Zusammenfassung

 
Überblick
  • Eine dienstleistungsbasierte Marktbearbeitung hilft den Anbietern von Investitionsgütern, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
  • Bei umfassender Integration der Sach- und Dienstleistungen des Investitionsprodukts führt dies zu hybriden Leistungsbündeln, bei denen die Grenzen zwischen beiden Leistungsformen verschwimmen. Hier steht dann die Lösung des Problems des Kunden im Vordergrund.
  • Hybride Leistungsbündel führen zu lebenszyklusorientierten Geschäftsmodellen, bei denen sich die Ein- und Auszahlungsströme stark von denen des traditionellen Investitionsgütergeschäfts unterscheiden können.
  • Aus dem Marketing können zur Bewertung dieser Geschäftsmodelle das Konzept des Kundenwertmodells bzw. zur konkreten Berechnung der Customer Lifetime Value adaptiert werden.
  • Mit den Möglichkeiten der Digitalisierung bzw. der Industrie 4.0 können die hybriden Leistungsbündel als Smart Services Teil eines Plattformansatzes werden. Dies ermöglicht einerseits digitale Geschäftsmodelle und andererseits eine umfassende Datenbasis für die vorgestellte Kundenwertberechnung.

1 Neue Möglichkeiten für kundenzentrierte Lösungen

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau steht vor zentralen Veränderungen. Einerseits findet die Differenzierung im globalen Wettbewerb immer weniger durch das physische Produkt bzw. die Sachleistung statt: Standardisierte Sachleistungen mit möglicherweise nur minimalem Serviceangebot sind im umkämpften globalen Markt zeitnah imitierbar. Vielversprechender für die Investitionsgüterunternehmen ist heute hingegen eine dienstleistungsgestützte Marktbearbeitung. Andererseits stellt die Digitalisierung, sowohl der Produktion als auch der Produkte – im industriellen Umfeld unter Industrie 4.0 subsumiert – das Megathema unserer Zeit dar. Cyber-Physische Systeme eröffnen den Unternehmen nicht nur neue Möglichkeiten bei der Steuerung ihrer Produktion, sondern bilden zudem die Basis innovativer Geschäftsmodelle, wie sie im Konsum- oder Informationstechnikbereich schon länger etabliert sind. Die Kombination beider Ansätze, also der Dienstleistungsorientierung (Service-Dominant Logic) bei der Entwicklung neuer industrieller Produkte mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung (Industrie 4.0) und hier insbesondere die Datenerfassung über Sensorik, führt schließlich zu völlig neuen Geschäftsmodellen der Investitionsgüterhersteller, bei denen die Sachleistung (nur noch) Basis des Produktangebots ist.

Im folgenden Beitrag werden zunächst die Herausforderungen einer dienstleistungsbasierten Marktbearbeitung für das Controlling vorgestellt. Darauf aufbauend werden lebenszyklusorientierte Geschäftsmodelle hybrider Leistungsbündel vorgestellt, die unter Industrie 4.0 weiterentwickelt und verfeinert werden können. Für die Bewertung dieser Produkte wird schließlich die Übertragung des Kundenwert-Konzepts auf die Investitionsgüterindustrie vorgeschlagen. Auf Basis von Leistungsmodulkatalogen und vorab vereinbarten Service Level Agreements führt dieses dann zum Customer Lifetime Value und erlaubt somit Aussagen über den Mehrwert eines hybriden Leistungsbündels.

2 Dienstleistungsorientierte Marktbearbeitung als Herausforderung an das Controlling

In der dienstleistungsorientieren Marktbearbeitung steht nicht das Produkt, sondern die Problemstellung des Kunden, z. B. der Transport von Flüssigkeiten von A nach B, im Vordergrund. Der Kunde beurteilt dabei die gesamte Leistung des Unternehmens, also sowohl die Sachleistung als auch die damit verbundene Dienstleistung. Individuell erarbeitete Kundenlösungen mit hochwertigem Service reduzieren die Austauschbarkeit des investiven Produkts und können so zur Vermeidung eines Preiskampfs und damit letztlich erhöhten Gewinnmargen führen.[1] Gleichzeitig führt das Angebot von Dienstleistungen zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen, werden diese doch zwischen den Organisationseinheiten bzw. Mitarbeitern beider Unternehmen (Dienstleister und Kunde) erbracht. So ist bspw. ein guter Instandhalter vor Ort beim Kunden meist der beste Vertriebler. Eine Erhöhung der Kundenbindung und die Kontinuität der Nachfrage sind nur einige der Vorteile dieser Wettbewerbsstrategie, welche die in Abb. 1 dargestellte Dienstleistungslücke schließt.

Abb. 1: Klassische produktzentrierte vs. dienstleistungsgestützte Marktbearbeitung[2]

Das Controlling steht in diesem Kontext vor zahlreichen Aufgaben, die zum einen in der Struktur dieser Produkte, zum anderen in den neuen Geschäftsmodellen, deren Grundlagen diese Produkte bilden, begründet sind. So führt die Verknüpfung von Sach- und Dienstleistungen bei der Leistungserstellung dazu, dass traditionelle Controllinginstrumente aus dem industriellen Bereich mit solchen aus dem Dienstleistungscontrolling kombiniert werden müssen. Bspw. wäre die Produktkalkulation mit ihren klaren Datenstrukturen um ein Verfahren wie die Prozesskostenrechnung mit ihren Adaptionen und eher erfahrungsbasierten Ansätzen zu ergänzen. Ferner stellen die neuen Geschäftsmodelle spezielle Anforderungen an die Berechnung der Wirtschaftlichkeit bzw. des Wertbeitrags von Maßnahmen im Zusammenhang mit Produkt-Service-Kombinationen. Ins...

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