9.1 Anforderungen an Personen, die die Beschwerde bearbeiten

Die Personen, die die eingehenden Beschwerden bearbeiten, müssen Gewähr für unparteiisches Handeln bieten[1]. Das LkSG führt dazu näher aus, dass die Mitarbeiter, die die Beschwerden bearbeiten, unabhängig sein müssen und an Weisungen nicht gebunden sein dürfen. Darüber hinaus sind sie zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Eigene Mitarbeiter oder externe Stelle

Grundsätzlich können sowohl eigene Mitarbeiter des Unternehmens die Bearbeitung der Beschwerden übernehmen als auch eine externer Verfahrensdienstleister. Das können neben den bereits erwähnten Brancheninitiativen auch Unternehmen oder Freiberufler sein, die die Bearbeitung von Beschwerden als Dienstleistung übernehmen.

Arbeitsvertragliche Absicherung der Unabhängigkeit und Verschwiegenheit

Wenn eigene Mitarbeiter des Unternehmens die Bearbeitung der Beschwerden übernehmen, muss das Unternehmen sicherstellen, dass die betreffenden Mitarbeiter (bei der Bearbeitung der Beschwerden) weisungsfrei arbeiten und zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Dies müssen Unternehmen durch entsprechende Klauseln in den Arbeitsverträgen der jeweilige Mitarbeiter gewährleisten.[2]

Sollte der Menschenrechtsbeauftragte mit der Bearbeitung der Beschwerden betraut werden?

Dem Gesetz ist keine klare Regelung dazu zu entnehmen, ob der Menschenrechtsbeauftragte zugleich für die Bearbeitung der Beschwerden zuständig sein kann, die über das Beschwerdeverfahren eingehen. Das LkSG nennt den Menschenrechtsbeauftragten nur an einer Stelle: Nach § 4 Abs. 3 LkSG kann ein Unternehmen einen Menschenrechtsbeauftragten als zuständige Person zur Überwachung des Risikomanagements ernennen. Das Gesetz erläutert die Rolle des Menschenrechtsbeauftragten nicht näher. Teilweise aus dem Umstand, dass der Menschenrechtsbeauftragte für die Überwachung zuständig sein soll, gefolgert, dass es sich um eine Kontrollfunktion handele. Andere sehen den Menschenrechtsbeauftragten in einer eher aktiven Rolle bei der Umsetzung des Gesetzes.

 
Praxis-Tipp

Menschenrechtsbeauftragter sollte nicht mit der Bearbeitung von Beschwerden betraut werden

Unabhängig davon, wie die Funktion des Menschenrechtsbeauftragten ausgestaltet wird, ist es meines Erachtens nicht ratsam, den Menschenrechtsbeauftragten zugleich mit der Bearbeitung von Beschwerden zu betrauen. Denn jede Beschwerde betrifft zugleich das Risikomanagement des Unternehmens, bspw. die Risikoanalyse oder die Effektivität von Präventionsmaßnahmen. Der Menschenrechtsbeauftragte ist auf die eine oder andere Art mit dem Risikomanagement befasst. Es besteht die Gefahr eines Interessenkonfliktes, wenn er zugleich Beschwerden bearbeiten soll, die auch Aufschluss über die bisher getroffenen Maßnahmen des Risikomanagements geben.

Schulung der Mitarbeiter, die die Beschwerden bearbeiten, ist ratsam

Das Gesetz stellt außer den genannten Erfordernissen der Unabhängigkeit und Verschwiegenheit keine Anforderungen an die Mitarbeiter, die Beschwerden bearbeiten. Es empfiehlt sich aber, die entsprechenden Mitarbeiter zu schulen.[3]

Das kann etwa die Kommunikation mit Beschwerdeführern, die Ermittlung des Sachverhaltes oder die Wahrung der Verschwiegenheit betreffen.

[2] Lüneborg, in: Gehling/Ott, LkSG, § 8 Rn 59 "vertraglich oder jedenfalls in einer internen Richtlinie"; Rothermel, LkSG Teil C § 8 Rn 29.
[3] Bürger/Müller, in: Depping/Walden, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, 1. Aufl. 2022, § 8 Rn 94.

9.2 Bestätigung des Eingangs einer Beschwerde

Die Person, die die Beschwerde bearbeitet, muss den Eingang der Beschwerde dem Beschwerdeführer bestätigen.[1] Die Bestätigung sollte innerhalb der Frist erfolgen, die in der Verfahrensordnung angegeben ist. Dies erhöht das Vertrauen in das Verfahren.

9.3 Erörterung des Sachverhalts mit dem Beschwerdeführer

Der Sachverhalt muss mit dem Beschwerdeführer erörtert werden.[1] Die Erörterung zielt darauf ab, Fragen zum Sachverhalt zu klären und zusätzliche Informationen zu erhalten.

Das LkSG macht keine Vorgaben dazu, in welcher Form die Erörterung erfolgen soll. In Betracht kommen etwa Telefongespräche, Videokonferenzen, persönliche Treffen oder Korrespondenz per E-Mail oder über Internetplattformen, wie sie viele kommerzielle Anbieter für die Durchführung von Beschwerdeverfahren zur Verfügung stellen.

Auch bei der Erörterung des Sachverhalts sind die Vorgaben hinsichtlich der Barrierefreiheit und Zugänglichkeit zu beachten. Vor allem muss die Erörterung in einer Sprache erfolgen, die der Beschwerdeführer spricht und versteht. Das kann in der Praxis zu Schwierigkeiten führen. Viele internetgestützte Plattformen für Beschwerden nutzen eingebaute automatische Übersetzungsdienste wie Google-Translate oder DeepL (was je nach Ausgestaltung datenschutzrechtlich problematisch sein kann; dies ist im Einzelfall zu prüfen).

9.4 Verfahren zur einvernehmlichen Streitbeilegung

Unternehmen können ein Verfahren zur einvernehmlichen Streitbeilegung anbieten.[1] Es bleibt also den Unternehmen überlassen, ob sie ein solches Verfahren anbieten wollen. Hierunter fallen auf Vermittlung angelegte Verfahren wie Mediation und andere außergerichtl...

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