Verzicht eines Lehrers auf Erstattung von Reisekosten ist wirksam

Lehrer können vorab auf die Geltendmachung von Reisekosten für außerunterrichtliche Veranstaltungen wirksam verzichten. Insbesondere verstößt es nicht gegen Treu und Glauben, wenn im Dienstreiseformular systematisch ein Verzicht auf Reisekosten abgefragt wird.

Der Kläger ist verbeamteter Realschullehrer in Mosbach. Im Mai 2013 beantragte er bei seiner Schulleitung, eine fünftägige Abschlussfahrt mit Musicalbesuch in Berlin mit einer 10. Klasse als Dienstreise zu genehmigen. Er erklärte, ihm und einer Begleitperson entstünden voraussichtlich Kosten in Höhe von 220 Euro. Der Kläger kreuzte im entsprechenden Genehmigungsformular das Feld „Ich verzichte auf den…Euro übersteigenden Betrag.“  an. Er unterschrieb die Erklärung und ließ das Feld zum Eintrag eines Euro-Betrags frei. Die Schulleiterin genehmigte den Dienstreiseantrag und füllte das Betragsfeld mit 88 Euro aus.

Verwaltungsgericht Karlsruhe: Reisekosten müssen trotz Verzicht übernommen werden

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung setzte die Reisekosten des Klägers unter Hinweis auf seine Teilverzichtserklärung auf 88 Euro fest. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe. Dieses verpflichtete das Land Baden-Württemberg, ihm weitere Reisekosten in Höhe von 109,54 Euro zu gewähren. Das Land könne sich auf den Verzicht des Klägers nicht berufen, da dies gegen Treu und Glauben verstoße. Es sei zur Erstattung notwendiger, dienstlich veranlasster Reisekosten verpflichtet. Diese Fürsorgepflicht verletze das Land als Dienstherr, wenn er im Antragsformular für die Genehmigung von Dienstreisen für außerunterrichtliche Veranstaltungen systematisch einen Verzicht auf Reisekosten abfrage. Hierdurch werde ein schwerwiegender Interessen- und Loyalitätskonflikt ausgelöst, da vom Lehrer ein abwechslungsreicher Unterricht erwartet werde, ein Verzicht auf außerunterrichtliche Veranstaltungen die Missbilligung von Schülern und Eltern und negative Konsequenzen bei der dienstlichen Beurteilung nach sich ziehen und das Verlangen voller Reisekostenerstattung zum Vorwurf unkollegialen Verhaltens führen könne.

VGH: Verzicht auf Reisekosten ist wirksam

Der VGH Baden-Württemberg hat auf die Berufung des Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe geändert und die Klage vollständig abgewiesen. Der Verzicht auf eine Reisekostenvergütung sei rechtlich zulässig. Darin liege kein verbotener Verzicht auf die Besoldung.

Denn die Reisekostenvergütung sei nicht Teil der Besoldung. Ohne Erfolg mache der Kläger geltend, er wisse bei Beantragung einer Dienstreise für eine außerunterrichtliche Veranstaltung nicht, welcher Betrag ihm für die Veranstaltung als Reisekosten zur Verfügung stehe. Die Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schule“ sehe ein Verfahren vor, das dem Lehrer ermögliche hinreichend konkret zu erfahren, welches Budget er für eine außerunterrichtliche Veranstaltung erhalte. Er könne mithin eine Veranstaltung durchführen, die dieses Budget einhalte, sodass ihm keine weiteren Kosten entstehen und ein (Teil-)Verzicht nicht erforderlich ist.

Im Übrigen stehe es ihm auch frei, überhaupt keinen (Teil-)Verzicht zu erklären, sodass dann Schulleitung bzw. Gesamtlehrerkonferenz entscheiden müssten, ob die Veranstaltung dennoch finanziert und durchgeführt werden könne.

Kein Fehlverhalten des Dienstherrn

Das Land handle nicht wider Treu und Glauben, wenn es sich auf den Verzicht berufe. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung sei nur begründet, wenn ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn vorliege. Daran fehle es hier. Der Dienstherr und damit auch die Schulen seien an die sich aus dem Landeshaushaltsrecht ergebenden Begrenzungen gebunden. 

(VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 20.7.2016, 4 S 830/15)

Pressemitteilung VGH Baden-Württemberg
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