Stress durch Multitasking

Multitasking ist nicht effizient. Vielmehr beeinträchtigt das gleichzeitige Erledigen mehrerer Aufgaben die dafür aufgewandte Arbeitszeit, erklärt die Arbeitspsychologin Renate Rau. Für stressfreies Arbeiten empfiehlt sie, die Arbeit zu priorisieren und Aufgabenkomplexe zu bündeln.

Ein Postfach voller E-Mails, ein Stapel von Aufgaben und Meetings im Stundentakt – 65 Prozent der Arbeitnehmenden geben bei einer Studie des Bundesarbeitsministeriums an, dass die Digitalisierung im Arbeitsalltag dazu geführt hat, immer mehr Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Doch der weitverbreitete Eindruck, Multitasking verhelfe zu mehr Effizienz, ist ein Mythos, erklärt Renate Rau, Professorin für Arbeitspsychologie an der Universität Halle-Wittenberg.

Stressauslöser Multitasking

Unter Multitasking versteht man die Ausführung zweier oder mehrerer – voneinander unabhängiger – Aufgaben zur selben Zeit. Inzwischen wird es von 58 Prozent der Erwerbstätigen als größter Stressauslöser gesehen. Das ergab der Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Auf dem zweiten Platz folgt starker Termin- und Leistungsdruck. Dass beide Faktoren zusammenhängen, also, dass Mitarbeitende auf starken Termin- und Leistungsdruck damit beginnen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, liegt also nahe.

Multitasking ist nicht effizient, sondern kostet Zeit

Der Wechsel zwischen den verschiedenen Tätigkeiten beim Multitasking, so die Arbeitspsychologin, koste Zeit. Je komplexer die Anforderungen an eine Aufgabe sind, desto mehr Zeit werde benötigt, um sich wieder neu in die unterbrochene Tätigkeit einzudenken. Die Zeit, die für den Wechsel zwischen den Aufgaben benötigt wird, sei aber häufig nicht eingeplant. Die Konsequenz: Durch Multitasking verkürzen wir unsere eigentliche Arbeitszeit.

Click to tweet

Stressfreies Arbeiten durch priorisieren

Für stressfreieres und gleichzeitig ergebnisorientiertes Arbeiten empfiehlt die Arbeitspsycholgin dagegen, die Tätigkeiten zu priorisieren. „Wenn Aufgaben auf den ersten Blick gleichrangig aussehen und ein identisches Timing haben, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer Führungskraft nach den Prioritäten fragen,“ so Renate Rau. Effizienter als der ständige Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben sei es, Arbeiten am Stück zu erledigen.

Befragt wurde Prof. Renate Rau im Rahmen des Projektes "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (psyGA)" der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Diese gibt die folgenden Tipps, wie sich die oben genannten Empfehlungen in den Arbeitsalltag umsetzen lassen:

Tipps für weniger Stress am Arbeitsplatz

Priorisieren Sie Aufgaben

Anstatt mehrere Aufgaben parallel zu bearbeiten, können Sie priorisieren. Halten Sie dazu Rücksprache mit Kolleginnen oder Kollegen und Ihren Vorgesetzten, was zuerst erledigt werden muss – zum Beispiel, weil es mit einem Termin verbunden ist. So kommen Sie nicht in die Not, alles auf einmal erledigen zu müssen und sparen wertvolle Energie. Als Führungskraft können Sie Ihrem Team die Arbeitsorganisation erleichtern, indem Sie klar kommunizieren, wann eine Aufgabe erledigt werden muss und was zur Not weggelassen oder delegiert werden kann.

Schaffen Sie sich Ruhezeiten für anspruchsvolle Aufgaben

Ständig erreichbar und ansprechbar zu sein, kann im Arbeitsalltag dazu führen, dass wir kaum eine Aufgabe in Ruhe zu Ende bringen können. Dass wir während der Arbeit unterbrochen werden, lässt sich nicht vollkommen vermeiden. Sie können sich aber für Aufgaben, die Ihre volle Konzentration fordern, Zeit nehmen. Zum Beispiel, indem Sie ein „Bitte-nicht-Stören“-Schild an der Tür befestigen oder Ihr Telefon für diese Zeit an einen Ansprechpartner, der die Vertretung übernimmt, umleiten. Das ist selbstverständlich nicht in allen Jobs möglich. Mitarbeitende, die hier Spielraum haben, sollten ihn aber nutzen.

Bündeln Sie Aufgabenkomplexe

Aufgaben, die zusammengehören oder sich sehr ähnlich sind, können Sie am besten in einem „Abwasch“ erledigen. So können Sie zum Beispiel E-Mails sammeln und sie gebündelt beantworten. Dadurch müssen Sie sich nicht erneut in die Konversation reindenken. Wenn Sie E-Mails nur zu bestimmten Zeiten abrufen, bleiben Sie konzentrierter bei Ihrer aktuellen Tätigkeit. Falls Sie Führungsaufgaben übernehmen, können Sie auch hier eine Vorbildfunktion einnehmen: Zeigen Sie Ihrem Team, wie Sie Ihren Arbeitstag gestalten. So können sich die Beschäftigten an Ihnen orientieren und trauen sich eher, klare Prioritäten einzufordern und selbst zu setzen.

Experimentieren Sie mit neuen Methoden

Timeboxing ist eine einfache, aber sehr effektive Methode der Zeiteinteilung, die eigentlich aus dem agilen Projektmanagement stammt. Der Grundgedanke: Sie erstellen festgelegte Zeitfenster, sogenannte time boxes, in denen Sie bestimmte Aufgaben am Stück erledigen. Bevor Sie also sofort Ihren Arbeitstag beginnen, sollten Sie am Morgen Zeitfenster für die anstehenden Aufgaben planen und können sich dann den Tag über an der geplanten Struktur orientieren.

Schlagworte zum Thema:  Stressmanagement