Eines wissen wir bislang sicher: Die meisten von Krisen betroffenen Unternehmen sind sehr anfällig für die wirtschaftlichen Folgen bzgl. der staatlich auferlegten Isolierungsmaßnahmen. Auch ohne jegliche Prognosemodelle gibt es zwei praktische Schritte, um weiterzukommen:

  1. Ein designiertes Planungs- bzw. Krisenteam sollte sehr regelmäßig den aktuellen Status quo erfassen und die Situation inkl. der Auswirkungen gegen das eigene Unternehmen spiegeln.
  2. Das Team sollte sich nicht nur mit dem aktuellen Zeithorizont befassen; unterschiedliche Sub-Teams sollten sich ebenfalls mit mittel- und langfristigen Zeithorizonten befassen.

Dieses Team – eine Art spezialisierter Krisenstab – sollte unbedingt mit einigen Mitarbeitern aus dem Controlling oder dem Analytics-Bereich besetzt werden (Hinweis: Ein zusammenfassender Überblick zu den Krisenteams kann Abb. 10 entnommen werden). Hier sollte externe Hilfe nicht gescheut werden. Hauptaufgabe des Krisenteams ist es, einen strategischen Krisen-Maßnahmen-Plan zu entwickeln, der die Entscheidungsfindung von Führungskräften beschleunigt und lenken soll. Zu diesem Plan gehören bspw. die Ausgestaltung unterschiedlicher Szenarien und Handlungsempfehlungen. In jedem Fall sollte die Unsicherheit über geplante Vorhaben und Maßnahmen reduziert werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es nicht darum geht, welche Szenarien am wahrscheinlichsten eintreten, sondern vielmehr darum, auf den Eintritt aller Möglichkeiten vorbereitet zu sein. Gerade das Ausblenden von (v. a. negativen) Extremfällen führt hier nur zu einem Pauschalisieren von Prognosen. Das ist ein Grund, warum viele Prognose-Modelle häufig scheitern. Wir empfehlen – abhängig vom Krisenausmaß und der Daten- bzw. Mitarbeiterverfügbarkeit – drei bis vier Szenarien zu entwickeln.

In einem nächsten Schritt sollten die prognostizierten Szenarien auf die Unternehmensrealität übertragen werden, d. h., dass der Krisenstab dem Unternehmen einer Art Performance- oder Stress-Test unterzieht. Dabei geht es besonders um die Auswirkungen der Szenarien auf die Geschäftsergebnisse. Hier sollte identifiziert werden, an welcher Stelle oder an welchem Prozess das Unternehmen am Gefährdetsten ist, aber auch, welche Prozesse sich als widerstandsfähig erweisen. Daraus schlussfolgernd lässt sich ein Worst-Case-Szenario ableiten, das in jedem Fall quantifiziert werden sollte.

Die Entwicklung unterschiedlicher Szenarien bringt unmittelbare Vorteile mit sich: die potenziellen Auswirkungen der Krise und die teils "chaotischen" Zustände lassen sich jetzt formalisieren und damit in einen überschaubaren Rahmen transferieren. Zur möglichst genauen Vorhersage eintretender Szenarien könnten hier bspw. KPIs entwickelt werden, die als eine Art Trigger-Punkte frühzeitig aufmerksam machen können. Diese frühzeitigen Signale werden besonders dann relevant, wenn man sie vor dem Hintergrund der späten Reaktionen von Unternehmen auf Krisen reflektiert.

Abb. 10: Fokus: Krisenteams

Zusätzlich zu den Worst-Case-Szenarien sollten Unternehmen potenzielle "Black-Swan"-Bedrohungen definieren und sie als Hauptbedrohungen markieren: Dies sind unvorhersagbare Ereignisse, deren Eintritt extrem unwahrscheinlich erscheint, aber existenzbedrohende Auswirkungen hätten. Diese Black-Swan-Bedrohungen sollten durch brancheneigene und branchenexterne Analysen regelmäßig untersucht werden; möglicher Auslöser für solche Ereignisse sollten festgelegt werden sowie ein wahrscheinlich folgendes Krisenszenario. Wir wollen hier nicht unerwähnt lassen, dass es durchaus lohnenswert sein kann, die unterschiedlichen Krisen-Szenarien und Bedrohungen in die Themenfelder "Ergebniskrise", "Liquiditätskrise" und "Existenzkrise" zu kategorisieren.

Erst die drohende (oder bereits eingetroffene) Existenzgefährdung ist dann der Grund Gegenmaßnahmen einzuleiten – dies dann unter immensem Zeitdruck. Das macht es umso wichtiger, dass das Controlling nach Krisen das Gelernte zusammenfasst und als Information oder Action Plan zur weiteren Krisenprävention bereitstellt. Im Gegensatz zu der aktuellen Corona-Krise lassen sich oftmals Krisen auch nicht auf eine bestimmte Ursache zurückführen; man charakterisiert sie deshalb als ambig.[1]

[1] Thießen, 2013.

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