Vorsteuerabzug: Neue Entscheidung zu Briefkastenadressen
Verbreitung von sogenannten Domiziladressen nimmt zu
Anders als früher gilt heute oft: Unternehmer üben ihre Tätigkeit nicht automatisch an dem Ort aus, den sie als ihre Postadresse angeben. Als Online-Unternehmer zum Beispiel haben sie gar keine feste Geschäftsadresse. Oder als Freiberufler, die ausschließlich aus dem Homeoffice arbeiten, wollen sie vielleicht nicht mit ihrer Privatanschrift nach außen sichtbar werden. In solchen Fällen nutzen Unternehmer oft sogenannte Domiziladressen. Dahinter verbergen sich Angebote von Dienstleistern, die ihre Anschrift zur Verfügung stellen und dort auch die eingehende Post der bei ihnen adressierten Unternehmen entgegennehmen.
Bisherige Folgen einer Briefkastenadresse für den Vorsteuerabzug
Nutzten Unternehmer eine Briefkastenadresse, hatte das bis vor kurzem jedoch weitreichende Folgen für ihre Kunden. Handelte es sich dabei nämlich ebenfalls um Unternehmer, konnten diese die Vorsteuer aus einer Rechnung nur unter einer Bedingung geltend machen: Zusätzlich zur Briefkastenadresse musste die Rechnung auch den Ort enthalten, an dem das ausstellende Unternehmen wirtschaftlich tätig ist. Nur dann galt sie als ordnungsgemäß.
Regelmäßig kam es daher in der Vergangenheit bei Außenprüfungen zu Streitigkeiten darüber, ob die Vorsteuer tatsächlich in Anspruch genommen werden durfte. Immerhin war es Unternehmern nicht möglich, bei ihnen persönlich unbekannten Anbietern aus einer auf der Rechnung genannten Adresse direkt zu erkennen, ob es sich dabei um eine bloße Postanschrift handelte. Hinzu kommt, dass z.B. auch ein Online-Unternehmer selbst oft keinen Ort seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmen und angeben konnte.
Um beim Vorsteuerabzug auf der sicheren Seite zu sein, hätte ein Unternehmen daher immer konkret – und damit zeitaufwendig – prüfen müssen, wo der Anbieter tatsächlichen tätig war. Stellte sich die auf der Rechnung angegebene Adresse bei einer Außenprüfung schließlich als Briefkastenadresse heraus, forderte das Finanzamt die daraus geltend gemachte Vorsteuer zurück.
BFH passt Anforderungen an Rechnungen an die moderne Geschäftswelt an
Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 21.6.2018, V R 28/16) passte nun die Anforderungen an eine Rechnung den geänderten Arbeitsweisen und Abläufen der Geschäftswelt an. Dadurch befreite er die Unternehmen vom Risiko der Rückforderung geltend gemachter Vorsteuer durch das Finanzamt. Denn künftig reicht jede Art von Anschrift auf einer Rechnung; auch mit einer Briefkastenadresse ist sie damit ordnungsgemäß und berechtigt den Empfänger zum Abzug der Vorsteuer. Voraussetzung ist nur, dass das ausstellende Unternehmen unter der angegebenen Anschrift erreichbar ist. Konkret heißt das, es muss dort Post erhalten können.
Dass die gelockerten Anforderungen an Rechnungen in naher Zukunft wieder geändert werden, ist für Unternehmer nicht zu befürchten. Denn Grundlage der BFH-Entscheidung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in dieser Frage. Ein weiterer Senat des BFH stimmte zeitgleich in seinem Urteil zu einem ähnlichen Fall ebenfalls mit der Entscheidung überein (BFH, Urteil v. 21.6.2018, V R 25/15).
Praxis-Tipp: Erleichterung für Rechnungssteller und -empfänger
Von der neuen Rechtsauffassung des BFH profitieren beide Seiten: Nutzer einer Briefkastenadresse können ab jetzt darauf verzichten, eine weitere Adresse auf ihren Rechnungen anzugeben. Für viele Online-Unternehmer endet damit die Herausforderung, eine Anschrift zu bestimmen, die den Ort der Tätigkeit widergibt. Auch stattdessen die Privatanschrift bekannt zu geben, ist nicht mehr erforderlich. Für Rechnungsempfänger entfällt künftig die aufwendige Prüfung der auf einer Rechnung angegebenen Adresse. Ein einfacher Brief, der seinen Empfänger an der dort genannten Anschrift erreicht, gilt als ausreichender Beleg.
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