Nachholung von nicht geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben

Eine Bilanzberichtigung wird nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderlich, wenn ein Ansatz in der Steuerbilanz unrichtig bzw. unzulässig ist. Fraglich ist, ob Sonderbetriebsausgaben, die im bestandskräftig veranlagten Abflussjahr nicht als solche geltend gemacht wurden, im Rahmen einer Bilanzberichtigung im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum nachgeholt werden dürfen.

Beispiel: Privat bezahlte Rechtsberatungskosten

Frau A ist die einzige Kommanditistin der X-GmbH & Co. KG. Die Komplementär-GmbH ist vermögenslos beteiligt. A hat im Jahr 2014 als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähige Rechtsberatungskosten von 5.000 EUR von ihrem Privatkonto bezahlt und versehentlich nicht als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Die Gewinnfeststellung 2014 ist bestandskräftig und nach den Vorschriften der AO nicht mehr änderbar.

A beantragt, die 2014 verausgabten Sonderbetriebsausgaben im Rahmen einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs im Jahr 2015 zu berücksichtigen. Es läge ein Bilanzierungsfehler in der Sonderbilanz zum 31.12.2014 vor, da zu diesem Bilanzstichtag der Bilanzposten "Eigenkapital" sich aus fehlerhaften Teilbeträgen ermittelte und damit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprach. Die Privateinlagen hätten um 5.000 EUR höher angesetzt und der korrespondierende Gewinn um 6.000 EUR niedriger berechnet werden müssen.

Grundsätze der Bilanzberichtigung gelten auch für Sonderbilanzen

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf ein Steuerpflichtiger die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Bilanz einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann. Bei Personengesellschaften gelten die Grundsätze über die Bilanzberichtigung auch für Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens der Gesellschafter.

Oft liegt für das Jahr, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist, bereits ein Steuerbescheid vor, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann. Dann ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs der unrichtige Bilanzansatz in der ersten Schlussbilanz richtig zu stellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist. Ist also eine Berichtigung im Fehlerjahr nicht möglich, weil die Feststellungs- bzw. Veranlagungsbescheide bestandskräftig sind und eine Änderungsvorschrift nicht eingreift oder Steuerfestsetzungen infolge Verjährung nicht mehr nachgeholt werden können, ist die Korrektur prinzipiell in der Schlussbilanz des ersten Folgejahrs nachzuholen, in dem dies noch mit steuerlicher Wirkung möglich ist. Das gilt auch bei unzutreffender Bilanzierung in einer Sonderbilanz (BFH, Urteil v. 30.3.2006, IV R 25/04).

Revision anhängig

Voraussetzung für eine derartige Bilanzberichtigung in der ersten offenen Bilanz ist aber nach einer neuen Entscheidung des FG Köln, dass der Bilanzierungsfehler an dem maßgeblichen Stichtag (hier: 31.12.2015) weiterhin vorliegt (FG Köln, Urteil v. 1.3.2016, 15 K 317/12). Der Bilanzposten darf nicht (in nicht mehr änderbaren Jahren) weggefallen sein. Folgt man der Auffassung des FG Köln, kann der Sonderbetriebsausgabenabzug der Rechtsberatungskosten nicht im Jahr 2015 im Wege der Bilanzberichtigung nachgeholt werden. Das FG Köln hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die vom Steuerpflichtigen auch eingelegt worden ist (Az. des BFH: IV R 19/16). Nun muss der BFH die praxisrelevante Streitfrage entscheiden. Einschlägige Fälle sollten durch Einspruch offengehalten werden. Einsprüche ruhen bis zur Entscheidung des BFH kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).

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Schlagworte zum Thema:  Bilanz, Betriebsausgaben