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Die Arbeitsmedizinischen Regeln geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed)

ermittelt oder angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

Diese AMR konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen des § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Bei Einhaltung der AMR kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens denselben Sicherheits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. Der Arzt oder die Ärztin im Sinne des § 7 ArbMedVV hat diese AMR als dem Stand der Arbeitsmedizin entsprechende Regel zu berücksichtigen (§ 6 Absatz 1 Satz 1 ArbMedVV).

1. Vorbemerkungen und Zielsetzung

 

(1) Diese AMR konkretisiert den Begriff "extreme Hitzebelastung" und beschreibt beispielhaft Tätigkeiten, die durch diese Belastung zu einer besonderen Gefährdung führen können. Arbeitgeber haben für Beschäftigte, die einer extremen Hitzebelastung ausgesetzt sind, arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge zu veranlassen (§ 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 1 Nummer 1 ArbMedVV).

 

(2) Jahreszeitlich bedingte hohe Außenlufttemperaturen erfordern am Arbeitsplatz Maßnahmen entsprechend der Maßnahmenhierarchie, die nach Arbeitsschutzgesetz getroffen werden. Sie lösen grundsätzlich nicht das Erfordernis einer Pflichtvorsorge aus.

2. Begriffsbestimmungen und Erläuterungen

 

(1) Extreme Hitze im Sinne dieser AMR ist ein Klimazustand, bei dem aufgrund äußerer Wärmebelastung die Abfuhr der vom Körper erzeugten Wärme erschwert ist. Sie wird als klimatischer Einfluss bestehend aus Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und Wärmestrahlung verstanden.

 

(2) Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können, ergeben sich aus der Kombination von klimatischem Einfluss, Arbeitsbekleidung, Arbeitsschwere und Arbeitsdauer.

3. Arbeitsmedizinisch-physiologische Grundlagen

 

(1) Hohe Umgebungstemperaturen und körperliche Arbeit erfordern eine Wärmeabgabe des Körpers, weil eine Temperaturkonstanz im Körper erforderlich ist. Die Wärmeabgabe wird durch Kleidung, insbesondere auch durch Hitzeschutzkleidung, behindert.

 

(2) Wesentlichen Anteil an der Wärmeabgabe hat die durch Schweißabgabe produzierte Verdunstungskälte auf der Haut, deren Bildung durch gesteigerten Luftaustausch auf der Körperoberfläche gefördert wird. Durch eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine geringe Luftbewegung wird die Wärmeabgabe behindert.

 

(3) Allgemeine Folgen der Hitzebelastung sind zunächst eine gesteigerte Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems, ein erheblicher Flüssigkeitsverlust und ein Nachlassen der Aufmerksamkeit. Dies kann zu Fehlhandlungen führen, die in der Folge die Unfallhäufigkeit steigern können. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist unbedingt zu achten. Die Trinkmenge hängt auch von der Temperatur, der Arbeitsschwere und individuellen Faktoren ab. Geeignete Getränke sind Trink- und Mineralwasser (nur wenig Kohlensäure) sowie ungesüßter Tee. Die zusätzliche Gabe von Elektrolyten in fester oder gelöster Form ist in der Regel nicht erforderlich. Übermäßige Wärmebelastung über längere Zeiträume führt schließlich zur Hitzeerschöpfung durch Flüssigkeitsverminderung und Elektrolytverlust, zum Hitzekollaps (generalisierte Gefäßerweiterung mit Schwindel und Schwäche) und zum Hitzschlag (ZNS-Schädigung durch Hirnödem), der sich insbesondere in Verbindung mit schwerer körperlicher Arbeit entwickelt. Der Hitzschlag endet häufig tödlich. Deswegen sollen grundsätzlich Körpertemperaturen von 38 °C nur kurzfristig, von 39 °C nicht überschritten werden [3].

4. Kriterien für die Veranlassung von Pflichtvorsorge

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Mithilfe des in 4.1 beschriebenen Vorgehens sollen die betrieblich Verantwortlichen in die Lage versetzt werden, praxisnah die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, durchzuführen. Wegen der Komplexität der zu berücksichtigenden Einflussfaktoren soll sich der Arbeitgeber hinsichtlich der Veranlassung von Pflichtvorsorge von dem oder der mit den Arbeitsplatzverhältnissen vertrauten Arzt oder Ärztin nach § 7 ArbMedVV (Betriebsarzt oder Betriebsärztin) beraten lassen.

4.1 Vorgehen

 

(1) Der Arbeitgeber hat zunächst zu prüfen, ob der oder die Beschäftigte eine Tätigkeit mit extremer Hitzebelastung nach Abschnitt 4.2 ausübt. In Abschnitt 4.2 werden Beispiele genannt, bei denen von einer extremen Hitzebelastung auszugehen und eine Pflichtvorsorge zu veranlassen ist.

 

(2) Ist nach Absatz 1 keine Pflichtvorsorge zu veranlassen, prüft der Arbeitgeber nach Abschnitt 4.3, ob eine Tätigkeit vorliegt, bei der keine extreme Hitzebelastung vorliegt und somit Wunschvorsorge in Betracht kommt.

 

(3) Ist nach Absatz 1 oder 2 keine Zuordnung der Tätigkeit bezüglich Hitzebelastung möglich, so sind die in Abschnitt 4.4 genannten Kriterien zu prüfen...

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