3.2.1 Begriff und Wesen der Kapitalbedarfsplanung

Kapitalbedarf und Kapitalbedarfsplanung

Als Kapitalbedarf wird das für den Vollzug der betrieblichen Prozesse und das zum Erfüllen des Unternehmenszwecks notwendige Kapital bezeichnet. Der Kapitalbedarf ergibt sich aus der Differenz der (kumulierten) kapitalbindenden Ausgaben und der kapitalfreisetzenden Einnahmen.[1] Der Kapitalbedarfsplan enthält Angaben über die Kapitalbedarfsdeckung für die geplanten Investitionen im Verlauf der betrachteten Planungsperiode(n). Investitionen binden Kapital i. d. R. eher langfristig und sind üblicherweise schwer bzw. nicht ohne Verluste rückgängig zu machen. In zeitlicher Perspektive hat der Kapitalbedarfsplan daher einen eher mittel- bis langfristigen Charakter und umfasst einen Prognosezeitraum von mehreren Jahren.[2]

Aufgaben der Kapitalbedarfsplanung

Die Aufgabe des Kapitalbedarfsplans besteht im Kern darin, die finanziellen Folgen unternehmenspolitischer und -strategischer Entscheidungen aufzuzeigen, um insb. auf Finanzmittelfehlbeträge größeren Ausmaßes hinzuweisen, die nicht durch dispositive Maßnahmen, wie z. B. den Verkauf liquiditätsnaher Vermögensgegenstände, ausgeglichen werden können.[3] Die primäre Zielsetzung der Kapitalbedarfsplanung liegt demnach in der Erkennung von strukturellen Ungleichgewichten zwischen Einnahmen und Ausgaben im betrachteten Planungszeitraum.

Umfang der Kapitalbedarfsplanung

Bei der Planung des Kapitalbedarfs werden regelmäßig nur solche Einnahmen und Ausgaben einer bestimmten Periode zugeordnet, die tatsächlich auch in der Betrachtungsperiode auftreten. Der Zahlungsmittel-Anfangsbestand wird üblicherweise nicht in den Kapitalbedarfsplan einbezogen. Die Zahlungsmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt sind dabei definiert als Summe aus Kassenbestand, Bankgiroguthaben sowie aus zugesagten, aber noch nicht in Anspruch genommenen Kreditlinien. Es wird ausschließlich analysiert, wie sich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben ohne Berücksichtigung des Zahlungsmittel-Anfangsbestands entwickelt. Ziel dieser Vorgehensweise ist die Vermeidung der Fortführung von Prognosefehlern.

Bei Berücksichtigung des jeweiligen Anfangsbestandes würde ein Prognosefehler zu Beginn der Planung in sämtlichen weiteren Planungsperioden wirksam werden. Das Ergebnis der Kapitalbedarfsplanung stellt demzufolge lediglich einen Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen und Ausgaben einer Periode dar. Aufgrund dieser Vorgehensweise ist keine Aussage über die situative Liquidität innerhalb der Betrachtungsperiode möglich, lediglich die Einhaltung des strukturellen Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben einer Periode kann überprüft werden.[4]

[1] Vgl. Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl. 2016, S. 371.
[2] Vgl. Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 17. Aufl. 2016, S. 726.
[3] Vgl. Hauschildt/Sachs/Witte, Finanzplanung und Finanzkontrolle. Disposition – Organisation, 1981, S. 83.
[4] Vgl. Bonn, Finanzplanbasierte Messung und Steuerung des Liquiditätsrisikos, Band 10 der Schriftenreihe Finanzmanagement, hrsg. v. Hölscher, R. Sternenfels 2006, S. 50 f. (Diss.).

3.2.2 Aufbau des Kapitalbedarfsplans und das Plangleichgewicht

Grundstruktur

In seiner Grundstruktur hat der Kapitalbedarfsplan den in Tab. 2 dargestellten Aufbau.

 
Planausgaben
(Kapitalbedarf)
Planeinnahmen
(Kapitalbedarfsdeckung)
Kapitalbindende Ausgaben Kapitalfreisetzende Einnahmen
Kapitalentziehende Ausgaben Kapitalzuführende Einnahmen
Saldo (Einnahmenüberschuss) Saldo (Ausgabenüberschuss)

Tab. 2: Grundstruktur eines Kapitalbedarfsplans[1]

Plangleichgewicht

Ein strukturelles Ungleichgewicht liegt vor, sobald im Kapitalbedarfsplan ein Einnahmen- oder ein Ausgabenüberschuss zu verzeichnen ist. Vor dem Hintergrund der Erhaltung der finanziellen Stabilität besteht das Ziel jedoch insb. in der Vermeidung von Ausgabenüberschüssen. Der operative Ablauf der Kapitalbedarfsplanung als Teilaufgabe innerhalb der finanzplanbasierten Sanierungsfähigkeitsprüfung soll anhand der folgenden Fallstudie verdeutlicht werden.

[1] Vgl. Bonn, Finanzplanbasierte Messung und Steuerung des Liquiditätsrisikos, Band 10 der Schriftenreihe Finanzmanagement, hrsg. v. Hölscher, R. Sternenfels 2006, S. 54 (Diss.).

3.2.3 Fallstudie: Sanierungsfähigkeitsprüfung auf Basis der Kapitalbedarfsplanung

Allgemeiner Ablauf der kapitalbedarfsorientierten Sanierungsfähigkeitsprüfung

Die Kapitalbedarfsplanung läuft analog zu den allgemein beschriebenen Inhalten der Sanierungsfähigkeitsprüfung[1] in 3 Prozessschritten ab. Im Rahmen der Sanierungsfähigkeitsprüfung ist für das Krisenunternehmen zunächst ein Kapitalbedarfsplan aus Sicht der gegenwärtigen Ist-Situation, d. h. ohne Berücksichtigung der verfügbaren Sanierungsinstrumente, zu erstellen (Schritt 1). Da in einem Kapitalbedarfsplan eines Krisenunternehmens tendenziell eine Kapitalbedarfsunterdeckung, d. h. ein Ausgabenüberschuss zu beobachten sein wird, sind in einem weiteren Schritt die verfügbaren Sanierungsinstrumente zu identifizieren und die wirksamen auszuwählen (Schritt 2). Auf Basis dieser Informationen sind schließlich die erwarteten Wirkungen der ausgewählten Sanierungsinstrumente in den Ka...

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