Aus Controllingsicht sollen Steuerungsgrößen u. a. das Verhalten von bestimmten Personen oder Abteilungen oder Gesellschaften beeinflussen, um ein bestimmtes Ziel, wie z. B. die Maximierung des Konzerndeckungsbeitrags, zu erreichen. Hierbei ist wichtig zu verstehen, dass Personen oder Abteilungen nur nach solchen Steuerungsgrößen gemessen werden sollten, die sie auch beeinflussen können. Insofern gibt es nicht die ›eine‹ oder die ›beste‹ Steuerungsgröße im Konzern, sondern die Kunst besteht darin, je Person/Abteilung/Gesellschaft/Business Unit/Region/Wertschöpfungsstufe die jeweils sachgerechteste und wirksamste Steuerungsgröße festzulegen, die eben von der betroffenen Einheit auch verantwortet bzw. beeinflusst werden kann. Bereits hier zeigt sich schon das Dilemma, falls einerseits das lokale Management nach dem lokalen EBIT gemessen werden soll, das jedoch erheblich durch von der Steuerabteilung – und nicht dem lokalen Management – festgelegte VP beeinflusst ist. Die folgende Tabelle fasst übliche Messgrößen der Gewinn- und Verlustrechnung und die jeweils daran gemessenen Einheiten zusammen:

 
Ausgewählte Messgrößen der GuV Verantwortliche Abteilung Konsolidierungseinheit
EBIT Operative Manager verantworten das operative Ergebnis Einzelgesellschaft, BU, Region, konzernkonsolidiert
+/- Zinsergebnis Finanzmanager verantworten die Kapitalkosten konzernkonsolidiert
= EBT    
+/- Steuerergebnis Steuerabteilung verantwortet die Konzernsteuerquote Einzelgesellschaft, konzernkonsolidiert
= Jahresüberschuss    

Dividiert durch Anzahl Aktien

= Earnings per Share
Konzernvorstand verantwortet die Nachsteuerrendite (= effektive Rendite aus Eigentümersicht) konzernkonsolidiert

Folgender Exkurs soll anhand von öffentlich verfügbaren Informationen veranschaulichen, wie einzelne ausgewählte Konzerne ihre betriebswirtschaftlichen Steuerungssysteme aufgebaut haben. Es geht u. a. auch darum, die Vielfalt der spezifischen und situationsabhängigen Steuerungskennzahlen zu zeigen und um erneut darauf hinzuweisen, dass eine Steuerung rein über EBIT nicht alternativlos ist. Warum ist dieser vordergründig nicht-steuerliche Aspekt doch steuerlich bzw. VP-relevant? Einerseits liegt die Festlegung von Steuerungsgrößen selbstverständlich in der Verantwortung des Managements (›tax follows business‹). Andererseits zeigt die tägliche Praxis, dass wenn ein Unternehmen das lokale Management (im Extremfall) ausschließlich nach dem EBIT der lokalen Gesellschaft vergütet, dass dieses EBIT erheblich von VP beeinflusst ist. In einem solchen Fall dürfte weder das zentrale noch das lokale Management erfreut darüber sein, wenn beispielsweise die VP gegenüber einer Vertriebsgesellschaft aus steuerlicher Sicht zutreffend nach der TNMM-Methode gebildet würden. Es ergäbe sich nämlich eine relativ konstante (niedrige Routine-) EBIT-Marge aller Vertriebsgesellschaften, unabhängig von deren Leistungsfähigkeit. Dieses Dilemma zwischen optimaler Steuerung/Incentivierung und steuerlicher Compliance kann auf verschiedene Arten gelöst werden:

  • Verwendung von unterjährigen Controlling-/Steuerungs-VP und Umsetzung einer steuerlichen Jahresendanpassung, soweit steuerlich vertretbar (vgl. Kapitel 22.2.2, Modell 1), oder
  • Kalkulation und Faktura von steuerlichen VP sowie Steuerung über konsolidierte Margen oder andere konsolidierte Finanzgrößen (vgl. Kapitel 22.2.5, Modell 4) oder
  • Entwicklung eines ausgeklügelten 1-Preis-Systems mit zwei verschiedenen, variablen Markups (vgl. Kapitel 22.2.6, Modell 5) oder
  • Implementierung eines 2-Preis-Systems (vgl. Kapitel 22.2.7, Modell 6) oder
  • Verwendung eines 1-Preis-Systems (vgl. Kapitel 22.2.4, Modell 3), allerdings mit alternativen Steuerungsgrößen, die frei von VP-Einflüssen sind (d. h. weder Brutto- noch Nettomarge).

Mit Bezug auf den obigen letzten Aufzählungspunkt bestätigt die Beschreibung der tatsächlichen Steuerungskonzepte von vier ausgewählten internationalen Konzernen, dass vor allem das Legal-Entity-EBIT als Steuerungsgröße nicht alternativlos ist.

Konzern A[889]:

Kurzbeschreibung:

  • Technologiekonzern, ca. 1,93 Mrd. EUR Umsatz, 9 Geschäftsbereiche, in 35 Ländern präsent, 106 Gesellschaften

Steuerungslogik:

›Der Steuerungslogik liegen dabei folgende Prinzipien zugrunde:

  • Die Wertorientierung steht im Konzern an oberster Stelle, angelehnt an das EVA-Modell.
  • Die Business Units sowie die Businesssegmente tragen zur Wertsteigerung bei, indem sie ihr Geschäft weltweit ergebnis- und renditeorientiert steuern.
  • Die (Produktions-) Werke werden kostenorientiert gesteuert, d. h., der Werkleiter ist verantwortlich für die Produktionsleistung, die Kosten der Produktion, die Ausbeute, Qualität etc.
  • Der Vertrieb wird dementsprechend [auch] margenorientiert (Standardmarge) geführt.‹[890]

Die folgende Tabelle[891] gibt das Kennzahlenportfolio des Konzerns wieder, das sehr gut zeigt, dass zwar der Vertrieb auch nach einer Standardmarge gesteuert/gemessen wird, aber nur als eine Kennzahl von vielen. Die Steuerung über Value Added sowie EBIT auf...

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