Das Urteil hat eine ganz wesentliche Signalwirkung für die betriebliche Praxis und sollte zum Anlass genommen werden, das Thema "Verantwortung für den Arbeitsschutz" erneut aufzugreifen und in den Vordergrund zu stellen.

Neben den wichtigen Aspekten des Haftungsumfangs externer Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die – was der vorliegende Fall mehr als eindringlich aufzeigt – einer umfassenden Überwachung bedürfen, will man als Arbeitgeber keine "blauen Wunder" erleben, gibt die Entscheidung wichtige Hinweise zur Verteilung des zu erstattenden Schadens. Dabei ist dann plötzlich – trotz seiner Haftungsprivilegierung nach § 104 Abs. 1 SGB VII – der Arbeitgeber wieder "mit im Boot", der in die gesamtschuldnerische Haftung aller an der Schädigung des Arbeitnehmers Beteiligten einbezogen wird, soweit es um die Quotelung des Schadens geht, den alle Schädiger als Gesamtschuldner zu tragen haben.

Zum Thema "Verantwortung" gibt das Gericht allen Beteiligten noch einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg, soweit es um Thema "Mitverschulden des Arbeitnehmers" geht. Obwohl dieser die Maschine nicht ordnungsgemäß bedient hat, traf diesen kein Mitverschulden: Es sei im Betrieb des Arbeitgebers eine gängige Praxis gewesen, gewellte Kartonagen mit der Hand niederzudrücken und in die Stanze einzuführen. Eine ausdrückliche Anweisung, diese Vorgehensweise zu unterlassen, habe nicht existiert. Der generellen Anweisung, nicht in die Maschinen oder drehende Maschinenteile hineinzufassen, konnte angesichts der anders gehandhabten und von den Vorarbeitern des Betriebs offensichtlich tolerierten Praxis im Umgang mit gewellten Kartonagen keine ausreichende Warn- oder Verbotswirkung beigemessen werden. Darüber hinaus fanden auch im Rahmen des § 254 BGB die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung bei gefahrgeneigten Arbeiten Anwendung: Es sei nicht dem Arbeitnehmer anzulasten, wenn ihm sein Arbeitgeber einen Arbeitsplatz an einer verkehrsunsicheren Maschine zuweist und dabei klare Anweisungen unterlässt, wie die Maschine auch bei Verwendung problematischer Werkstoffe zu bedienen ist.

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