Auf Grundlage der Chancen-Risiken-Abwägung und der in Abb. 20 identifizierten Fragen im Zusammenhang mit der Servitization lassen sich Handlungsempfehlungen für das Controlling ableiten. So bedingt die Erweiterung des Leistungsumfangs des Unternehmens vom reinen Produktgeschäft auf Produkt-Service-Systeme[1] eine Anpassung des Geschäftsmodells. Dies erfordert die Neuausrichtung des Controllings, welche das Dienstleistungs- und Mitarbeitercontrolling aufgrund der gestiegenen Relevanz der Servicekomponente stärker in den Vordergrund stellt. Bei der Kalkulation der Kosten kommt es zu einer Orientierung an der Prozesskostenrechnung, die es ermöglicht, zwischen Produkt und Service, fixen und variablen sowie direkten und indirekten Kosten trotz der Komplexität des Produkt-Service-Systems zu trennen und so das Fundament einer effizienten Kostenrechnung zu bilden. Die Preissetzung orientiert sich schließlich an dem Wert der Leistung, die dem Kunden entgegengebracht wird, und reflektiert somit dessen Zahlungsbereitschaft. In Summe ermöglicht dies die Erschließung neuer Gewinnpotenziale und die Steigerung der Kundenbindung an das Unternehmen.

Abb. 22: Anpassung des Controllings an das Service-Geschäftsmodell

Die gegenwärtigen Entwicklungen sprechen für die Durchsetzung eines Trends, bei dem das Dienstleistungsgeschäft nicht mehr nur neben dem Kerngeschäft existiert, sondern durch die Umstellung des gesamten Geschäftsmodells auf "Everything-as-a-Service" den primären Fokus darstellt (Phase 3 – s. Abb. 2). Dieser Wandel und die verschwimmenden Grenzen zwischen Produkt und Service gehen einher mit einer Notwendigkeit tiefgreifender Anpassungen in Controlling, Kostenrechnung sowie Preissetzungsverfahren und eröffnen so auch die Möglichkeiten für neue Abrechnungsmodelle, wie z. B. Subscription Models[2]. Dabei bieten solche neuartigen Abrechnungsmodelle, wie etwa Subscription Models, große Potenziale, da sie tiefgreifende Einblicke in die Kundenbedürfnisse ermöglichen und so nicht nur die Kundenbindung und Wettbewerbsfähigkeit steigern, sondern auch als wesentlicher Treiber von Umsatz und Marktkapitalisierung fungieren[3]. Andererseits bedingt die gesteigerte Relevanz von dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen, wie bspw. den erwähnten Subscription Models, eine Neuausrichtung des Controllings, bei dem insbesondere nicht-finanzielle Kennzahlen in den Fokus der Betrachtung rücken. So gewinnt die Leistungsrechnung zur Bewertung der Performance neben der reinen Kostenrechnung zunehmend an Bedeutung. Dabei gilt es, das mit dem Dienstleistungsgeschäft verfolgte Oberziel durch strategische Indikatoren zu messen[4]. In Anlehnung an dieses Oberziel entwickelt Seiter (2016) 7 Basisstrategien (siehe nachfolgende Tab. 5) für das Dienstleistungsgeschäft, die das Unternehmen dabei unterstützen sollen, sich langfristig und erfolgreich am Markt zu etablieren.

 
Basisstrategie Erläuterung
1. Gesetzliche Verpflichtung Die kostenminimale Erbringung einer gesetzlich vorgeschriebenen Dienstleistung, bspw. einer Gewährleistungspflicht, stellt das oberste Ziel dar. Dabei steht insbesondere der After-Sales-Service im Vordergrund.
2. Kundenorientierung Im Fokus stehen sowohl Pre- als auch After-Sales-Dienstleistungen. Eine Dienstleistung wird erst auf aktive Nachfrage des Kunden bzw. aufgrund von Branchenstandards angeboten, bspw. die Inbetriebnahme einer bestimmten Maschine, die für das Produktangebot essenziell ist.
3. Verstetigung Die Strategie zielt auf einen stabilen Gesamtumsatz des Unternehmens ab, der durch eine Umsatzgenerierung erreicht wird, bei der Umsätze aus dem Dienstleistungsangebot mögliche Schwächephasen im Produktgeschäft kompensieren. Dies bedingt, dass der Fokus auf After-Sales- und Independent-Dienstleistungen liegen muss, da Pre-Sales-Dienstleistungen sich nicht als geeignete Umsatzkompensatoren erweisen.
4. Quer-subventionierung Auch hier sollen After-Sales-Dienstleistungen eine Kompensation eines schwachen Produktgeschäfts ermöglichen. Der Unterschied zur Verstetigung gestaltet sich aber darin, dass das zu kompensierende Produktgeschäft bewusst defizitär gestaltet ist, wohingegen die Verstetigung einen insgesamt stabilen Umsatz bei potenziell kurzfristigen Schwankungen bewirken soll.
5. Cross-Selling Hierbei soll durch das Dienstleistungsgeschäft nicht nur ein Geschäft mit neuen Produkten aufgebaut werden, sondern dieses durch Informationsgewinnung aus dem Dienstleistungsgeschäft auch fortlaufend verbessert werden.
6. Differenzierung Das Pre- und After-Sales- sowie das Independent-Dienstleistungsgeschäft sollen es ermöglichen, sich durch das einzigartige Angebot an Wettbewerbern abzuheben und so Kunden anzuziehen und zu binden, da das wachsende Produktportfolio und die immer kürzer werdenden Innovationszyklen eine Differenzierung auf der Produktebene zunehmend erschweren.
7. Eigenständiges Geschäftsfeld Hier wird die Independent-Dienstleistung herausgestellt, bei der, im Gegensatz zu den zuvor diskutierten Ansätzen, keine Ver...

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