Klimastrategien deutscher Unternehmen laut Bericht wenig integer
In seiner dritten Ausgabe bewertet der Corporate Climate Responsibility Monitor 2024 (CCRM) die Transparenz und Integrität der Klimaverpflichtungen von 51 Großunternehmen aus verschiedenen Branchen und Regionen. Neunzehn von ihnen haben ihre Klimaziele in den letzten zwei Jahren verbessert. Unternehmen wie Iberdrola, Enel, Danone, Mars und die Volvo Group haben ihre Pläne aktualisiert und sich ehrgeizigere Klimaziele gesetzt. Der Bericht hebt jedoch hervor, dass die meisten Unternehmen immer noch 2030-Ziele und Netto-Null-Ziele vorlegen, die entweder unklar sind oder sie nur zu begrenzten Emissionsreduktionen verpflichten.
Die leichte Erhöhung der Klimaschutzziele der Unternehmen sei ein positiver Schritt. Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass viele Unternehmen nach wie vor auf Schlupflöcher und Scheinlösungen zurückgreifen. Insbesondere die vorgeschlagenen Regeln zur Verwendung von Emissionsgutschriften drohten die Verpflichtungen auszuhebeln, heißt es in der Analyse.
Ähnliche Ziele –sehr unterschiedliche Integrität
Auf den ersten Blick scheinen sich die Klimaziele der untersuchten Unternehmen zu ähneln. Die Integrität der Selbstverpflichtungen hänge jedoch von Details ab, so die Autorinnen und Autoren der Studie, etwa ob die Unternehmen wesentliche Teile ihrer Emissionen bei der Berechnung auslassen oder ob sie planen, diese durch Emissionsgutschriften auszugleichen.
Unter Berücksichtigung solcher Details zeigt die Analyse: Einige Unternehmen wie Walmart, Duke Energy, KEPCO und Fast Retailing verpflichten sich, bis 2030 nur 5 bis 20 Prozent ihrer gesamten Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Andere Unternehmen aus den gleichen Sektoren wie Mars, H&M Group, Enel und Iberdrola verpflichten sich hingegen, 50-64 Prozent ihrer Emissionen zu reduzieren.
Frederic Hans vom NewClimate Institute kommentiert die Analyse: „Einige Unternehmen haben verstanden, dass sie sich Ziele für 2030 setzen müssen, die den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen und durch glaubwürdige Maßnahmen untermauert sind. Aber zu vielen Unternehmen fehlt es noch an Engagement und Dringlichkeit, glaubwürdige Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen.“
Bericht warnt vor Schlupflöchern bei der Kompensation von Treibhausgasemissionen
Der Bericht erscheint inmitten einer laufenden Debatte über einen Vorschlag, der die Nutzung von Emissionsgutschriften zur Erreichung von Emissionsreduktionszielen erlauben würde. Der sogenannte „Beta Scope 3 Flexibility Claim“ der Voluntary Carbon Markets Integrity Initiative (VCMI) könnte dazu führen, dass Unternehmen weniger ambitionierte Klimaziele verfolgen. Das NewClimate Institute bezeichnet den Vorschlag als „Freifahrtschein“, der in vielen Fällen ohnehin unzureichende Ziele komplett zunichtemachen würde.
Wie bereits im Vorjahr weisen die Studienautoren auf die Grenzen freiwilliger Initiativen bei der Validierung von Klimazusagen hin Sie fordern insbesondere eine Verbesserung der Validierungsverfahren der Science Based Targets Initiative (SBTi). Selbst Unternehmen, deren Klimaambitionen vom CCRM als unzureichend eingestuft wurden, würden von der SBTi als Unternehmen mit 1,5-Grad-Zielen für 2030 validiert.
Thomas Day vom NewClimate Institute sagt: „Anstatt weitere Flexibilität zuzulassen, die die bereits unzureichenden Ziele abschwächen würde, könnte eine Verfeinerung der Standards, die sich spezifischer auf die kritischsten Emissionsquellen für jeden Sektor konzentriert, den Unternehmen helfen, die Herausforderungen des Übergangs besser zu bewältigen.“
Klimastrategien deutscher Unternehmen wenig integer
Insgesamt wurde keinem der in dem Bericht untersuchten Unternehmen eine „hohe“ Integrität der Klimastrategie bescheinigt. Enel und Iberdrola wurde eine „angemessene“ Integrität bescheinigt, da sie sich zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichtet haben, um ihre ehrgeizigen Ziele zu untermauern. KEPCO und Toyota wurde eine „sehr geringe“ Integrität bescheinigt, da ihre Ziele und Maßnahmen unzureichend sind und sie ihre Treibhausgasemissionen nicht transparent genug offenlegen. Die untersuchten deutschen Unternehmen Adidas, Daimler Truck und Volkswagen liegen alle in der vorletzten Kategorie „geringe“ Integrität.
Benja Faecks von Carbon Market Watch sagt angesichts dieser Ergebnisse: „Wirksame Klimaregulierung ist unerlässlich, um Unternehmen formell zur Einhaltung durchsetzbarer Standards für Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten. Zivilgesellschaft, Investoren und Regierungen sind auf transparente und glaubwürdige Regeln angewiesen, um gut begründete Übergangspläne von unzureichenden und für Greenwashing anfälligen zu unterscheiden“.
Sie finden die Studie hier zum Download.
-
Wirrwarr um die EU-Entwaldungsverordnung – und was Unternehmen jetzt tun sollten
72
-
Marginal Abatement Cost Curve (MACC): Vorteile und Anwendung
18
-
In vier Schritten zur Klimarisikoanalyse
15
-
Kreislaufwirtschaft - die "7 R"
10
-
Nachhaltige Batterien: Wie Graphit die Mobilitätswende prägt
9
-
Auswirkungen der PPWR auf die Industrie
7
-
PPWR in der Praxis – Handlungsempfehlungen für Verpackungshersteller und Produktverkäufer
7
-
Scope 3: 90 Prozent der Unternehmen kennen 75 Prozent ihrer CO2-Emissionen nicht
6
-
Der Transitionsplan – die Routenführung der CO2-Reduktion
6
-
Definition: Design Circular
6
-
Product Carbon Footprint: Schlüssel zur Klimaneutralität von Produkten
22.12.2025
-
Grüner Handyvertrag: Nachhaltigkeit in der Hosentasche
22.12.2025
-
Zehn Jahre Pariser Klima-Abkommen - „Die Welt in Gefahr“
12.12.2025
-
Veganuary - Handlungsfeld für Nachhaltigkeitsbeauftragte?
09.12.2025
-
Energiewende? Läuft! Sogar von unten
20.11.2025
-
Bundestag novelliert Energiewirtschaftsgesetz: Großbatteriespeicher werden privilegiert
14.11.2025
-
Umweltzertifizierung im Unternehmen: Standards, Vorteile und Umsetzung
06.11.2025
-
EU-Umweltminister einigen sich auf Klimaziel bis 2040
05.11.2025
-
Wirrwarr um die EU-Entwaldungsverordnung – und was Unternehmen jetzt tun sollten
31.10.2025
-
Insetting – Klimaschutz in der eigenen Lieferkette effektiv umsetzen
29.10.2025