Nach dem 31.12.2004 abgeschlossene Lebensversicherungen

Bei Verträgen, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden, sind Erträge aus Kapital- und Lebensversicherungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig. Die Hälfte des Kapitalertrags bleibt aber steuerfrei, wenn der Vertrag u. a. mindestens 12 Jahre läuft. Diese Bedingung wird in 2017 erstmals erfüllt.  Im Folgenden wird erläutert, was bei der Einkommensteuererklärung zu beachten ist. 

Beispiel: A ist ledig, 64 Jahr alt und erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ihm wurde in 2017 eine Kapitallebensversicherung ausgezahlt, welche er in 2005 abgeschlossen hatte. Die Versicherung bescheinigte A einen Kapitalertrag i. H. v. 2.000 EUR. Hiervon wurde Kapitalertragsteuer i. H. v. 500 EUR (25 %) zuzüglich Soli i. H. v. 27,50 EUR einbehalten. Weitere Zinseinnahmen i. H. v. 800 EUR wurden aufgrund eines Freistellungsauftrags nicht mit Abgeltungsteuer belastet. Sein zu versteuerndes Einkommen 2017 beträgt ohne Berücksichtigung der Kapitalerträge 100.000 EUR. 

Hälftige Steuerbefreiung

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit nicht die lebenslange Rentenzahlung gewählt und erbracht wird, und bei Kapitalversicherungen mit Sparanteil, wenn der Vertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen worden ist. Wird die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres (bei einem Vertragsabschluss ab 2012 das 62. Lebensjahr) des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt, ist die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG). Diese Voraussetzung ist im Beispiel erfüllt, sodass lediglich 1.000 EUR des Kapitalertrags zu versteuern ist.

Kompletter Kapitalertrag ist in Zeile 23 der Anlage Kap einzutragen

Da die Bedingung der 12 jährigen Vertragslaufzeit erstmals in 2017 erfüllt wird, wurde in die Anlage Kap die Zeile 23 (Kapitalerträge aus Lebensversicherungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG) eingefügt. Einzutragen sind die gesamten Kapitalerträge; die Berücksichtigung des steuerfreien Teils erfolgt durch das Finanzamt. 

Tarifliche Einkommensteuer ist anzuwenden

Nach § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG findet aber der Abgeltungssteuersatz des § 32d Abs. 1 EStG von 25 % für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG keine Anwendung. Zum Zeitpunkt der Auszahlung behält die Versicherung zwar stets die Kapitalertragsteuer von 25 % vom vollen Kapitalertrag ein, er hat aber keine abgeltende Wirkung (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG). Demnach unterliegt der hälftige Kapitalertrag der tariflichen Einkommensteuer. 

Da ab einem zu versteuernden Einkommen von 54.058 EUR der Spitzensteuersatz von 42 % greift (ab 256.304 EUR 45 %) , ist der hälftige Kapitalertrag i. H. v. 1.000 EUR nach Abzug des restlichen Sparer-Pauschbetrags i. H. v. 1 EUR (801 EUR - 800 EUR zu erklären in Zeile 13 der Anlage Kap "in Anspruch genommener Sparer-Pauschbetrag, der auf die in der Anlage Kap nicht erklärten Kapitalerträge entfällt") = 999 EUR mit 42 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag zu versteuern. Dies ergibt eine Mehrsteuer von insgesamt 442,65 EUR. Die in diesem Fall immer zu hoch einbehaltene Kapitalertragsteuer von 25 % zuzüglich Soli auf den gesamten Kapitalertrag (im Ergebnis wird der gesamte Kapitalertrag mit höchstens 21 % besteuert) wird auf die Steuerschuld angerechnet.

Günstigere Festsetzung aber möglich

Im Beispiel kann A aber eine günstigere Festsetzung erreichen. Hat der Steuerpflichtige sowohl Kapitalerträge, für die § 32d Abs. 1 EStG gilt, als auch solche i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG erzielt, ist der Sparer-Pauschbetrag vorrangig von den Kapitalerträgen i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG abzuziehen (BMF, Schreiben v. 18.1.2016,Haufe Index 9077277, Rz. 129). Beantragt A die Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG (Zeile 5 Anlage Kap) und erklärt seine weiteren Kapitalerträge i. H. v. 800 EUR in Zeile 7 i. V. m. Zeile 12 der Anlage Kap, wird somit vom hälftigen Kapitalertrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vorrangig der Sparer-Pauschbetrag abgezogen. 

Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich nur noch 199 EUR mit einem Steuersatz von 4 2% zu versteuern und die bisher freigestellten 800 EUR im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung der Abgeltungssteuer (25% zuzüglich Soli) zu unterwerfen sind. Somit spart A für einen Ertrag von 800 EUR 17 % Steuer (zuzüglich Soli = 143,48 EUR). Begünstigend kommt aber noch hinzu, dass durch den Härteausgleich nach § 46 Abs. 5 EStG die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 199 EUR nicht besteuert werden. Somit sind lediglich 800 EUR abgeltend zu besteuern, sodass bei einer Steuer von 211 EUR (200 EUR + 11 EUR Soli) die Steuerersparnis 231,65 EUR beträgt (442,65 EUR - 211 EUR).