2.1 Angriffe am Arbeitsplatz

Mobbing beginnt schleichend und ist ein langwieriger Prozess. Durchschnittlich 15 Monate sind Mobbing-Opfer dem Psycho-Terror am Arbeitsplatz ausgesetzt. Häufig werden die Attacken hinter "Scherzen" versteckt, anonym durchgeführt oder mit "objektiven Daten" unterfüttert. So ist Böswilligkeit nur schwer zu beweisen.

2021 gaben bei einer telefonischen Umfrage 7 % der Befragten an, dass sie in den letzten 12 Monaten Mobbing, Schikane oder Gewalt aus­gesetzt waren, so das statistische Bundesamt. Besonders häufig kam es zu Beleidigungen und Drohungen. Im gleichen Jahr sagten bei einer Umfrage von YouGov zusammen mit Statista 29 %, dass sie während ihres Arbeitslebens schon einmal am Arbeitsplatz gemobbt worden seien.

Für Mobbing gibt es bisher weder eine einheitliche theoretische Grundlage noch eine zuverlässige Messung. Deshalb greift man auch heute noch auf die Definition des Psychologen Heinz Leymann aus dem Jahr 1995 zurück: "Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet." Leymann klassifizierte zudem 45 verschiedene Mobbinghandlungen in 5 Gruppen:

  1. Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen,
  2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen,
  3. Auswirkungen auf das soziale Ansehen,
  4. Angriffe auf die Berufs- und Lebenssituation,
  5. Angriffe auf die Gesundheit.

Der Psychologe Axel Esser, der Arbeitsrechtler Martin Wolmerath und der Personalentwickler Klaus Niedl unterteilten die Handlungen im Jahr 2000 in nur 2 Kategorien:

  1. Mobbing auf der Arbeitsebene und
  2. Mobbing auf der sozialen Ebene.

Leidensstatistik

Untersuchungen zeigen, worunter Mobbingopfer vor allem leiden:[1]

  • Verbreiten von Gerüchten und Unwahrheiten,
  • bewusstes Vorenthalten von Informationen/Weiterleiten von Fehlinformationen,
  • Schlechtmachen vor anderen Personen,
  • falsche Bewertung der Arbeitsleistung/ungerechte Kritik an der Arbeit,
  • ständige Sticheleien/Hänseleien,
  • Ausgrenzung/Isolierung/Nichtbeachtetwerden,
  • Beleidigungen,
  • Arbeitsbehinderung oder -entzug.
[1] BAuA, Mobbing-Report, 2003 sowie Befragung des Markt- und Sozialforschungsinstituts IFAK, 2008.

2.2 Cyber-Mobbing

Mobbingopfer leiden besonders unter Gerüchten und Unwahrheiten. Eine ideale Plattform dafür ist das Internet bzw. die Sozialen Medien. Findet Mobbing beispielsweise per E-Mail, auf Facebook, Instagram oder auf Videoplattformen wie YouTube statt, spricht man von Cyber-Mobbing. Während Mobbing am Arbeitsplatz meist nur Täter und Opfer sowie das nähere Umfeld betrifft und zeitlich auf den Arbeitsalltag begrenzt ist, sind Beleidigungen, verletzende Fotos oder Filme im Internet einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Sie können von Fremden eingesehen und jederzeit abgerufen werden. Die Opfer wissen oft lange nicht, was im Netz über sie verbreitet wird. Hinzu kommt: Was einmal im Internet steht, lässt sich nur schwer wieder entfernen. Selbst wenn es gelingt, Fotos und Beleidigungen entfernen zu lassen, sind die Opfer nicht davor geschützt, dass andere die Inhalte bereits gespeichert haben und wieder einstellen.

 
Wichtig

Phasenmodell

Mobbing läuft fast immer in Phasen ab. Nicht immer werden alle Phasen durchlaufen. Manchmal gelingt es, den Prozess durch ein klärendes Gespräch zu stoppen.

  • 1. Phase: Ein Konflikt wird nicht geklärt. Erste Schuldzuweisungen oder einzelne persönliche Angriffe finden statt.
  • 2. Phase: Der Psychoterror beginnt: Der eigentliche Konflikt tritt in den Hintergrund. Eine bestimmte Person wird immer häufiger zur Zielscheibe systematischer Schikanen. Sie verliert nach und nach ihr Selbstwertgefühl. Von den Kollegen wird sie mehr und mehr ausgegrenzt.
  • 3. Phase: Arbeitsrechtliche Sanktionen treffen den Falschen. Die Angelegenheit eskaliert. Die gemobbte Person verändert sich, kann sich nicht mehr konzentrieren und macht Fehler. Sie fällt auf und wird deshalb abgemahnt, versetzt oder mit Kündigung bedroht.
  • 4. Phase: Der Gemobbte geht oder ihm wird gekündigt. Das Ziel des Mobbers oder der Mobber ist erreicht.

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