3.4.3.1 Fehlerhafte Stufenzuordnung

In Einzelfällen kann es zu einer fehlerhaften Stufenzuordnung, z. B. durch eine falsche Zuordnung in eine Stufe, bei der Einstellung kommen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeitgeber berechtigt ist, diese fehlerhafte Stufenzuordnung rückwirkend zu korrigieren.

Bei der Bewertung, ob eine "korrigierende Rückstufung" möglich ist, ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei der ursprünglichen Stufenzuordnung um einen Akt der reinen Rechtsanwendung handelt oder die Stufenzuordnung auf einer zulässigen Ermessensentscheidung beruht. Sofern es sich bei der Stufenzuordnung um reine Rechtsanwendung gehandelt hat, ist eine korrigierende Rückstufung möglich, im Umfang einer Ermessensausübung ist eine einerseitige korrigierende Rückstufung dagegen nicht zulässig.

Um einen Akt der reinen Rechtsanwendung bei der Stufenzuordnung handelt es sich, wenn die Stufenzuordnung auf der Bewertung der einschlägigen Berufserfahrung beruht. Dies betrifft daher die Zuordnung in die Stufen 1 (1-jährige einschlägige Berufserfahrung) bis 3 (3-jährige einschlägige Berufserfahrung). Hat sich der Arbeitgeber also bei der Bewertung der einschlägigen Berufserfahrung geirrt und den Beschäftigten einer zu hohen Stufe zugeordnet, ist eine korrigierende Rückstufung zum Zeitpunkt der Einstellung des Beschäftigten möglich.[49f]

Bei einer Stufenzuordnung oberhalb der Stufe 3 aus Gründen der Personalgewinnung kann der Arbeitgeber förderliche Zeiten berücksichtigen. Die Berücksichtigung förderlicher Zeiten liegt im Ermessen des Arbeitgebers, sodass hieraus geschlossen werden könnte, dass es sich bei einer Stufenzuordnung oberhalb der Stufe 3 immer um einen Akt der Rechtsgestaltung handelt, die der Arbeitgeber nicht durch eine Rückstufung einseitig verändern kann. Allerdings ist zu beachten, dass bei der Stufenzuordnung nach § 16 [VKA] Abs. 2 Satz 3 bzw. [Bund] Abs. 2 Satz 3 TVöD Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung zusammentreffen, und zwar dergestalt, dass die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen zur Anerkennung förderlicher Zeiten reine Rechtsanwendung ist, die Ausübung des Ermessens jedoch Rechtsgestaltung darstellt. Somit ist nach der Rechtsprechung des BAG ist ein Irrtum über das Merkmal "förderliche Zeiten" korrigierbar, die Entscheidung, förderliche Zeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen, hingegen nicht.[49g]

3.4.3.2 Unvollständige Stufenzuordnung

In der Praxis stellt sich mitunter die Frage, ob eine (weitere) Berücksichtigung "einschlägiger Berufserfahrung" oder "förderlicher Zeiten" auch noch nach der Einstellung vorgenommen werden kann bzw. werden muss, wenn der Beschäftigte z. B. nachträglich Unterlagen vorlegt, die die Zuordnung zu einer anderen (höheren) Stufe ermöglichen. Hiergegen spricht der Wortlaut des § 16 TVöD, wonach die Stufenzuordnung jeweils "bei Einstellung" erfolgt. Auch die Beteiligung des Personalrats bezieht sich auf die Stufenzuordnung zum Zeitpunkt der Einstellung. Letztlich muss auch der Beschäftigte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wissen, was er verdienen wird. Nach der Arbeitsaufnahme ist somit ein Anspruch des Beschäftigten auf die Berücksichtigung von (weiteren) Zeiten grundsätzlich nicht gegeben. Für die Fälle, in denen bis zum Vertragsausschluss noch nicht alle Unterlagen von dem Bewerber vorgelegt werden können, da hierzu z. B. aufgrund einer kurzfristigen Notwendigkeit zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags (z. B. zur Krankheitsvertretung) keine Gelegenheit bestand, bedarf es einer pragmatischen Lösung. Diese könnte darin bestehen, dass Unterlagen, die noch zeitnah in Zusammenhang mit der Einstellung eingehen, berücksichtigt werden. Als zeitnah könnte noch ein Zeitraum von einem Monat angesehen werden, denn ansonsten würde der Arbeitgeber in die Gefahr geraten, seine Nachweispflicht nach § 2 NachwG zu verletzen. Hiernach hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, zu denen die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts gehört (§ 2 Ziffer 6 NachwG). In diesem Zusammenhang ist zu empfehlen, den Personalrat zunächst um Zustimmung für eine "vorläufige Stufenzuordnung" nach Stufe 1 zu bitten mit dem Hinweis, dass die abschließende Beteiligung nachgeholt wird, sobald die Unterlagen eingereicht sind.

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