In Kapitel 2.1 wurden mit Artikel, Warengruppe, Sortiment, Kunde und Lieferant mehrere Bezugsobjekte genannt, denen Kosten und Erlöse zugeordnet werden können. Es wurde gezeigt, dass eine "falsche" Zuordnung oder Proportionalisierung von Kosten zu Fehlentscheidungen führen kann. Im Folgenden wird zunächst ein "theoretisch richtiges" Verfahren vorgestellt. Dessen genaue Kenntnis offenbart einige in der Praxis übliche Vereinfachungen als Ursache für Fehlentscheidungen. In den in Kapitel 4 vorgestellten Rechnungen werden zwar wieder Vereinfachungen vorgenommen, doch kann dann die Auswirkung auf die Qualität der getroffenen Entscheidung abgeschätzt werden.

3.1 Differenzierung von Einzel- und Gemeinkosten

Nach der Zurechenbarkeit auf einzelne Bezugsobjekte wird in der Kostenrechnung zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten unterschieden.[1] Vom Kostenzurechnungsprinzip hängt es ab, welche Kosten direkt zugerechnet werden können. In der Literatur werden mit dem Verursachungsprinzip, dem Identitätsprinzip, dem Proportionalitätsprinzip und dem Leistungsentsprechungsprinzip verschiedene Kostenzurechnungsprinzipien unterschieden.[2]

Einzelkosten lassen sich einem Bezugsobjekt eindeutig zurechnen

Die Differenzierung in Einzel- und Gemeinkosten hängt von der jeweiligen Fragestellung ab. Einzelkosten sind Kosten, die man dem jeweiligen Bezugsobjekt eindeutig zurechnen kann. Kosten, die sich dem jeweiligen Bezugsobjekt nicht eindeutig zurechnen lassen, sind bezogen auf dieses Bezugsobjekt Gemeinkosten. Sie sind allerdings Einzelkosten jener übergeordneten Gesamtheit von Bezugsobjekten, denen sie gemeinsam zurechenbar sind.

Schlüsselung von Gemeinkosten wird vermieden

Mit der relativen Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung hat Riebel bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Kostenrechnungssystem vorgestellt, in dem Kosten und Erlöse Bezugsobjekten einzeln zugerechnet werden und eine Schlüsselung der Kosten strikt vermieden wird.[3] Die Kosten werden nach dem entscheidungsorientierten Kostenbegriff als "die durch die Entscheidung über das betrachtete Objekt ausgelösten zusätzlichen – nicht kompensierten – Ausgaben (Auszahlungen)"[4] definiert. Es werden somit nur ausgabenwirksame (pagatorische) Kosten erfasst. Erlöse werden definiert als die durch dieselbe Entscheidung wie das betrachtete Objekt ausgelösten noch disponiblen Einnahmen.

[1] Vgl. Coenenberg/Fischer/Günther (2009), S. 63; Schweitzer/Küpper (1995), S. 95-96; Ewers/Wagenhofer (2008), S. 650.
[2] Zu den einzelnen Kostenverursachungsprinzipien vgl. Schweitzer/Küpper (1995), S. 87-91.
[3] Für die weiteren Ausführungen siehe ausführlich Riebel (1994), Coenenberg/Fischer/Günther (2009), S. 217-227, und Schweitzer/Küpper (1995), S. 489-520.
[4] Riebel (1994), S. 427.

3.2 Identitätsprinzip beachten

In der Grundrechnung werden Einzelkosten den Bezugsobjekten zugeordnet

In einer zweckneutralen Grundrechnung werden alle Kosten und Erlöse sowie andere für die Auswertungsrechnungen benötigten Daten erfasst und verschiedenen Bezugsobjekten zugeordnet.[1] Die in der Grundrechnung erfassten Werte können somit gleichzeitig für verschiedene Bezugsobjekte und alternative Rechnungszwecke ausgewertet werden. Die traditionellen Bezugsobjekte Kostenstelle und Kostenträger werden durch eine Vielzahl weiterer Bezugsobjekte wie Artikel, Warengruppen, Kunden, Absatzwege, Absatzgebiete, Vertriebsschienen, organisatorische Einheiten und Projekte ergänzt.

Die Kostenzurechnung erfolgt nach dem Identitätsprinzip, wobei unter Zurechnung die "eindeutig zwingende Gegenüberstellung zweier Größen, z. B. von Kosten und Erlösen untereinander oder in Bezug auf bestimmte Maßnahmen"[2] verstanden wird. Nach dem Identitätsprinzip sind "zwei Größen dann und immer nur dann einander (eindeutig und logisch zwingend) zurechenbar, wenn sie durch dieselbe Entscheidung (Einflussgröße) oder durch dasselbe Bündel von Entscheidungen (Einflussgrößen) ausgelöst werden oder ausgelöst worden sind."[3]

Die Entscheidung wird somit als die eigentliche Erfolgsquelle des Unternehmens angesehen. Zwischen den Entscheidungen und den Bezugsobjekten bestehen enge Verbindungen, da Entscheidungen zur Entstehung oder Vernichtung bestimmter Bezugsobjekte führen. Sämtliche Kosten werden als (relative) Einzelkosten bei dem Bezugsobjekt, das in der Hierarchie betrieblicher Bezugsobjekte möglichst weit unten steht, erfasst und ausgewiesen. Die Einzelkosten eines übergeordneten Bezugsobjektes sind stets Gemeinkosten der untergeordneten Bezugsobjekte.

[1] Vgl. Riebel (1994), S. 154; Coenenberg/Fischer/Günther (2009), S. 220; Schweitzer/Küpper (1995), S. 489.
[2] Riebel (1994), S. 389.
[3] Riebel (1994), S. 100. Vgl. hierzu auch Schweitzer/Küpper (1995), S. 489, und Ewers/Wagenhofer (2008), S. 693.

3.3 Zurechnung der Erlöse

Grundrechnung der Erlöse

In der Grundrechnung der Erlöse werden die Erlöse, Erlösschmälerungen und Erlösberichtigungen entsprechend einer vieldimensionalen Umsatzstatistik nach den für die Planung und Kontrolle des Absatzes relevanten Merkmalen gegliedert.[1] Relevante Merkmale sind u. a. der Artikel, die Warengruppe, die A...

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