Antikorruptionsgesetz im Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen gilt weiterhin als einer der größten Beschäftigungs- und Wachstumsmärkte in Deutschland. Wie steht es hier mit der Compliance?

Zitate wie dieses von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach anlässlich des Milliardenbetrugs durch russische Pflegedienste in Deutschland im Jahr 2016 erschrecken:

Es gibt wenige Bereiche, die so betrugsanfällig sind wie das Gesundheitswesen.

Im ersten Moment stellt sich tatsächlich die Frage, ob es Korruption und unethisches Verhalten in einem solchen Bereich überhaupt geben kann. Sollte ein soziales, ehrliches und ethisches Miteinander hier doch naturgemäß an erste Stelle kommen. Allerdings belehren uns die Skandale in der Praxis eines Besseren. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Allerdings hat sich die Erwartungshaltung gegenüber Unternehmen durch die Verschärfung der nationalen und internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen nachhaltig verändert. Korrupte und unredliche Verhaltensweisen werden nicht mehr toleriert. Dies gilt für das Gesundheitswesen in besonderer Weise, denn mit dem Leben und der Gesundheit der Patienten spielt man nicht. Jede Institution in diesem Bereich muss überprüfen welche Compliance Maßnahmen notwendig sind. Die Einführung von maßgeschneiderten Compliance-Management-Systemen (CMS) wird noch allzu oft versäumt.

Antikorruptionsgesetz in Deutschland 

Korruption im Gesundheitswesen ist für die Staatsanwaltschaft ein nicht leicht zu entdeckender und intransparenter Bereich. Teilweise wurden Schwerpunktstaatsanwaltschaften mit entsprechendem Know-how gebildet. Zudem ist ein wachsamerer Blick seit der Verabschiedung der §§ 299 a,b StGB vorhanden.

Auch der demografische Wandel und die damit einhergehende Alterung der Gesellschaft lässt gerade dem Gesundheitswesen immer größere gesellschaftliche Bedeutung zukommen. Der Gesetzgeber versucht diesen Bereich besser zu schützen. So ist es die Intention des Gesetzgebers, Korruption im Gesundheitswesen einzudämmen, bspw. durch die Verschärfung der Straftatbestände der §§ 299 a,b StGB (Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen). Das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen soll gestärkt werden. Denn nach dem Antikorruptionsgesetz akzeptiert man schon dann einen unerlaubten Vorteil, wenn dieser Gegenleistung für eine Bevorzugung ist. Beispiele sind

  • Zahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte für die bevorzugte Verordnung von Medikamenten
  • oder "Kopfgelder" für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus.

Kommt es bei Gesetzesverstößen zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, rücken durch die immanente hohe öffentliche Brisanz schnell alle Akteure der betroffenen Bereiche in den Fokus der Öffentlichkeit. Zudem fordern der stetige Reformdruck und die sich fortlaufend ändernden rechtlichen Regelungen hohe Flexibilität.

Schlussfolgernd ist es schlichtweg nicht tragbar, Compliance unter den Tisch fallen zu lassen.

Korruption im Gesundheitswesen

Um ein sicheres, unternehmensgerechtes und funktionierendes CMS einzurichten, sind in einem ersten Schritt die unternehmensinternen Risiken aufzudecken und ein Risikokatalog zu erstellen.

Typische Risiken sind z.B. Abrechnungsbetrug, Einweiserprämien oder Kooperationen mit der Pharma- und Medizintechnikindustrie. Ein klassisches Fallkonstrukt ist zum Beispiel, wenn ein Arzt Produkte eines Pharma- oder Medizintechnikunternehmens in seinem 2-stündigen Vortrag verwendet und die Firma ihm „dafür“ ein Vortragshonorar von unglaublichen 12.000 € anbietet. Der Vorteil ist die geldwerte Leistung. Unlauter dabei ist die unangemessene hohe Vergütung. Grundsätzlich sollte die Vergütung entsprechend dem Wert der heilberuflichen Leistung in angemessener Höhe festgelegt werden. Gemäß der GOÄ kann der Begriff „angemessen“ mit ca. 120 € pro Stunde definiert werden.

Korruptionsfälle in Deutschland

Wer in Deutschland über Korruption spricht, kommt an den großen Korruptionsfällen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte nicht vorbei. Der schwerste bekannt gewordener Fall dürfte die Korruptionsaffäre von Siemens sein. In den Jahren nach 1997 soll der Konzern ca. 70 Millionen Euro an Schmiergeldern für den Erhalt von Aufträgen bei der Digitalisierung des Telefonnetzes in Griechenland (OTE) gezahlt haben. Im Jahre 2009 rüttelte eine schwere Korruptionsaffäre am deutschen Nutzfahrzeuge-Hersteller MAN, der in ca. 20 Ländern Aufträge zur Lieferung von Lastkraftwagen und Bussen durch Zahlung von Bestechungsgeldern an Land gezogen haben soll. Ein Tochterunternehmen von MAN, die Firma Ferrostaal, tat es dem Mutterunternehmen gleich und warb ebenfalls in großem Umfang Aufträge durch Zahlung von Bestechungsgeldern ein. Schließlich traf es auch den Automobilhersteller Daimler, gegen den die US-Behörden ein umfangreiches Ermittlungsverfahren eingeleitet hatten.

Die Auffälligkeit korruptiven Verhaltens ergibt sich z.B. auch häufig auf der Ebene des steuerlichen Abzugs beim Vorteilsgeber. Der Außendienst, der sich hauptsächlich um die Ärzte „kümmert“ und diese beliefert, sollte – z.B. auf Grund des Dokumentationsprinzips – dokumentieren, warum entsprechende Geschenke an Ärzte gemacht werden. Solche Aufzeichnungen können für Vorteilsgeber wie Vorteilsnehmer allerdings auch zum Verhängnis werden. Schlussfolgerung ist nun nicht, dass besser nichts mehr dokumentiert wird. Denn das wäre weder compliant noch würde man damit einer Strafbarkeit aus dem Weg gehen. Allgemeine Regeln und Grundsätze sollten vorhanden und bekannt sein.

Korruptionsregister beschlossen

Bisher gibt es in Deutschland kein einheitliches Korruptionsregister. Allerdings gibt es solche Register bereits in einigen Bundesländern. Die Justizminister der Bundesländer haben nun beschlossen, dass korrupte Firmen zukünftig in einem bundesweiten Verzeichnis gelistet werden sollen. Dies soll dazu beitragen, dass Firmen, die vor Korruption nicht zurückschrecken, keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten. In dem Register werden die Unternehmen gelistet, die aufgrund von Korruptionsdelikten für öffentliche Auftragsvergaben nicht zugelassen werden dürfen.

Auf das bundesweite Register sollen alle Vergabestellen – gemeint sind die öffentlichen Auftraggeber, wie Bund, Länder und Kommunen – zugreifen können, um darin gespeicherte Unternehmen von einer Ausschreibung ausschließen zu können. So lässt sich sicherstellen, dass Aufträge nur an zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen vergeben werden.

Folgende Angaben sind für ein Korruptionsregister notwendig:

  • Katalog der schweren Verfehlungen,
  • Nachweis der Verfehlung, wie gerichtliche Entscheidung, Bußgeldbescheid, Geständnis oder anderes beweiskräftiges Material,
  • Anhörungen des Unternehmens und Einzelfallentscheidungen,
  • Ausschlussentscheidungen,
  • Dauer des Ausschlusses und Wiederzulassung,
  • Melde- und Abfrageverpflichtungen der Vergabestellen.

Das bundesweite Korruptionsregister kann auf die Erfahrungen der entsprechenden Register in den Bundesländern zurückgreifen. Allerdings basieren diese zurzeit auf unterschiedlichen Vorgaben. So werden etwa im Register in Berlin Einträge nach einem Jahr wieder gelöscht, wenn die Geldbußen unter 1.000 EUR lagen. Aus dem Bremer Korruptionsregister erfolgt die Löschung generell erst nach 3 Jahren. Und in Hamburg werden nur solche Straftaten eingetragen, die einen potenziellen Bezug zu Auftragsvergaben haben. 

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Schlagworte zum Thema:  Korruption, Gesundheit, Compliance-Management