Anwaltskosten wegen strafbarem Facebook-Kommentar
Strafbarer Facebook-Kommentar: Aktueller Fall des FG Köln
Das FG Köln hatte in einen Fall mit Rechtsanwaltskosten aufgrund eines Disziplinarverfahrens bei einem Berufssoldaten zu entscheiden. Der Kläger wurde aufgrund eines bei Facebook veröffentlichten privaten Kommentars wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten rechtskräftig verurteilt. Daneben wurde gegen ihn als Soldat ein gerichtliches Wehrdisziplinarverfahren durchgeführt, in dem es auch um den Fortbestand des Dienstverhältnisses ging. Hierfür entstanden Rechtsanwaltskosten i. H. von 1.785 EUR.
Finanzamt lehnt Werbungskostenabzug ab
Das Finanzamt lehnte einen Werbungskostenabzug mit der Begründung ab, dass es an dem notwendigen Veranlassungszusammenhang mit der Tätigkeit als Berufssoldat fehle, da die dem Kläger vorgeworfene Tat nicht ausschließlich und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar und damit nicht beruflich veranlasst sei. Der Erwerbsbezug der Aufwendungen wegen der Streitigkeiten um den Fortbestand des Dienstverhältnisses werde überlagert durch das außerhalb der beruflichen Tätigkeit liegende, vorsätzliche strafbare Verhalten.
Zwar werde nicht in Abrede gestellt, dass Aufwendungen für ein Disziplinarverfahren grundsätzlich Werbungskosten sein könnten, jedoch seien die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, weil die erwerbsbezogene Veranlassung fehle. Die vorgeworfene Tat müsse ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein und die schuldhafte Handlung in der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen. In diesem Fall seien beispielsweise auch Strafverteidigungskosten nicht vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
Die vom BFH aufgestellten Grundsätze würden ebenso für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten sowie Disziplinarverfahren gelten. Das Finanzamt beruft sich dabei auf das Urteil des BFH vom 9.2.2012 (VI R 23/10).
FG Köln: Gehaltserhaltung entscheidend
Dies sieht das FG Köln aber anders ( Urteil v. 17.6.2021, 14 K 997/20). Rechtsverfolgungskosten aus bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis und die Ansprüche daraus betreffen, stehen im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Zwar sind nach der Rechtsprechung Strafverteidigungskosten nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, eindeutig durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist.
Das FG ist aber der Auffassung, dass diese Voraussetzung für ein arbeitsrechtliches oder dienstrechtliches Verfahren nicht erforderlich ist, weil die Aufwendungen bereits durch ihren Zweck – die Abwendung drohenden Schadens und künftige unveränderte Erhaltung der Alimentation – untrennbar dem Dienstverhältnis zugewiesen sind. Die Aufwendungen sind unmittelbare Folge eines dienstlichen Anlasses und haben als solchen naturgemäß dienstlichen Bezug, ohne dass sich die Frage nach einer Überlagerung durch fernere, private Motive stellen müsste.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Im Hinblick auf das Urteil des FG Münster vom 5.12.2012 (11 K 4517/10 E), das in einem vergleichbaren Fall anders entschieden hat, hat das FG die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde (Az beim BFH VI R 16/21).
Außergewöhnliche Belastung?
Sollte der BFH zu dem Ergebnis kommen, dass kein Werbungskostenabzug möglich ist, stellt sich aber die Frage ob die Kosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können (unter Abzug der zumutbaren Belastung). Zwar sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) grds. vom Abzug ausgeschlossen.
Handelt es sich aber um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ist ein Abzug möglich (§ 33 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Dies ist m. E. hier eindeutig gegeben, weil es um die materielle Existenzgrundlage geht, auf die es nach Ansicht des BFH (Urteil v. 18.5.2017, VI R 9/16) bei dieser Vorschrift alleine ankommt.
Bei den hier dargestellten Aufwendungen würde sich dann aber wieder die Frage der Aufteilung (Aufwendungen ab 2019) stellen, weil auch vom Gesamtbetrag der Einkünfte keine Aufwendungen abgezogen werden dürfen, die z. B. im Zusammenhang mit in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen stehen (§ 12 Nr. 4 EStG). Es geht aber auch um die Erhaltung der Existenzgrundlage! Die Entscheidung des BFH und deren Umsetzung auf Sachverhalte ab 2019 bleibt daher abzuwarten.
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