Das traditionell margenträchtige Servicegeschäft mit Ersatzteillieferungen und Wartungsarbeiten trägt im Maschinenbau nach wie vor zu einem großen Teil der Umsätze und Gewinne bei, steht jedoch aufgrund der Standardisierung bei Ersatzteilen und Wartungsprozessen mehr und mehr unter Margendruck. So ist der erste Ansprechpartner häufig nicht mehr der OEM-Anbieter, sondern vielmehr der günstigere Drittanbieter. In der Folge müssen sich Maschinenbauunternehmen stärker auf innovative Dienstleistungen, wie z. B. Remote Monitoring, Leistungssteigerungsupdates oder Refits vorhandener Anlagen sowie Beratungsdienstleistungen fokussieren.[1]

Produktbegleitende Dienstleistungen als Anreicherung zum Sachgut sind ein erster Schritt auf diesem Weg. Der Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie definiert produktbegleitende Dienstleistungen wie folgt: "Produktbegleitende Dienstleistungen werden im Zusammenhang mit der industriellen Fertigung von Geräten, Systemen und Anlagen erbracht und ermöglichen dem Anwender deren spezifische Nutzung."[2] Bei diesem Ansatz treten neben

  • produktbezogene Dienstleistungen, die mit dem Sachgut in einem engen physischen Zusammenhang stehen, wie z. B. die Wartung und Instandhaltung,
  • auch zusätzliche Dienstleistungen, die in einem engen ökonomischen und organisatorischen Zusammenhang stehen, wie z. B. Beratung und Projektierung, Schulung der Kunden oder sogar die Finanzierung des Investitionsguts.

Abb. 2: Grenzen zwischen Sach- und Dienstleistungen verschwimmen[3]

Noch weitergehender ist dann die Gestaltung hybrider Leistungsbündel (HLB), eine neue Wertschöpfungsform, bei der die Produkt- und Dienstleistungsbestandteile hoch integriert angeboten werden (s. Abb. 2). Bei diesen Leistungsbündeln ist eine Unterteilung zwischen Sach- und Dienstleistung kaum mehr möglich. Vielmehr steht die kundenindividuelle Problemlösung im Vordergrund der Betrachtung, weil Kunden keine Güter, sondern Lösungen für ihre Probleme oder Prozesse nachfragen.

Ein hybrides Leistungsbündel ist eine Kombination von speziell aufeinander abgestimmten Sach- und Dienstleistungen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet sind. Es ist dabei durch die integrierte systematische Planung, Entwicklung, Erbringung und Nutzung von Sach- und Dienstleistungsanteilen bzw. -modulen gekennzeichnet.[4] Das HLB begründet damit ein neues Produktverständnis, bei dem auch dem Kunden als externem Faktor des Dienstleistungsprozesses eine stärkere Rolle zufällt. Durch die intensivere Kooperation zwischen Anbieter und Kunden über den gesamten Lebenszyklus des Produktes ergeben sich so veränderte Eigentums- und Verantwortungsverhältnisse und damit neue Geschäftsmodelle für den Anbieter von Investitionsgütern.[5]

Der Begriff Smart Services bezeichnet schließlich datenbasierte, individuell konfigurierbare Angebote aus Dienstleistungen, digitalen Diensten und Produkten, die über Plattformen organisiert werden.[6] Werden die Sachleistungen des HLB zu Cyber-Physischen Systemen, also mit Sensorik angereichert und mittels Datenverbindungen vernetzt, können über Plattformen Smart Services (Smart HLB) angeboten werden. Der Plattformbetreiber, z. B. das Investitionsgüterunternehmen, realisiert dazu ein in Abb. 3 dargestelltes Ökosystem, ggf. mit weiteren Netzwerkpartnern. Somit sind nicht nur (datenbasierte) Dienstleistungen aus dem eigenen Produktportfolio verfügbar, sondern auch solche von Drittanbietern, wie z. B. – in der Landmaschinenindustrie mittlerweile üblich – Wetterdienste, Versicherungsanbieter oder Saatguthersteller. Der Investitionsgüterhersteller als Plattformbetreiber hat dabei die Aufgabe, die Ertragsmechanik des Geschäftsmodells festzulegen und hierbei eine Bewertung des HLB vorzunehmen. Bevor auf den Bewertungsansatz eingegangen wird, werden nun zunächst lebenszyklusorientierte Geschäftsmodelle von Investitionsgütern betrachtet.

Abb. 3: Hybride Dienstleistungen als Smart Services[7]

[1] Zu diesem Ergebnis kam bereits 2014 die Studie "Evolution of Service" von Roland Berger Strategy Consultants.
[2] Opfermann, 2004, S. 270 f.
[3] Nach Meier/Uhlmann, 2012, S. 4.
[4] Vgl. hierzu Burianek/Ihl/Bonnemeier/Reichwald, 2007, S. 6; Meier/Uhlmann, 2012, S. 5; Steven/Grandjean, 2017, S. 483.
[5] Vgl. Meier/Uhlmann, 2012, S. 5.
[6] Vgl. Fraunhofer IAO.
[7] In Anlehnung an Moser/Wecht/Gassmann, 2016, S. 82.

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