Das Investitionscontrolling umfasst die auf die Erreichung der Unternehmensziele aus-gerichteten Teilaufgaben der Investitionsplanung, -durchführung und -kontrolle[1]. Ändert sich hierbei die grundsätzliche Methodik der Bewertung nicht, so unterliegen deren Parameter nun veränderten Rahmenbedingungen durch die Servitization. Neben den durch sie ermöglichten neuen Geschäftsmodellen ist dies insbesondere die zunehmend lebenszyklusorientiere Betrachtung des Investitionsguts als Produkt-Service-System sowohl aus Hersteller-, als auch aus Kundensicht. Gleichzeitig führt die Ergänzung von Dienstleistungsanteilen zu erhöhten Unsicherheiten im Rahmen der Investitionsplanung.

[1] Graumann, 2014.

4.2.1 Rahmenbedingung 1: Lebenszyklusorientierte Kostenbetrachtung

Der Lebenszyklus von Investitionsgütern reicht von der Planung über die Entwicklung/Konstruktion, die Herstellung/Errichtung, die Inbetriebnahme, den Betrieb, ggf. einen Umbau oder die Optimierung bis hin zur Entsorgung oder auch einer möglichen Wiederaufbereitung und dem Wiederverkauf, mithin also über eine Vielzahl an Betrachtungsperioden[1]. Obgleich in der Vergangenheit bereits produktbegleitende Dienstleistungen von Herstellern angeboten wurden, lag deren Konzentration bei der Bewertung der Vorteilhaftigkeit zumeist auf den ersten Phasen des Lebenszyklus. Die eigentlichen Anschaffungskosten (CAPEX) machen bspw. bei einer Werkzeugmaschine hingegen nur ein Drittel der Lebenszykluskosten bzw. Total Cost of Ownership (TCO) aus. Allein die Kosten für die produkt-zentrierten Dienstleistungen Instandhaltung und Wartung (wesentliche Teile des OPEX) summieren sich im Laufe einer zehnjährigen Betriebsphase auf weitere rund 35 % der gesamten Lebenszykluskosten und liegen damit bereits in der Größenordnung der eigentlichen Maschinenbeschaffung[2].

Abb. 17: Prognose der Lebenszykluskosten gemäß VDMA Einheitsblatt 34160[3]

Diese Ausdehnung auf eine lebenszyklusorientierte Betrachtungsweise macht zur Bewertung folglich eine dynamische Investitionsrechnung notwendig, die sowohl aus Anbieter- als auch aus Kundensicht erfolgen sollte. Der VDMA schlägt zur Prognose mit seinem Einheitsblatt 34160 die in Abb. 17 dargestellten Kostenblöcke für eine einheitliche Berechnungsgrundlage vor. Einzelne Investitionsgüteran¬bieter gehen dabei noch weiter und stellen ihren Kunden eine eigene TCO-Berechnung schon im Rahmen der Investitionsentscheidung – z. T. sogar im wettbewerblichen Vergleich – zur Verfügung. Hierbei finden produktzentrierte, produkt-verkaufsbegleitende und beratungsbegleitende Dienstleistungen des 1. Transformations-schrittes der Servitization Berücksichtigung.[4]

[1] Freund, 2010.
[2] Abele/Dervisopoulos/Kuhrke, 2009.
[3] Nach Lay & Radermacher, 2005.
[4] Vgl. bspw. der TCO-Rechner von John Deere: https://tools.deere.com/john-deere-total-cost-of-ownership/de_DE/.

4.2.2 Rahmenbedingung 2: Geschäftsmodelle integrierter Lösungen

Im 2. und im 3. dargestellten Transformationsschritt der Servitization werden zudem neue Geschäftsmodelle realisierbar (s. Abb. 18). Die 2. Stufe der Transformation basiert bereits auf unterschiedlichen Varianten von Dienstleistungsverträgen. Vertragsbasierte Formen reichen von Inspektionsverträgen, bei denen sich der Hersteller lediglich verpflichtet, die Funktions-fähigkeit des Investitionsobjekts zu überprüfen, bis hin zu Full-Service-Verträgen; bei Letzteren garantiert der Hersteller eine umfassende Verfügbarkeit von Servicetechnikern bis hin zu Mindestverfügbarkeiten[1]. Auf derartigen Verfügbarkeitsgarantien basieren schließlich auch die industriellen Betreibermodelle der 3. Stufe integrierter Lösungen. Hier verschwimmt nun die Grenze zwischen physischem Produkt und Dienstleistungen komplett.

Abb. 18: Neue Geschäftsmodelle im Rahmen der Service-Transformation Erweiterung[2]

In diesen Betreibermodellen kann der Investitionsgüterhersteller dann das gesamte operative Geschäft einschließlich der Assets nach den Prinzipien "pay per use" bzw. "pay per performance" übernehmen (s. auch Praxisbeispiel TRUMPF/Munich RE). Derartige Geschäftsmodelle weichen daher z. T. stark von traditionellen Ein- und Auszahlungsströmen im Investitionsgütergeschäft ab. Vier grundlegende Servitization-Geschäftsmodelle lassen sich hier unterscheiden[3]:

  1. Das funktionsorientierte Geschäftsmodell Dem Kunden wird die Funktionsfähigkeit durch die Integration von produktbegleitenden Dienstleistungen garantiert. Zu Beginn der Betriebsphase findet jedoch nach wie vor ein Eigentumsübergang statt. Dienstleistungen werden i. d. R. einzeln über einen Wartungsvertrag o. ä. abgerechnet. Ein- und Auszahlungsströme unterscheiden sich somit wenig vom traditionellen Investitionsgütergeschäft mit produktbegleitenden Dienstleistungen.
  2. Das verfügbarkeitsorientierte Geschäftsmodell Der Anbieter garantiert neben der Funktionsfähigkeit zudem die Einsatzfähigkeit. Hierzu übernimmt er weitergehend Geschäftsprozesse des Kunden. Anlagen können im Eigentum des Anbieters verbleiben oder auf den Kunden übergehen. In Abhängig-keit hiervon ist das Erlösmodell zu wählen, das nach Zeit- oder Produktions¬menge gestaltet werden kann. Die Leistun...

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