Ziel dieser Phase und deren Relevanz: In dieser Phase liegt der Ansatzpunkt darin, bereits im Vorfeld auf den oder die Entscheider einzuwirken, um den nachfolgenden Entscheidungsprozess positiv zu beeinflussen. Die Interventionen zu diesem Zeitpunkt dienen der Information und Aufklärung von nicht erwünschten Outputs und klassischen Stolpersteinen. Die geschieht meist im Rahmen von Workshops, in denen die bekanntesten kognitiven Verzerrungen dargestellt werden bzw. Fragen präsentiert werden, die im Vorfeld kritisch reflektiert werden sollten. Das Ziel ist, ein allgemeines Bewusstsein für das Thema zu schaffen und für (Fehl-)verhalten zu sensibilisieren.

Herausforderungen: Jedoch ist mit diesem Schritt allein noch keine gute Entscheidung garantiert: Das alleinige Wissen um die Fülle an Effekten, die zu Fehlentscheidungen führen können, führt nicht automatisch zu besseren Entscheidungen. Wie Arkes (1981) schon früh drastisch anmerkt: "One technique that has proven to be absolutely worthless is telling people what a particular bias is and then telling them not to be influenced by it [...]" (S. 326). Es zeigt sich in der Praxis jedoch, dass viele Entscheidungsinterventionen genau in dieser ersten Phase stehen bleiben. Trotz alledem ist diese Stufe ein wichtiger Schritt, um die Relevanz des Themas im Unternehmen zu verdeutlichen und damit eine wichtige Voraussetzung für die nachfolgenden Phasen.

Interventionen: Die Interventionsphase lässt sich noch wirkungsvoller gestalten, wenn nicht die einzelnen kognitiven Verzerrungen[1] lediglich präsentiert werden, sondern wenn der dahinterliegende Mechanismus verstanden wird. Dabei liegt der Fokus auf der Wirkung der einzelnen Verzerrungen – auf welches Ziel diese also einzahlen. Im Artikel zum psychischen Mechanismus hinter kognitiven Verzerrungen[2] wurde bereits angesprochen, dass viele Verzerrungen eher als Symptome anzusehen sind. Der dahinterliegende Mechanismus ist jener der Bedürfnisregulation. Dabei verlieren Entscheider unbewusst das eigentliche Ziel aus den Augen und fokussieren stattdessen Ziele, die kurzfristig auf der Ebene der Bedürfnisse Vorteile versprechen. Langfristig stellt sich dann aber heraus, dass Optionen gewählt und Maßnahmen ergriffen wurden, die dem kurzfristigen Bedürfnisziel und nicht dem langfristigen Sachziel dienten.

Kernfragen, die sich dabei stellen, sind:

  • Was ist bei der Option, die ich wählen möchte, der kurzfristige Vorteil in Bezug auf mein Bedürfnis nach Kompetenz, Bestimmtheit und/oder Affiliation?
  • Steht dies der Erreichung meines langfristigen Sachziels im Wege?

Die vereinfachte Darstellung in Abb. 2 verdeutlicht, wie bei einer Entscheidungsoption Sach- sowie Bedürfnisziel entweder beide gegeben, nicht gegeben sein können oder je nur eines gegeben sein kann. Die Abbildung teilt sich in vier Quadranten.

Abb. 2: Vierfeldermatrix der unterschiedlichen Orientierungen der Entscheidungen[3]

Quadrant 1 beschreibt eine Situation, in der bei einer Entscheidung sowohl Sach- als auch Bedürfnisziel abgedeckt sind – sozusagen eine Win-Win-Situation. Meist entstehen bei einer solchen Situation keine Konflikte. Es kann die Option gewählt werden, die ohnehin beide Ziele befriedigt. Anders stellt sich dies beim Quadranten 2 dar; hier werden durch die Option die Bedürfnisse zwar befriedigt, das Sachziel wird jedoch nicht erreicht. Bei Quadrant 3 wird mit der Entscheidungsoption keines der beiden Ziele erfüllt. Ein Beispiel hierfür wäre der Kunstfehler bei medizinischen Operationen. Quadrant 4 offenbart letztlich das umgekehrte Bild von Quadrant 2. Das Sachziel wird mit der Option erfüllt, nicht jedoch das Bedürfnisziel. Hierunter fallen Optionen der Klasse "in den sauren Apfel beißen"", um langfristig das Sachziel zu erreichen. Der Vorteil dieses Ansatzes ist dabei, dass nicht alle unzähligen Verzerrungseffekte gelernt werden müssen. Der Fokus auf die Wirkung, dass das eigentliche Ziel aus dem Auge verloren wird, bietet einen besseren Ansatzpunkt für den nachfolgenden Entscheidungsprozess. Dabei wird durch das Verdeutlichen der "Orientierung" der Optionen für einen etwaigen Zielwechsel sensibilisiert.

[1] Insgesamt gibt es davon über 100; für eine gute Taxonomie siehe Carter/Kaufmann/Michel, 2007.
[3] Domeier, 2020.

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