Wann dürfen Krankenkassen Rückstellungen bilden?

Eine Krankenkasse darf in der Jahresrechnung Verpflichtungen wegen des Haftungsrisikos bei Schließung anderer Krankenkassen erst buchen, wenn der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hierfür eine Umlage durch Bescheid angefordert hat. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.

Betriebskrankenkasse verbuchte Rückstellungen für selbst geschätztes Haftungsrisiko

Geklagt hatte eine bundesunmittelbare Betriebskrankenkasse (BKK), die ab 2011 in ihren Jahresrechnungen Rückstellungen für ein selbst geschätztes Haftungsrisiko bei der Schließung anderer für Betriebsfremde geöffneter Betriebskrankenkassen (zum Beispiel 2015: 69,05 Millionen Euro; 2016: 65 Millionen Euro) verbuchte.

Bundesversicherungsamt: Rückstellungen sind auszubuchen

Die beklagte Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesversicherungsamt, beanstandete dies und verpflichtete die Betriebskrankenkasse, die Rückstellungen in der Jahresrechnung 2017 auszubuchen. Das Landessozialgericht hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen.

Jahresrechnung muss tatsächlichen Verhältnisse der Krankenkassen vermitteln

Das Bundessozialgericht gab der Vorinstanz recht: Die Jahresrechnung hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Krankenkassen zu vermitteln. Sie finanzieren ihre Ausgaben im Wesentlichen nicht durch die Ansammlung von Deckungskapital, sondern durch Umlagen nach dem allgemeinen Beitragssatz und gegebenenfalls dem Zusatzbeitrag. Er ist so zu bemessen, dass die Einnahmen hieraus zusammen mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und den sonstigen Einnahmen, die im Haushaltsjahr voraussichtlich zu leistenden Ausgaben und die vorgeschriebene Höhe der Rücklage decken.

Keine Rückstellung für Kassenschließungen ohne Umlagebescheid

Rückstellungen aufgrund ungewisser Verpflichtungen oder für einen nach dem Haushaltsjahr liegenden künftigen Zeitraum bedürfen einer besonders geregelten Rechtfertigung. Rechtsnormen regeln eine Verpflichtung zu Rückstellungen nur für Altersvorsorgeverpflichtungen und aufgrund von Altersteilzeit- und Wertguthabenvereinbarungen. Der maßgebliche Kontenrahmen sieht die Buchung von Verpflichtungen aus Umlagen für Schließungsfälle nur vor, wenn der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese durch Umlagebescheid angefordert hat. Dies trägt dem Regelungssystem Rechnung, die Wahrscheinlichkeit von Haftungsfällen wegen Kassenschließungen gering zu halten.

Hinweis: Bundessozialgericht, Urteil v. 8.10.2019, B 1 A 2/19 R

BSG