Es ist bereits festgestellt worden, dass es nicht den einen "richtigen" VP gibt. Dennoch kommt es in Betriebsprüfungen regelmäßig zu VP-Anpassungen, "wenn VP außerhalb fremdüblicher Bandbreiten" liegen.

In diesem Kapitel wird erläutert, in welchen Fallkonstellationen überhaupt VP-Anpassungen erforderlich sind und bis zu welchem "richtigen" Ziel-VP der "falsche" Ist-VP zu korrigieren wäre. Dabei sind folgende Qualitäten der Vergleichbarkeit von VP mit Preisen zwischen fremden Dritten zu unterscheiden:

  • Bei uneingeschränkter Vergleichbarkeit bilden alle Fremdpreise/-margen die fremdübliche Bandbreite ab[250].
  • Bei eingeschränkter Vergleichbarkeit, die dem Praxisfall entspricht, werden die 25 % der niedrigsten und die 25 % der höchsten Preise/Margen abgeschnitten, sodass sich eine eingeschränkte sogenannte Interquartilsbandbreite mit Werten zwischen dem 25- %- und 75-%-Quartil ergibt[251]. Auf eine Grundsatzdiskussion, ob eine Interquartilsbandbreite überhaupt eine sachgerechte Bandbreiteneinengung darstellt, wird an dieser Stelle verzichtet. Letztlich hatten die USA dies vor einigen Jahrzehnten vorgeschlagen und die OECD und andere Länder haben es übernommen, wenngleich Alternativen[252] zulässig sind. Aus pragmatischer Sicht kann man festhalten, dass somit immerhin ein gewisser gemeinsamer Nenner/Standard etabliert wurde.
  • Liegt weder eine uneingeschränkte noch eine eingeschränkte Vergleichbarkeit vor, ist der sogenannte hypothetische Fremdvergleich anzuwenden.[253] Die Vorstellung des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung ist, dass durch "Nachdenken" und "Glaubhaftmachung" ein Einigungsbereich gefunden wird, auf den sich zwei gedachte ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter durch eine Verhandlung wie unter fremden Dritten geeinigt hätten. Unsicherheiten bei der Preisfindung und Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung sind also vorprogrammiert. In der Praxis ist der Ansatz des hypothetischen Fremdvergleichs in Deutschland hauptsächlich im Rahmen der Transferpaketermittlung als Folge einer Funktionsverlagerung relevant. Für weitere Details wird daher auf Teil B, Kapitel 14.2 verwiesen, in dem dieses Thema abgehandelt wird.

Es entspricht internationalem Verständnis, dass jeder VP innerhalb einer fremdüblichen Bandbreite (uneingeschränkt oder eingeschränkt) als angemessen gilt. Dies hatte auch der BFH[254] bestätigt. In Folge dieses Urteils hat der deutsche Gesetzgeber für die Jahre 2008 ff. nachgebessert und die Korrekturvorschriften zum Nachteil der Steuerpflichtigen geändert – was mangels internationaler Abstimmung zu Streitigkeiten und Verständigungsverfahren führt.

Zieht man aus den obigen Aussagen den Umkehrschluss, bedeutet dies, dass VP zu korrigieren sind, wenn sie sich nicht innerhalb einer fremdüblichen Bandbreite bewegen. Dies ist profiskalisch zu verstehen. Nur inländische VP-induzierte Gewinnminderungen werden gem. § 1 Abs. 1 S. 1 AStG steuerlich korrigiert. D. h., "außerhalb einer fremdüblichen Bandbreite" im obigen Sinne bedeutet

  • eine zu geringe Marge der Inlandsgesellschaft oder
  • eine zu hohe Marge der Auslandsgesellschaft bzw.
  • ein zu hoher Einkaufs-VP oder
  • ein zu niedriger Verkaufs-VP einer Inlandsgesellschaft.

Hat eine deutsche Gesellschaft aufgrund unangemessener VP "zu viel" Gewinn erzielt, ermöglicht zumindest § 1 Abs. 1 AStG keine Korrektur zugunsten des deutschen Steuerpflichtigen.

In welchen Fällen und in welcher Höhe unangemessene VP zu korrigieren sind, soll an folgendem Beispiel erläutert werden, auf das sich die nachfolgenden Grafiken "Variante 1" bis "Variante 4" beziehen:

 

Beispiel: Korrektur unangemessener Verrechnungspreise

Die deutsche DE AG agiert als Produzent und veräußert Fertigprodukte an die französische Schwestergesellschaft FR SARL zum Weitervertrieb.

Fall A: Der tatsächlich gebuchte VP beträgt 105 EUR je Produkt

Fall B: Der tatsächlich gebuchte VP beträgt 80 EUR je Produkt

Bei den folgenden Abbildungen ist unter "günstige Korrektur" zu verstehen, dass auf einen für den Steuerpflichtigen günstigsten Wert/VP korrigiert wird. Damit ist gemeint, dass der tatsächliche VP unangemessen niedrig war und die Betriebsprüfung eine VP-Anpassung auf den geringsten fremdüblichen VP einer Bandbreite durchführt. D. h., die Gewinnerhöhung ist für den Steuerpflichtigen so gering wie möglich. Dies entspricht der Rechtslage von vor 2008 und auch der BFH-Rechtsprechung[255], die jeden Wert innerhalb einer Bandbreite (also auch den für den Steuerpflichtigen Günstigsten) für angemessen beurteilt hat.

Unter "ungünstige Korrektur" ist zu verstehen, dass auf einen für den Steuerpflichtigen ungünstigsten Wert/VP korrigiert wird. Dies gilt u. U. seit 2008 und wird in § 162 Abs. 3 S. 2 AO so formuliert: "… kann dieser Rahmen zulasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden". Gemeint ist, dass die Betriebsprüfung den höchsten Wert/VP einer fremdüblichen Bandbreite für die VP-Anpassung wählen darf. Dies führt zu einer möglichst hohen Gewinnerhöhung für den Steuerpflichtigen.

Die nach...

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