Aufstockende Hartz IV-Leistungen auch bei Minijob
Der Fall
Die im Februar 1987 geborene Klägerin M. ist polnische Staatsbürgerin. Da sie nach ihrem Soziologiestudium in ihrer Heimat keinen Arbeitsplatz fand, reiste sie 2011 erstmals nach Deutschland ein, besuchte auf eigene Kosten einen Deutschkurs bei der Volkshochschule und arbeitete zunächst als Altenpflegekraft, dann als Küchenhelferin, bis sie ihre Stelle Ende Juli 2012 betriebsbedingt verlor. Anschließend bezog sie Arbeitslosengeld bis Anfang April 2013, arbeitete nebenher als Reinigungskraft 12 Stunden im Monat (für einen höheren Arbeitseinsatz hatte ihr Arbeitgeber keinen Bedarf) und bewarb sich parallel auf zahlreiche offene Stellen. Von Juni 2013 arbeitete M. in Vollzeit bei einer Zeitarbeitsfirma als Produktionsmitarbeiterin und konnte ab da ihren Lebensunterhalt wieder durchgehend selbst bestreiten.
Als Arbeitssuche keine Grundsicherungsleistungen
Im April und Mai 2013 stand ihr nur das geringe Einkommen als Reinigungskraft von jeweils rund 106 € zur Verfügung. Sich insoweit über ein gegenteiliges Votum des zuständigen Sachbearbeiters hinweg setzend, lehnte es das Jobcenter Stadt Heilbronn ab, M. für diese beiden Monate aufstockende Hartz IV-Leistungen zu gewähren: Diese sei im April und Mai 2013 gar keine Arbeitnehmerin gewesen, weil sie nur eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit ausgeübt habe. Da sich ihr Aufenthaltsrecht damit allein aus der Arbeitssuche ableite, sei sie von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen.
Das Urteil
Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg: M. habe als Arbeitnehmerin im streitigen Zeitraum April/Mai 2013 Anspruch auf aufstockende SGB II-Leistungen. Auch unter Berücksichtigung des geringen Arbeitsumfangs von rund 3 Stunden wöchentlich sei die seinerzeitige Tätigkeit als Reinigungskraft nicht als völlig untergeordnet oder unwesentlich anzusehen. Immerhin habe M. ihren Gesamtbedarf i. H. v rund 552 € (bestehend aus Hartz IV-Regelsatz von seinerzeit 382 € zzgl. Unterkunftskosten von 170 € für eine 17qm kleine Wohnung) rund zu einem Fünftel decken können. Zudem sei M. als vollständig integriert in den deutschen Arbeitsmarkt anzusehen. Sie habe auch alle Arbeitsmöglichkeiten, die sich ihr angeboten hätten, für sich genutzt. Insbesondere habe sie die neunmonatige Tätigkeit als Reinigungskraft aufgegeben, sobald sich ihr (im Juni 2013) bessere Verdienstmöglichkeiten ergeben hätten.
(SG Heilbronn, Urteil v. 18.2.2015, S 10 AS 3035/13)
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