Klimabildung und nachhaltige Transformation: Von Unternehmen lernen
Klimaschutz am Arbeitsplatz. Bleiben oder gehen?
Eine ausgeprägte Form des Aktivismus ist das sogenannte „Climate Quitting“. Damit verbunden ist die Überzeugung, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel dringlich und notwendig sind. Der Trend, bei dem Arbeitnehmende ihre Jobs aus Gründen des Klimaschutzes freiwillig kündigen, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Besonders betroffen sind Unternehmen, die sich nicht ausreichend für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen. Viele Unternehmen leisten allerdings schon positive Umweltbeiträge. Die Beschäftigten können sich hier aktiv für den Klimaschutz einsetzen. Zu den ausgewählten Maßnahmen gehören:
- Green Advocacy: innerhalb des Unternehmens können sich Mitarbeitende für umweltfreundliche Initiativen einsetzen
- Management-Trainings: Mitarbeitenden werden keine „Rezepte“, sondern Anregungen und Impulse gegeben
- verstärkter Kontakt mit der Natur und Grünflächen in Unternehmen: Nachweislich wird dadurch umweltfreundlicheres Verhalten gefördert
- CSR- und Nachhaltigkeitsprogramme: Beteiligung von Mitarbeitenden an Umweltprojekten.
Für die Festlegung von Schwerpunkten und die Ausrichtung des Nachhaltigkeitsengagements sind in vielen Unternehmen übergeordnete Gremien wie Nachhaltigkeitscouncils zuständig. Sie bestehen in der Regel aus den Bereichsleitern strategisch relevanter Unternehmensabteilungen. Zu ihren Aufgaben gehört es, Nachhaltigkeitsziele zu entwickeln, Umwelt- und Klimaschutzprojekte zu initiieren sowie gesellschaftlich relevante Themen zu identifizieren. Dabei greifen sie auf bestehende Strukturen und Ressourcen zurück, um wirksame Klima- und Umweltschutzmaßnahmen ein- und durchzuführen.
Eine wichtige Rolle spielen dabei auch Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Manager und Klimamanager, die durch ihre Arbeit das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit fördern. Unterstützer und Multiplikatoren sind aber auch „Agenten des Wandels“ und „Mentoren der Nachhaltigkeit“.
Bewegung in die Köpfe der Mitarbeitenden bringen
Trotz vieler guter Beispiele stehen einige Unternehmen noch immer vor der Herausforderung, Bewegung in die Köpfe der Mitarbeitenden zu bringen. Nachhaltigkeitsverantwortliche müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit große Bedeutung für unsere Gesellschaft haben und nicht losgelöst von Unternehmensprozessen betrachtet werden dürfen. Oft fehlt noch das Wissen darüber, wie Mitarbeitende und Führungskräfte die Prinzipien von Nachhaltigkeit in ihrem beruflichen Handeln konkret anwenden können. Ziel ist Orientierungskompetenz sowie die Umsetzung von Wissen in Handeln. Lange Zeit ging man davon aus, dass durch ein Mehr an sachlicher Aufklärung und wissenschaftlicher Information die Bereitschaft von Menschen gefördert wird, das Klimaproblem anzuerkennen und sich dementsprechend zu verhalten. Was fehlte, war die Unmittelbarkeit, die Übersetzung von Absichten in konkrete Handlungen.
Klimabildung in Unternehmen vermitteln
Inzwischen erkennen auch immer mehr Unternehmen, dass Klimawandel und Nachhaltigkeit ihre Abstraktion genommen werden müssen. Konkretes und Handhabbares steigert die Lernlust. Deshalb nehmen Nachhaltigkeitskommunikation und Umweltbildung einen großen Stellenwert bei der Minimierung von Ressourcen- und Energieverschwendung ein.
Schon ein kleiner „Stups“ reicht manchmal aus, um eine Entscheidung auf den richtigen Pfad zu führen. Im Englischen heißt diese Strategie „nudging“ (sanftes, aber beständiges „Anstupsen“). Sie soll ohne Druck zu Verhaltensänderungen führen. Um Mitarbeitende und Führungskräfte zu erreichen, braucht es allerdings nicht nur Anstöße, sondern auch überzeugende Argumente, warum ein bestimmtes Verhalten richtig und erstrebenswert ist.
Beispiele für Klimabildung in und durch Unternehmen
Im Praxisleitfaden der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE) zur Mitarbeitermotivation wird auf „Energiespar-Detektive“ verwiesen: Auszubildende decken Energieschwachstellen in Unternehmen auf und motivierten die Belegschaft zum Energiesparen. Auch durch die Sammlung von ausrangierten Handys und deren Zuführung in ein geordnetes Recycling kann auf die Klima- und Nachhaltigkeitsthematik in Unternehmen aufmerksam gemacht werden.
Eine weitere Möglichkeit sind Kooperationen mit Umwelt- und Naturschutzverbänden, wie etwa dem Landesbund für Vogelschutz (LBV). Dieser betreibt seit über 30 Jahren Umweltbildung bzw. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Von Umweltstationen und weiteren Umweltbildungseinrichtungen aus bietet er Programme zu Klima, Biodiversität, Erforschung von Lebensräumen wie Wald, Wasser oder Wiese sowie Aktionen zu den Themen Konsum und Lebensstil an.
Messen oder Inhouse-Veranstaltungen können von Unternehmen genutzt werden, um „Nachhaltigkeitsräume“ vorzustellen, die von Mitarbeitenden erdacht und umgesetzt wurden: So konnten etwa beim Küchenhersteller Häcker vor einigen Jahren Besucher der Hausmesse durch eine überdimensionale Bienenwabe gehen und erlebten das soziale und ökologische Engagement des Unternehmens in einer neuen Dimension. Vom heimischen Bienenprojekt bis zu einem internationalen Bildungsprojekt fanden Mitarbeitende und Besucher viele Maßnahmen, die das Unternehmen zum Umwelt- und Naturschutz sowie im Rahmen der Sozialverantwortung durchführt.
Das Versicherungsunternehmen AXA gründete die unabhängige Einheit AXA Climate aus dem Bewusstsein, dass eine drei Grad wärmere Welt nicht mehr versicherbar wäre. Die dort aufgebaute Expertise wird auch zur Aufklärung und Befähigung durch die AXA Climate School genutzt. „In der EU nutzen wir die Chancen der nachhaltigen Transformation noch lange nicht, wie wir es sollten. Während die EU und Deutschland weiterhin alten Technologien hinterherlaufen, verlieren wir den Anschluss an wichtige zukunftsfähige Industrien wie Clean-Tech und andere Schlüsselindustrien des 21. Jahrhunderts“, sagt Valerie Hutterer, Head of DACH & Benelux Markets der AXA Climate School. Der „Green Skill Gap“ sei enorm, und Unternehmen „müssen alles daran setzen, diese Lücke zu schließen“, so Hutterer.
Mit Klimabildung zum Handeln anstoßen
Alle Maßnahmen sollten auch zum Handeln anstoßen. Durch solche Ansätze wird Partizipation und Mitgestaltung erst ermöglicht. Dazu gehören:
- Informieren: Informationen über den Klimawandel, Sammlungen zur aktuellen Sachlage und mögliche Tools
- Vernetzen: Mitstreiter:innen im Unternehmen und außerhalb suchen
- Koordinieren: Sicherstellung des regelmäßigen Austauschs aller Beteiligten
- Beschlüsse fassen und umsetzen: nachhaltige Verankerung der Ergebnisse
- Wissen teilen: Kollegen auf die Bedeutung des Umweltschutzes aufmerksam machen, Kontakte, Konzepte und Tipps sollten transparent sein und Erfahrungen weitergegeben werden.
Es bedarf aller Akteure, um die nachhaltige Transformation weiter voranzutreiben. Um die Geschwindigkeit und den Verlauf strategisch zu steuern und zu beeinflussen, müssen Unternehmen ihre Kapazitäten auf- und ausbauen. Dazu gehören auch Aus- und Weiterbildungsprogramme und eine ressortübergreifende Wissensoffensive.
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