Rz. 2
Die sozialpolitischen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Kontext der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben ergeben sich sowohl aus Vorschriften des SGB I, III als auch nach dem SGB IX. Bereits in § 10 SGB I wird die umfassende Aufgabe der Rehabilitation im Kontext aller Sozialgesetzbücher beschrieben, der u. a. den Menschen mit Behinderungen ein Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben – abhängig von individueller Eignung und Neigung – zusichert. Die gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Kontext der beruflichen Rehabilitation sind in § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. f SGB I verankert.
Dem mit Wirkung zum 1.1.2022 sprachlich überarbeiteten Gesetzestextes im Kontext des berechtigten Personenkreises (Menschen mit Behinderungen) lag ein umfassender politischer und gesellschaftlicher Diskurs zugrunde, mit dem Ergebnis, dass ein neuer Begriff in der Rechtssprache Einzug hält. Bereits mit dem Bundesteilhabegesetz wurde u. a. der Begriff der Behinderung in § 2 des SGB IX neu gefasst. Damit wurde der Behindertenbegriff nach dem Verständnis der UN-BRK ausgestaltet. Mit der Änderung der Bezeichnung behinderte Menschen zu Menschen mit Behinderungen wird der moderne Sprachgebrauch in allen relevanten Normen nachvollzogen. Zudem werden die Bezeichnungen "behindertengerecht" und "behindertenspezifisch" jeweils durch die Wörter "behinderungsgerecht" und "behinderungsspezifisch" ersetzt. Eine Erweiterung oder Verringerung des Personenkreises der Menschen mit Behinderungen i. S. d. § 19 SGB III ist damit nicht verbunden. Mit der Änderung der Begrifflichkeit wird im Kern eine zu starke Betonung des Wesensmerkmals "behindert" vermieden und stattdessen eine Voranstellung und Betonung des Menschen vorgenommen. Der gesellschaftlichen Diskus und die kritische Betrachtung des Themas geht dabei so weit, dass das Wort "behindert" vollständig vermieden werden sollte, was jedoch gerade im Kontext der Legaldefinition von Begrifflichkeiten und der wörtlichen Auslegung im Verwaltungsvollzug auf umfangreiche Schwierigkeiten stoßen dürfte.
Rz. 3
Mit der Einstiegsnorm des § 112 werden die spezialgesetzlichen Ermessensleistungen der Bundesagentur für Arbeit zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben geregelt. Der Bundesagentur für Arbeit werden in ihrem Verantwortungsbereich spezifische Förderleistungen (§§ 113 bis 129) für die berufliche Rehabilitation zugeordnet. Die berufliche Rehabilitation ist von der sozialen und medizinischen Rehabilitation abzugrenzen (vgl. § 5 SGB IX). Die Bundesagentur für Arbeit ist nach § 6 SGB IX Rehabilitationsträger.
Von der beruflichen Rehabilitation Begünstigte sind Menschen mit Behinderungen (vgl. Komm. zu § 19 zum Behindertenbegriff). Diesen Leistungskatalog erweitert und ergänzt das SGB IX um spezielle Eingliederungsleistungen für diesen Personenkreis.
Weitgefasstes Ziel des Gesetzgebers ist die dauerhafte Integration in das Berufsleben, um dem sog. Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu entsprechen. Damit wird auch dem Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention entsprochen, durch geeignete Schritt ein Recht auf Arbeit für den erfassten Personenkreis zu fördern und zu sichern. Konkret soll das Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen in einem offenen, einbeziehenden und zugänglichen Arbeitsumfeld und Arbeitsmarkt erfolgen. Die geforderten staatlichen Schritte sollen auch Menschen umfassen, die während der Beschäftigung Behinderungen erwerben. Im Ergebnis ist die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen einer Leistungspflicht verantwortlich, die vom Gesetzgeber vorgesehenen Aufgaben durch die örtlich zuständigen Agenturen für Arbeit anzubieten, damit Menschen mit Behinderungen eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Gestaltung des Arbeitslebens ermöglicht werden kann. Die Leistungserbringung durch die örtlich zuständige Agentur für Arbeit ergibt sich aus § 327.
Mit dem weitgefassten Begriff der "Teilhabe" wird die Beteiligung und Einbindung trotz einer besonderen Lebenssituation im Arbeits- und Berufsleben erfasst.
Rz. 4
Die Regelung in Abs. 1 nennt zunächst die Ziele der Förderung mit Teilhabeleistungen, neben dem begünstigten Personenkreis der Menschen mit Behinderungen (vgl. Rz. 3). Demnach kann die Bundesagentur für Arbeit Förderleistungen erbringen, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Die Wortwahl erhalten und verbessern sieht dabei eine präventive Leistungserbringung vor. Somit können Teilhabeleistungen, anders wie die arbeitsmarktpolitischen Standardleistungen des SGB III, die regelmäßig eine drohende oder bestehende Arbeitslosigkeit voraussetzen, zum Erhalt der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit während einer Beschäftigung erbracht werden (vgl. § 116 Abs. 1).
Um eines der vorweg genannten Ziele zu erreichen, muss die Teilhabeleistung im Einzelfall wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sein. Diese Prognoseeinschätzung i...