2.1 Die Manage to Green-Strategie für Produkte

Auf der UN-Klimakonferenz 2015 einigten sich 197 Mitgliedsstaaten auf ein neues Klimaschutzabkommen. Darin wurde vereinbart, dass der Kohlendioxidausstoß bis 2030 um 65 % gesenkt werden soll. Bis 2040 sollten diese um 88 % gesenkt werden. Das hat auch Auswirkungen auf die Produkte der Unternehmen. Zu erreichen ist das Ziel nur mit einem konsequenten "Manage to Green"- oder "Net-Zero-Transition"-Ansatz, welcher das gesamte Unternehmen und dessen Produkte umfasst.

Der "Manage to Green"- oder "Net-Zero-Transition"-Ansatz verfolgt das Ziel, das gesamte Portfolio in ein nachhaltiges Portfolio zu transformieren. Gerade Finanzunternehmen und Fondsgesellschaften verfolgen für ihre Produkte zunehmend eine "Manage to Green"- oder "Net-Transition"-Strategie, mit dem Ziel bis spätestens 2050 nur klimaneutrale Firmen oder Assets im Portfolio zu haben. Die damit verbundenen Anforderungen der Finanzunternehmen und Investoren sowie das Klimaschutzabkommen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfordern es, dass auch Unternehmen ihre Produkte konsequent klimaneutral entwickeln.

2.2 Die agile ESG-Produkt-Transformation mit Design Thinking

Produkte nachhaltig zu entwickeln bedeutet:

  • existierende Produkte klimaneutral und nachhaltig weiterzuentwickeln oder
  • klimaneutrale und nachhaltige Produkte neu zu entwickeln.

Hier sind häufig Schnelligkeit und das Einbeziehen der Stakeholder von Bedeutung. Das gelingt mit agilen Management-Ansätzen wie Design Thinking.

Design Thinking ist ein Denkansatz und ein intuitiver und menschzentrierter Problemlösungszyklus. Es fördert das Problemverständnis und die Lösungsfindung durch schnelle Iterationen und Experimente. Die Experimente werden zu Beginn mit einfachen Prototypen erläutert und getestet. Das ermöglicht ein schnelles Lernen, was wiederum zu früherem Erfolg führt. Das Motto ist "Fail often to succeed sooner". In den Iterationen wird die Idee oder das Konzept mit dem Kunden/Nutzern/Stakeholdern getestet, verworfen oder angepasst und weiterentwickelt.

In Abb. 6 ist der Prozess in Kombination mit dem 4D-Modell und dem Double Diamond-Modell erklärt. Ein "Diamant" bildet dabei die Kombination von divergierendem und konvergierendem Denken. Der Name "Double Diamond" wurde 2005 vom British Design Council geprägt und wird seither breit genutzt.[1]

Abb. 6: Der Design Thinking Prozess und das 4D-Modell

Das Ziel ist, einen Fit zwischen ESG-Problem und ESG-Kunden (Problem-Kunden-Fit) und einen Fit zwischen ESG-Problem und ESG-Lösung (Problem-Lösungs-Fit) zu erzielen. Der Fokus liegt auf den Menschen und potenziellen Nutzern einer Lösung. Erfolgreiche Problemlösungen und Innovationen erfüllen die Bedürfnisse des Kunden/Nutzers (Wünschbarkeit). Weiterhin muss die Lösung rentabel (Wirtschaftlichkeit) und technisch machbar sowie umsetzbar (Machbarkeit) sein.

Lewrick[2] empfiehlt am Ende jeder Iteration (des Mikrozyklus) und auch des Makrozyklus eine Reflexion (laufende Lessons Learned) durchzuführen. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Verbesserung auf Ebene des Projektinhalts (z. B. hard facts, inhaltliche Ebene, Kundenbedürfnisse, Finanzen, Lösung) und der Soft facts (z. B. Zusammenarbeit im Team, Methodenwahl und -Anwendung). Auch kann in der Reflexion die ESG-Thematik sehr gut integriert und geprüft werden, ob das Konzept nachhaltig ist und ob ein positiver Impact über die gesamten Produktlebensdauer erreicht werden kann.

In Abbildung 7 ist der gesamte Prozess, inkl. der möglichen Iterationen, Feedback-Loops sowie der Reflexion mit Fokus auf ESG näher erläutert.

Abb. 7: Der agile New Product Process mit Design Thinking

Bei Neuentwicklungen werden die Nachhaltigkeit des Angebots und die ESG-Themen vollumfänglich integriert. Der gesamte Produktlebenszyklus wird betrachtet[3], so dass die Nachhaltigkeit über den gesamten Lifecycle verbessert wird. Idealerweise kann dabei Net-Zero angestrebt werden. Die Entwicklung orientiert sich an der Nachhaltigkeit der Produkte, Systeme, Infrastrukturen und Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg (Ecodesign).

Ecodesign fördert die Integration von ESG-Aspekten in Produktdesign und -entwicklung. Mittels eines intelligenten Einsatzes der verfügbaren Ressourcen wird ein möglichst großer Nutzen für alle beteiligten Akteure (entlang der Wertschöpfungskette) bei minimaler Umweltbelastung und unter sozial fairen Bedingungen angestrebt. Studien belegen schon lange, dass mindestens 80 % der Umweltauswirkungen und Kosten eines Produktes durch das Konzept und die Gestaltung des Produktes bestimmt werden[4]. Für die Produkte werden nachhaltige Materialien eingesetzt, die entweder biologisch abbaubar sind oder mit einem Cradle-to-Cradle-Ansatz in den technischen Kreislauf zurückgeführt und einfach recycelt werden können[5]. Häufig muss auch das Geschäftsmodell angepasst werden.

[1] Ball, 2019. Eine detailliertere Beschreibung des Prozesses findet sich bei Lewrick et al., 2018, eine Zusammenfassung bei Heller-Herold/Link, 2021d.
[2] et. al., 2019.
[3] Zimmermann, 2021.
[4] Hopfenbeck/Jasch, 1995.
[5] Braungart/McDonough, 2014.

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