verständigungsverfahren.

Auch die aktuelle Fassung des § 1 Abs. 4 AStG[279] hat nicht zu einer sinnvollen Reduzierung des Anwendungsbereichs auf tatsächlich schuldrechtliche "Geschäftsbeziehungen" geführt (die Norm erfasst z. B. nach wie vor den Eigenkapitalersatz und Patronatserklärungen):

Zitat

"Geschäftsbeziehungen […] sind

  1. einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle) zwischen einem Steuerpflichtigen und einer nahestehenden Person,

    1. die Teil einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen oder der nahestehenden Person sind, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder anzuwenden wären, wenn sich der Geschäftsvorfall im Inland unter Beteiligung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen und einer inländischen nahestehenden Person ereignet hätte, und
    2. denen keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt; eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist eine Vereinbarung, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt;
  2. Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte (anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen).

Liegt einem Geschäftsvorfall keine schuldrechtlichen Vereinbarungen zugrunde, ist davon auszugehen, dass voneinander unabhängige ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter schuldrechtliche Vereinbarungen getroffen hätten oder eine bestehende Rechtsposition geltend machen würden, die der Besteuerung zugrunde zu legen ist, es sei denn, der Steuerpflichtige macht im Einzelfall etwas anderes glaubhaft."[280]

Ausland

Entgegen der vGA und der vE greift § 1 AStG ausschließlich bei Geschäftsbeziehungen mit Auslandsbezug. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass bei vielen anderen Staaten[281] die VP-Anpassungsnormen sowie die VP-Dokumentationsvorschriften auch für intranationale Transaktionen anzuwenden sind.

Nahestehende Person

In der aktuellen Fassung sind hier alle natürlichen und juristischen Personen (d. h. Kapital- sowie Personengesellschaften) betroffen, die zu mindestens 25 % unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind[282]. Betriebsstätten zählen seit dem Veranlagungszeitraum 2013 ebenfalls dazu[283]. In einigen anderen Staaten[284] gelten Mindestbeteiligungsquoten von 50 %.

Mindern

§ 1 Abs. 1 AStG greift ausschließlich im Falle von inländischen VP-induzierten Gewinnminderungen. Diese einseitige Regelung ist vorteilhaft für den deutschen Fiskus und gleichermaßen nachteilig für den Steuerpflichtigen und daher wohl nach überwiegender Meinung europarechtswidrig[285]. Stellt die Betriebsprüfung zu hohe VP-induzierte deutsche Gewinne fest, könnte u. U. die Korrektur über eine vE erfolgen, ...

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