Net Working Capital = kurzfristige Finanzierungsfähigkeit

Eine weitere wichtige Kennzahl für Handelsunternehmen stellt das Net Working Capital (NWC) dar, da es die kurzfristige Finanzierungsfähigkeit widerspiegelt. Da das Net Working Capital aber keine direkte Verbindung zu kurzfristigen Erfolgskennzahlen aufweist, ist diese Kennzahl nicht allen operativen Managern geläufig.

Cash Conversion Cycle

Das Net Working Capital wird daher in einen Cash Conversion Cycle überführt, der sich für eine Steuerung wesentlich besser eignet. Im Folgenden wird daher zunächst der Zusammenhang zwischen dem Net Working Capital und dem Cash Conversion Cycle aufgeführt, ehe dann auf die Ausgestaltung in der Praxis eingegangen wird.

5.1 Net Working Capital und Cash Conversion Cycle

Definition Net Working Capital

Das Net Working Capital (NWC) ist definiert als die Summe der Bilanzpositionen Vorräte und Forderungen aus Lieferung und Leistung, abzüglich der Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung (s. Abb. 10).[1]

Abb. 10: Komponenten des NWC

Umrechnung in vergleichbaren Wert

Ein negatives NWC bedeutet, dass sowohl die Vorräte als auch die Forderungen aus LuL vom Lieferanten finanziert werden. Der negative Betrag steht somit dem Unternehmen zur Finanzierung u. a. des Anlagevermögens zur Verfügung. Das NWC stellt einen absoluten Betrag dar. Für eine Zielsetzung oder für ein Benchmarking von Tochtergesellschaften ist er schlecht geeignet, da seine Höhe im Wesentlichen durch das Geschäftsvolumen und nicht durch die Steuerungsqualität des Managements einer Tochtergesellschaft bestimmt wird. Um die Vergleichbarkeit zu erhöhen, wird daher der absolute Betrag in Tage umgerechnet. Dabei haben sich die in Abb. 11 aufgeführten Bezeichnungen durchgesetzt.[2]

 
  DIO DSO DPO
Bezeichnung Days Inventory Out­standing Days Sales Outstanding Days Payable Outstanding
Übersetzung Lagerdauer Zahlungsziel Kunden Zahlungsziel Lieferanten
Formel = ∅ Vorräte / Waren­einsatz (Cogs) = ∅ Forderungen aus LuL / Umsatz = ∅ Verbindlichkeiten aus LuL / Wareneinsatz
Besonder­heiten   Forderungen stehen mit USt in der Bilanz, Umsatz ist jedoch netto Verbindlichkeiten stehen mit USt in der Bilanz, Wareneinsatz ist jedoch netto

Abb. 11: Details zu Komponenten des NWC

Im sog. Cash Conversion Cycle werden dann die einzelnen Komponenten in Beziehung zueinander gesetzt (s. Abb. 12).

Abb. 12: Cash Conversion Cycle

Für ein Unternehmen ist es vorteilhaft, wenn das Zahlungsziel Lieferanten (DPO) länger ist als die Summe aus Lagerdauer (DIO) und Zahlungsziel Kunden (DSO).

[1] Siehe Ross/Westerfield/Jordan (2008), S. 626-632.
[2] Vgl. Klepzig (2008), S. 48. Zu finden ist auch die Bezeichung "days inventory held" für DIO, "days accounts receivable outstanding" für DSO und "days accounts payable outstanding" für DPO; vgl. Damodaran (2002), S. 48.

5.2 Ausgestaltung in der Praxis

Im Folgenden wird nun aufgezeigt, wie das NWC in Verbindung mit dem im Cash Conversion Cycle dargestellten Zusammenhang in einem Handelsunternehmen geplant und Abweichungen im Vergleich zum Vorjahr analysiert werden.

In Abb. 13 sind die für die NWC-Planung benötigten Annahmen grau hinterlegt. Der Umsatz wird in Handelsunternehmen über unterschiedliche Ansätze geplant:

  • die Einkäufer planen ihren Umsatz pro Warengruppe,
  • das Kundenmanagement plant die Umsätze pro Kundengruppe und
  • die Geschäftsleiter planen die Umsätze je eigenen Store.

Diese Planung stellt einen Input für das NWC-Planungsmodell dar. Einen weiteren Input stellt die geplante Marge dar, da diese indirekt die Cogs und damit sowohl die Vorräte als auch die Lieferantenverbindlichkeiten bestimmt. Eine steigende Marge führt bei sonst gleichbleibenden Annahmen zu einem Anstieg des NWC.

Abb. 13: Beispiel einer NWC-Planung

Für die Planung der Vorräte wird die Entwicklung der Lagerdauer (DIO) sowohl innerhalb eines Landes über mehrere Jahre als auch mit der in Schwesterunternehmen verglichen. Im Rahmen der Budgetplanung wird dann ein Zielwert festgelegt. Die Forderungen aus LuL hängen insbesondere davon ab, wie viele Kunden bar zahlen. Da gewährte Zahlungsziele meist branchenüblich sind, beschränkt sich das Forderungsmanagement meist auf die Sicherstellung der Einhaltung von Zahlungszielen. Die Zahlungsziele mit den Lieferanten werden in den jährlichen Verhandlungen neu festgelegt. Den Einkäufern wird ein Ziel vorgegeben, von dem sie nur bei Erzielung von besseren Einkaufspreisen oder höheren nachträglichen Vergütungen abweichen dürfen. Bei der Planung der (tatsächlichen) Zahlungsziele ist die Tagekonstellation am Quartalsende zu beachten. Ist beispielsweise der reguläre Zahllauf am Dienstag, so ist das tatsächliche Zahlungsziel zwischen 2008 und 2010 um jeweils einen Tag gestiegen. Dies ist in dem NWC-Planungsmodell dadurch berücksichtigt, dass die DPO um einen Tag erhöht werden (s. Abb. 14).

 
  26.12. 27.12. 28.12. 29.12. 30.12. 31.12.
2008 Freitag Samstag Sonntag Montag Dienstag Mittwoch
2009 Samstag Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag
2010 Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag

Abb. 14: Einfluss von Fakturadaten auf die NWC-Pl...

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