In der Handlungsanleitung LV 31 für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur "Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention" sind mögliche betriebliche Vorbehalte aufgeführt sowie Argumentationsansätze zum Umgang mit derartigen Vorbehalten (Tab. 2). Diese können hilfreich für die Überzeugungsarbeit sein.

 
Mögliche betriebliche Vorbehalte Ansätze zum Umgang mit derartigen Vorbehalten
"Bei uns gibt es keine Unfälle, wir haben ein gutes Betriebsklima. Wir machen bereits guten Arbeitsschutz."
  • Hinterfragen: Was bedeutet "guter" Arbeitsschutz für den Betrieb? Werden psychische Belastungen als Teilaspekt von Arbeitsschutz verstanden? Wer übernimmt dabei welche Aufgaben und Verantwortung?
  • Situationen erfassen, im begonnenen Handeln bestärken und Ansätze ausbauen.
"Das ist bei uns nicht erforderlich."
  • Hinterfragen: Warum sieht der betriebliche Gesprächspartner keine Notwendigkeit, sich mit dem Thema zu befassen?
  • Ansatzpunkte, Problembereiche im Betrieb herausfinden, bei denen psychische Belastungen eine Rolle spielen können (z. B. viele Reklamationen, hohe Fehlzeiten), und Möglichkeiten für die Problemlösung anzeigen.
"Wir strukturieren gerade um. Da haben wir dafür keine Zeit."
  • Erläutern: Umstrukturierungen sind ein guter Ausgangspunkt, sich von Anfang an (präventiv) auch mit der Frage psychischer Belastungen bei der Arbeit auseinanderzusetzen und Arbeitsabläufe, -tätigkeiten und das Umfeld so optimal wie möglich zu gestalten.
  • Durch Mitarbeiterbeteiligung kann die Akzeptanz für Veränderungen erhöht werden, Ängste und Verunsicherung können abgebaut werden.
"Müssen wir das tun? Wo steht das?"
  • Das Arbeitsschutzgesetz (§§ 2, 3 ArbSchG) verpflichtet die Arbeitgeber, Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Es versteht darunter nicht nur die Verhütung von Unfällen und berufsbedingten Erkrankungen, sondern auch die menschengerechte Gestaltung der Arbeit. Letztere erfordert das Einbeziehen auch psychischer Fehlbelastungen und deren Ursachen in die Gesamtbetrachtung. Welche Maßnahmen konkret erforderlich sind, hat der Arbeitgeber durch die Beurteilung der Arbeitsbedingungen (§ 5 ArbSchG) zu ermitteln und dabei alle Gefährdungen, also auch psychische Fehlbelastungen, zu berücksichtigen.
"Der Zeit- und Kostenaufwand für die erforderlichen Maßnahmen ist sehr hoch."
  • Der betriebliche Prozess der Ermittlungen, Umsetzungen und Wirksamkeitskontrollen unter Beteiligung und Information der Mitarbeiter braucht zwar Zeit – mitunter kann aber auch schon ein 1-tägiger Workshop genügen, um Probleme, deren Ursachen und Abhilfemaßnahmen zu erarbeiten.
  • Außerdem: Psychisch belastete Arbeitsbedingungen kosten den Betrieb auch Zeit und Geld, z. B. wenn Informationen nicht rechtzeitig weitergegeben werden oder intransparente Entscheidungen nicht verstanden, diskutiert oder unterlaufen werden. Fazit: Der Aufwand lohnt sich für den Betrieb!
  • Viele Arbeitsgestaltungsmaßnahmen erfordern nicht zwingend einen hohen finanziellen Einsatz. So können Veränderungen im Arbeitsablauf (z. B. Einrichtung störungsfreier Zeiten für konzentriertes Arbeiten) bereits die Effektivität der Arbeit und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen.
"Damit sind wir überfordert."
  • Mut machen: Mit der Frage beginnen: "Was stört, was könnte besser sein?" Das im Betrieb vorhandene Know-how nutzen, indem v. a. die Beschäftigten als Experten für ihren Arbeitsplatz einbezogen werden.
  • Empfehlen, sich durch die innerbetrieblichen Arbeitsschutzexperten (Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt) und bei Bedarf durch externen Sachverstand unterstützen lassen.
"Für seine Gesundheit ist jeder selbst verantwortlich."
  • Relativieren: Beschäftigte sind zwar im Rahmen ihrer Möglichkeiten verantwortlich für ihre Gesundheit (z. B. durch richtige Ernährung, Bewegung). Wesentlicher Faktor für die Gesundheit des Einzelnen sind jedoch die Arbeitsbedingungen (z. B. Arbeitsumgebung, Arbeitsmenge und Schwierigkeitsgrad). Deren Gestaltung obliegt nicht den Beschäftigten, sondern dem Arbeitgeber. Insofern hat in Bezug auf die Arbeitsbedingungen dieser die Verantwortung für die Gesundheit seiner Beschäftigten.
"Die Mitarbeiter wollen das nicht."
  • Hinterfragen: "Wie haben Sie das herausgefunden?" "Welche Ansätze haben Sie hier verfolgt?" "Welche Erfahrungen haben Sie konkret gemacht?" "Welche Gründe führen Ihre Mitarbeiter ins Feld?"

Tab. 2: Argumentationsansätze für mögliche betriebliche Vorbehalte[1]

[1] LASI-Papier LV 31: Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention (2003); https://lasi-info.com/publikationen/lasi-veroeffentlichungen (Abrufdatum: 18.6.2021).

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