Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen zeigen sich die Kommunen mitunter sehr erfinderisch. Um was es bei diesen "örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern" geht, wird im Folgenden beschrieben.

Kommunale Steuern

In Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG ist eine alleinige Ertragskompetenz der Gemeinden für die "örtlichen Verbrauchsteuern und Aufwandsteuern" vorgesehen. Hierfür haben die Länder nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz, solange und soweit diese Steuern nicht gleichartig zu bundesgesetzlich geregelten Steuern sind. Die Länder übertragen ihre Gesetzgebungskompetenz jedoch regelmäßig an die Gemeinden, in Nordrhein-Westfalen z.B. durch § 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG). Die Gemeinden können dann auf dieser Grundlage eine Satzung erlassen und dadurch eigene örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben.

Verbrauchsteuern

Was unter "Verbrauchsteuern" zu verstehen ist, wird nicht durch das Grundgesetz oder andere (Steuer-)Gesetze definiert (unbestimmter Rechtsbegriff), sondern wurde durch die Rechtsprechung des BVerfG konkretisiert. Danach liegt eine Verbrauchsteuer vor, wenn sie

  • den Verbrauch (im Unterschied zum Halten von Gütern, wie bei Aufwandsteuern)
  • von vertretbaren Gütern (vertretbare Sachen werden nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt, wie z.B. eine Verpackung oder 1 kg Kaffee)
  • des ständigen (privaten) Bedarfs belasten (das Gut muss für den Konsumenten einen alltäglichen Charakter aufweisen und (un-)mittelbar auch zugänglich bzw. konsumierbar sein, was z.B. bei Kernbrennstoff nicht der Fall ist – eine Belastung innerhalb eines Produktionsprozesses ist dadurch aber nicht ausgeschlossen)
  • und die Güter regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmt sind (das können z.B. Getränke oder Fast-Food-Verpackungen im Unterschied zu Lagerprodukten sein).
  • Zudem muss die Steuer typischerweise zur Überwälzung auf den Verbraucher bestimmt sein, da sie regelmäßig beim Unternehmer (als "Steuerentrichtungspflichtiger") erhoben wird (jede unternehmerische Steuer wird jedoch letztlich an den Verbraucher weiterbelastet).

In der Verwendung des Einkommens für solche Güter wird eine Leistungsfähigkeit gesehen, die den Steuerzugriff rechtfertigt. Zu beachten ist, dass es sich beim Verbrauchsteuerbegriff um einen Typusbegriff handelt. Daraus folgt, dass eine Verbrauchsteuer auch dann bejaht werden kann, wenn nicht alle Merkmale vorliegen. Zudem kann ein weniger ausgeprägtes Merkmal durch ein stärker ausgeprägtes Merkmal "kompensiert" werden. Allerdings müssen die charakteristisch prägenden Merkmale vorhanden sein, was bei Verbrauchsteuern vor allem der Verbrauch von Gütern des privaten Bedarfs sein wird.

Beispiele für örtliche Verbrauchsteuern:

  • Getränkesteuer: Sie wurde auf alkoholische und nichtalkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle erhoben. Aufgrund der Kritik von Gaststätten wurden diese Steuern nach und nach abgeschafft (zuletzt in Offenbach am Main zum Ende des Jahres 2009).
  • Verpackungsteuer: Sie wurde zur Müllvermeidung als Lenkungszweck insb. auf Einwegverpackungen und -geschirr erhoben. Das BVerfG hatte die Verpackungsteuer der Stadt Kassel im Jahr 1998 jedoch für formell verfassungswidrig erklärt (sie ließ sich zwar als Verbrauchsteuer einordnen, war aber aus anderen Gründen verfassungswidrig). Die Stadt Tübingen hatte zum 1.1.2022 – als erste deutsche Gemeinde – eine neue Verpackungsteuer eingeführt. Die zugrundeliegende Satzung wurde jedoch durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg für unwirksam erklärt.

Beispiele für vom Bund geregelte Verbrauchsteuern:

  • Alkoholsteuer: Sie wird seit 2018 auf alkoholische Getränke mit einem bestimmten Alkoholgehalt erhoben.
  • Alkopopsteuer: Sie wird auf Süßgetränke mit einem bestimmten Alkoholgehalt erhoben.
  • Biersteuer: Sie wird auf Bier erhoben.
  • Branntweinsteuer: Sie wurde bis 2017 auf alkoholische Getränke mit einem bestimmten Alkoholgehalt (z.B. Brandy, Cognac, Korn, Rum, Whisky) erhoben.
  • Energiesteuer: Sie wird auf Energieerzeugnisse (z.B. Mineralöl, Erd- und Flüssiggas, Kohle, Biodiesel, Bioethanol) erhoben.
  • Kaffeesteuer: Sie wird auf Kaffee erhoben.
  • Schaumweinsteuer (auch Sektsteuer genannt). Sie wird auf Schaumwein, aber auch auf andere Spirituosen mit einem bestimmten Alkoholgehalt erhoben.
  • Stromsteuer: Sie wird auf den Verbrauch von Strom erhoben.
  • Tabaksteuer: Sie wird auf Tabakwaren aller Art erhoben.
  • Zwischenerzeugnissteuer: Sie wird auf alkoholische Getränke mit einem bestimmten Alkoholgehalt (zwischen Wein und Spirituosen) erhoben.

Aufwandsteuern

Was unter Aufwandsteuern zu verstehen ist, wird ebenfalls nicht durch das Grundgesetz oder andere (Steuer-)Gesetze definiert. Es handelt sich somit ebenfalls um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durch die Rechtsprechung des BVerfG konkretisiert worden ist. Danach liegt eine Aufwandsteuer vor, wenn sie

  • an das Halten bzw. den Gebrauch (im Unterschied zum Verbrauch, wie bei Verbrauchsteuern)
  • von Gütern oder Dienstleistungen und an einen
  • über die allgemeine Lebensführung hinausgehenden Konsumaufwand anknüpft.

In der Verwendung des Einkommens bzw. dem besonderen Konsumaufwand für solche Güter oder Dienstleistungen wird eine Leistungsfähigkeit gesehen, die den Steuerzugriff rechtfertigt. Wichtig für das Verständnis ist, dass in der steuertheoretischen Begründung nicht der Erwerb der Güter bzw. Dienstleistungen als solcher besteuert wird, sondern angeknüpft wird an den laufenden Konsumaufwand, der mit dem Erwerb einhergeht (Vorhalts- bzw. Unterhaltskosten). Zudem sind Aufwandsteuern im Unterschied zu Verbrauchsteuern oftmals durch eine direkte Erhebung beim Konsumenten gekennzeichnet (z. B. Hunde-, Kraftfahrzeug oder Zweitwohnungsteuer).

Beispiele für Aufwandsteuern:

Vor allem im Bereich der örtlichen Aufwandsteuern ist der Kreativität der Gemeinden scheinbar keine Grenze gesetzt, wie die nachfolgenden Beispiele für örtliche Aufwandsteuern zeigen:

  • Campingwagensteuer: Hier wird die Zweitwohnungsteuer nicht nur auf Zweitwohnungen erhoben, sondern auch auf Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen, die zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs auf einem eigenen oder fremden Grundstück für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum abgestellt werden.
  • Fischereisteuer: Sie wird auf die Anzahl der Fischereibezirke erhoben. Der Steuerpflichtige wäre wohl der Gewässereigentümer oder -verwalter und nicht der einzelne Angler. Genauer lässt sich das nicht beurteilen, da – soweit ersichtlich – keine einzige Gemeinde in Deutschland mehr eine Fischereisteuer erhebt.
  • Hundesteuer: Sie wird auf das Halten von Hunden erhoben.
  • Jagdsteuer: Sie wird auf den Jahresjagdwert oder bei einer Verpachtung auf den Pachtpreis erhoben.
  • Kartensteuer: Sie zählt zu den Vergnügungsteuern und wird auf bestimmte entgeltliche Veranstaltungen (vor allem Tanz-, Karnevals-, Film- oder Boxkampfveranstaltungen) erhoben.
  • Kulturförderabgabe (auch Betten- oder Tourismussteuer, City-Tax, Beherbergungsabgabe bzw. -steuer oder Übernachtungsabgabe genannt): Sie wird auf privatentgeltliche Übernachtungen vor allem in Hotels und Pensionen erhoben. Sie wurde im Jahr 2009 vom damaligen Kölner Stadtkämmerer und ehemaligen Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen Norbert Walter-Borjans "erfunden" und mittlerweile von vielen Städten kopiert.
  • Mobilfunkmastensteuer: Sie sollte auf Mobilfunkmasten erhoben werden, was aber nie umgesetzt wurde, denn die dahingehenden Pläne der Stadt Remscheid wurden von der Landesregierung abgelehnt.
  • Pferdesteuer: Sie wird auf das Halten von Pferden erhoben. Sie wurde bisher nur in Hessen von vier Gemeinden erhoben. Zwei davon haben sie aufgrund der Kritik von Bauern- oder Sportverbänden wieder abgeschafft.
  • Prostitutionssteuer (auch Sexsteuer genannt): Sie wird auf "sexuelle Vergnügungen" z.B. in "Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt, z.B. in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen mit Ausnahme von Straßenprostitution in Verrichtungsboxen" erhoben. Auch sie wurde im Jahr 2003 erstmals von der Stadt Köln eingeführt. Es verwundert daher nicht, dass die Stadt Köln als besonders kreativ in der Erfindung neuer kommunaler Steuern gilt.
  • Spielautomatensteuer (auch Spielbankabgabe oder Pauschsteuer genannt): Sie zählt zu den Vergnügungsteuern und wird auf das Innehaben von Spiel-, Geschicklichkeits- oder Unterhaltungsgeräten erhoben.
  • Vergnügungsteuer: Sie ist ein Oberbegriff für verschiedene Aufwandsteuern (vor allem Karten-, Spielautomaten- und Prostitutionssteuern). Diese Steuern werden durch die Gemeinden oftmals einheitlich in einer "Vergnügungsteuersatzung" geregelt.
  • Zweitwohnungsteuer: Sie wird auf das Innehaben einer Zweitwohnung erhoben.

Ein Beispiel für eine vom Bund geregelte Aufwandsteuer ist die Kraftfahrzeugsteuer, die auf das Innehaben eines Kraftfahrzeugs erhoben wird.

Örtlichkeit

Eine Verbrauch- oder Aufwandsteuer ist örtlich, wenn sie mit ihrem Tatbestand an örtliche Gegebenheiten anknüpft ("örtlich bedingter Wirkungskreis"). Dabei kann es um die Belegenheit einer Sache (z.B. bei der Zweitwohnungsteuer) oder einen örtlichen Vorgang (z. B. eine Getränkesteuer) gehen. Die Steuerwirkung muss sich zudem typischerweise auf das Gemeindegebiet beschränken. Das ist vor allem bei Verbrauchsteuern relevant, weil der eigentliche Verbrauch im Regelfall vor Ort stattfinden muss. Eine örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer ist deshalb zu verneinen, wenn sie im gesamten Bundesland erhoben wird, weil dann der spezielle kommunale Bezug fehlt. Unschädlich ist, wenn die Steuer von mehreren Gemeinden erhoben wird.

(Keine) Gleichartigkeit

Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern dürfen zu bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sein. Dadurch sollen Mehrfachbelastungen des Steuerpflichtigen verhindert werden. Das darf jedoch nicht zu weit verstanden werden, vor allem deshalb nicht, weil die bundesgesetzlich geregelte und auf Lieferung und sonstige Leistungen erhobene Umsatzsteuer ansonsten regelmäßig die Erhebung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern verhindern würde. So wird z .B. in bestimmten Gemeinden auf entgeltliche Privatübernachtungen eine Kulturförderabgabe oder auf das Halten von Hunden eine Hundesteuer erhoben.

Die Übernachtungsleistung stellt aber grundsätzlich auch eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG und der Erwerb des Hundes eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG dar. Eine Gleichartigkeit wird deshalb erst dann bejaht, wenn die örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer und die bundesgesetzlich geregelte Steuer die gleiche Quelle steuerlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen und sie die gleiche wirtschaftliche Wirkung haben. Ob verschiedene Steuern in diesem Sinne gleichartig sind, wird anhand folgender Merkmale geprüft:

  • Steuergegenstand (Ist der sachliche Anwendungsbereich gleich?)
  • Bemessungsgrundlage (Wird die Bemessungsgrundlage gleich ermittelt?)
  • Art der Erhebungstechnik (Handelt es sich um direkte oder indirekte Steuern?)
  • Wirtschaftliche Auswirkung (damit ist kein kommunaler Bezug gemeint, sondern ob die Steuern z.B. überwälzt werden)
  • Die Gleichartigkeitsprüfung war bis zum Jahr 1969 anders, weil der Bund nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F. die konkurrierende Gesetzgebung über die "Verbrauchs- und Verkehrssteuern mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" hatte. Das Merkmal des örtlich bedingten Wirkungskreises wurde im Jahr 1969 durch die heutige Fassung ersetzt. Weil diese Änderung nur für die Zukunft gelten sollte, werden die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die zu diesem Zeitpunkt bereits existierten, als nicht gleichartig angesehen (z.B. die Vergnügung-, Spielgeräte-, Getränke-, Hunde-, Jagd- und Fischereisteuer).

Autoren:

Dr. Matthias Modrzejewski ist Richter an einem Verwaltungsgericht. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Heidelberg war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerrecht der Universität zu Köln, am Bundesverfassungsgericht und Rechtsanwalt bei einer internationalen Großkanzlei.

Prof. Dr. Gary Rüsch ist Inhaber einer Professur für Allgemeines und Besonderes Steuerrecht an der Hochschule für Finanzen Nordrhein-Westfalen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Köln und Düsseldorf war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerrecht der Universität zu Köln und Steuerberater bei einer auf steuerzentrierte Rechtsberatung spezialisierten Kanzlei.

Abstrakte grundgesetzliche Vorgaben für steuerliche Sachverhalte werden anhand von Beispielen und Fällen transparent und anschaulich in ihrem Buch "Verfassungsrechtliche Grundlagen des Steuerrechts" erklärt.

Schlagworte zum Thema:  Kommunale Steuern, Steuerfortbildung