Wir leben in einer "VUCA-Welt". Sie ist gekennzeichnet durch Geschwindigkeit ("Velocity"), Unsicherheit ("Uncertainty"), Komplexität ("Complexity") und Mehrdeutigkeit ("Ambiguity"). Überraschende und unerwartete Ereignisse sind auf der Tagesordnung. Sind sie ungünstig und gar existenzgefährdend, spricht man von Krisen.

Der Begriff "Krise" wird vielfältig verwendet: z. B. in der Medizin, Psychologie, Umwelt, Politik oder Volkswirtschaft. In allen Wissensbereichen werden Situationen, die sich gefährlich zuspitzen, als "Krise" bezeichnet.

Wir wollen uns mit einem speziellen Gebiet der Krisen und deren Management bzw. Controlling auseinander setzen: Unternehmenskrisen. Dieser Sammelbegriff bezeichnet alle unternehmensinternen und -externen Ereignisse, die ein Unternehmen akut und konkret in seiner Existenz gefährden. Es handelt sich dabei um Prozesse, die das weitere Überleben eines Unternehmens insgesamt zeitnah gefährden. Die Corona-Krise lässt alle Eigenschaften einer Krise nach unserem Verständnis demonstrieren (s. Abb. 1).

Unternehmenskrisen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Um Ihnen adäquat begegnen zu können, ist deshalb zunächst ihre Kategorisierung notwendig. Nur wenn dem Management klar ist, welche Krisenart vorliegt, kann es die richtigen Werkzeuge zu ihrer Bekämpfung auswählen und einsetzen.

Es ist erforderlich, die beiden verwandten Begriffe "Krise" und "Risiko" auseinanderzuhalten bzw. den Zusammenhang zwischen ihnen zu sehen. Unter Risiko wird generell eine Gefahr verstanden, "die das Unternehmen daran hindert, angestrebte Ziele zu erreichen oder Strategien erfolgreich umzusetzen."[1] Gleißner[2] spezifiziert weiter, indem er hierbei die Eintrittswahrscheinlichkeiten miteinbezieht: "Risiko ist die aus einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft resultierende, durch 'zufällige' Störung verursachte Möglichkeit, von geplanten Zielen abzuweichen." Eine Krise stellt für viele Unternehmen eine Chance dar, sich zu entwickeln und einen neuen strategischen Schwerpunkt zu finden.

Man kann vereinfachend formulieren, dass Risiko eine abstrakte – nicht immer existenzgefährdende – Gefahrenmöglichkeit darstellt, Krise dagegen die konkrete – existenzielle Gefahrensituation, bei der im Regelfall ein Schaden nicht abgewendet werden kann.

Ein Beispiel illustriert diese Unterscheidung: die Lieferkette für einen wichtigen Rohstoff ist generell risikogefährdet; ist die Lieferkette aber akut unterbrochen, befinden wir uns in einer Krisensituation. Risikomanagement ist immer auch Krisenvermeidungsmanagement, wobei natürlich in der VUCA-Welt nicht alle Krisen vorhersehbar sind.

Abb. 1: Merkmale von Unternehmenskrisen

Zur Kategorisierung von Unternehmenskrisen gibt es zahlreiche Vorschläge in Literatur und Praxis.[3]

Aus Management- bzw. Controlling-Perspektive ist das wichtigste Krisenunterscheidungsmerkmal, ob es vorhersehbar oder nicht vorhersehbar ist. In einem allgemeinen abstrakten Sinne sind alle Krisen vorhersehbar, "nur" ihr zeitlicher Eintritt und ihre Wahrscheinlichkeit sind ungewiss. Dies gilt auch für Naturkatastrophen wie ein Erdbeben oder für einen Brandunfall. Im Corona-Fall haben z. B. Experten seit Jahrzehnten vor Pandemien gewarnt.

"Die Zielsetzung besteht darin, bisher nicht vorhersehbare Krisen möglichst zu vorhersehbaren Krisen zu machen".[4] In diesem Fall kann Krisenvorsorge – auch im Fall der Unvermeidbarkeit – getroffen werden.

Abb. 2: Klassifikation von Unternehmenskrisen[5]

Abb. 2 zeigt eine Morphologie der Unternehmenskrisen, die bei der Diagnose der Krise helfen kann, Management- und Controlling-Maßnahmen vorzustrukturieren. Prinzipiell geht es um Krisenvermeidung bzw. -vorsorge und im Falle einer Krise um Vermeidbarkeit und Krisenbewältigung. Für den Controller ist es wichtig – wie die Abb. 2 verdeutlicht – eine Krisensituation zu analysieren, damit er dem Management als Business Partner die richtigen Schritte vorschlagen kann.

Die Ideenwerkstatt des ICV hat sich das vergangene Jahr bereits mit dem Thema "Controlling in Krisenzeiten" ausführlich auseinandergesetzt. In diesem Rahmen erschienen insgesamt vier Quarterlies, die online abrufbar sind.[6] Diese bieten noch zusätzliche Abbildungen, Literaturhinweise und deep-dives in verschiedenste Themenblöcke wie bspw. das Krisenmanagement oder Methoden des Risikomanagements.

[1] Diederichs, 2018, S. 9.
[2] Gleißner, 2017, S. 17.
[3] Vgl. z. B. Hutzschenreuter/Griess-Nega, 2006; Krystek/Moldenhauer, 2007; Töpfer, 1999.
[4] Töpfer, 1999, S. 21.
[5] Eigene Darstellung.
[6] ICV, 2020a.

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