Auch wenn viele Controller bereits visionär denken, handeln sie aktuell oft noch nach "alter Manier". Sie hängen regelrecht in etablierten Planungsprozessen fest, obwohl sie sich deren Ineffizienz und teils sogar Überflüssigkeit bewusst sind. Z. B. bringen Controller aus dem Benchmarking-Kreis an, dass so manche mühsam erarbeitete Planung in volatilen Zeiten obsolet wird, bevor sie zum Tragen kommt. Die Benchmarking-Studie gibt einen guten Aufschluss über den Status Quo der zentralen Planungsprozesse bei den beteiligten Unternehmen.

2.2.1 Status quo strategischer Planung

Die strategische Planung ist häufig noch nicht als Prozess in den Unternehmen etabliert. In manchen Unternehmen gibt der CEO oder Eigentümer die Strategie vor, die Controller liefern lediglich notwendige Zahlen. In anderen Unternehmen ist die Strategieplanung ausgelagert in Business Development Abteilungen. Dabei sollte das Controlling eine "führende Moderatorenrolle" im Rahmen der strategischen Planung einnehmen.[1]

Dazu ist es in vielen Fällen erst im Rahmen der Corona-Krise gekommen. Die Befragten berichten, dass Geschäftsführung und Controller, angestoßen durch die Krise, regelmäßig eng zusammengearbeitet haben, um datenbasiert strategische Entscheidungen zu treffen.

Aus diesen positiven Erfahrungen entwickelt sich derzeit der Anspruch an einen neuen Status Quo im Controlling. Dieser soll von einem definierten Prozess der strategischen Planung geprägt sein, der eine enge Verzahnung der Controlling-Abteilung und der Geschäftsführung vorsieht. Eine inhaltliche Orientierung zur Weiterentwicklung bzw. Neugestaltung könnte das IGC-Controllingprozessmodell und hier insbesondere der Hauptprozess der strategischen Planung geben.[2]

[1] Eiselmayer et al., 2017, S. 29.
[2] Eiselmayer et al., 2017, insbesondere S. 29ff.

2.2.2 Status quo operativer Planung

Für die operative Planung hingegen sind meist bereits Prozesse etabliert, die sich in ihrer Ausprägung unterscheiden. Dabei haben die Planungsprozesse häufig einen Bottom-up Ansatz gemein. Die zentrale Controlling-Abteilung nimmt die Funktion des Konsolidierers, Überprüfers und Vermittlers ein. Die Controller konsolidieren die Daten, die sie aus den verschiedenen Abteilungen erhalten. Meist wird eine Art "Sanity Check" durchgeführt, in dem die erhaltenen Daten kritisch überprüft werden.

Letztendlich werden diese Daten i. d. R. kommentiert und zusammen mit weiteren Planungsdetails der Geschäftsführung vorgestellt. In speziellen Tagungen wird die Planung schließlich offiziell verabschiedet und erlaubt dann meist keine Anpassungen mehr.

Die Schwächen des vorherrschenden Status quos wurden in der Corona-Krise offengelegt. Viele Unternehmen beschreiben in der Benchmarking-Studie, wie ihre gesamte Planung überholt und damit die Arbeit mehrerer Monate wertlos wurde. Somit forderte die Krise sämtliche Unternehmen heraus, ihre Planungsprozesse von heute auf morgen radikal zu verändern. Damit wuchs die Bedeutung von agiler Planung, die direkte Anpassungen erlaubt.[1]

Es wurde zunehmend relevant, monatliche IST-Daten einfließen zu lassen, um aussagekräftige Szenarien und Forecasts zu entwickeln. Hierfür haben sich manche Controller, was auch selbstverständlich für einen Business Partner sein sollte, stärker in die relevanten Dimensionen (Kundenstrukturen, Entwicklung an den Beschaffungsmärkten etc.) eingearbeitet, um ein besseres Verständnis für potenzielle Szenarien zu entwickeln.

Nur wenige Unternehmen hatten jedoch die Tools, um entsprechend agil zu planen. Damit stecken sie heute in einem zentralen Dilemma: der aktuelle Status quo ist überholt, eine neue Version jedoch noch nicht verfügbar. Dennoch herrscht Einigkeit darüber, dass der vorherrschende Status Quo aufgebrochen werden muss. Die digitale Transformation möchten deshalb alle Unternehmen in der Benchmarking-Studie vorantreiben.

[1] Schall, 2022, S. 34ff. sowie die Beiträge in diesem Buch.

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