• Fehlentscheidungen, die aufgrund von extern einwirkenden Faktoren entstehen, die außerhalb des Einflussbereichs des Entscheiders stehen oder generell sehr unwahrscheinlich sind, lassen sich schwer verhindern. Sie gehören zum "Grundrisiko" beim Entscheiden dazu.
  • Mit Fehlentscheidungen aufgrund begrenzter Verarbeitungskapazität beschäftigt sich vor allem der Forschungsbereich zu "Human Factors", der besonders im Bereich der Medizin oder der Luftfahrt Anwendung findet.[1] Der letzte Bereich ist von besonderem Interesse. Dieser stellt verhinderbare Entscheidungen dar, die trotz vorliegender Informationen in einer Art und Weise getroffen wurden, dass das ursprüngliche Ziel nicht erreicht wird. Zwei Ursachen für diesen Bereich wollen wir näher betrachten: die Komplexität der Entscheidungssituation sowie während des Prozesses wirkende Effekte, die sogenannten kognitiven Verzerrungen.

Häufig sind beim Entscheiden wichtige Entwicklungen nicht klar identifizierbar. Man kann nicht genau sagen, wie sich der Markt entwickeln oder was der nächste Schritt des Wettbewerbers sein wird. Dies zeichnet bereits den ersten Aspekt, die Intransparenz, aus. Dadurch werden Entscheidungssituationen komplex und schwierig zu bearbeiten. Es gibt verschiedene Annäherungen an das Konstrukt "Komplexität". Wir möchten im Folgenden mit der Aufteilung nach Dörner (2014) und Meck (2013) arbeiten. Nach dieser setzt sich Komplexität aus den in Abb. 2 übersichtlich dargestellten Elementen zusammen. Diese werden im Folgenden näher ausgeführt.

Abb. 2: Merkmale komplexer Entscheidungssituationen[2]

Die Bestandteile der Komplexität

  • Intransparenz: Intransparenz zeigt sich in Entscheidungssituationen dann, wenn einzelne Elemente teilweise oder vollständig nicht erkennbar und relevante Informationen schwer zugänglich sind – generell die Situation also schwer durchschaubar ist. Die Herausforderung liegt in der korrekten Abschätzung wesentlicher Entwicklungen sowie der Beschaffung relevanter Informationen, um die Intransparenz weiter aufzulösen.
  • Vernetztheit: In vernetzten Entscheidungssituationen beeinflussen sich einzelne Elemente gegenseitig. Die Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung haben können. So kann es bei einer Maßnahme zu unerwünschten Neben- und Fernwirkungen kommen, die dem eigentlichen Ziel letztlich sogar zuwiderlaufen können. Die Herausforderung für den Entscheider liegt darin, das Wirkungsgefüge zu identifizieren und eventuell in einem Modell abzubilden.
  • Dynamik: Auch ohne das Eingreifen des Entscheiders entwickelt sich die Situation weiter. In der Folge entsteht Stress und Zeitdruck, eine Entscheidung zu treffen. Das Erkennen solcher Dynamiken ist an sich aber keine Selbstverständlichkeit. Im Gegensatz zu linearen Entwicklungen, die relativ gut einschätzbar sind, verhält es sich bei exponentiellen Entwicklungen komplett anderes. Deren Veränderungspotenzial kann leicht unterschätzt werden. Auch hier kann das Corona-Virus und dessen exponentielle Entwicklung als prominentes Beispiel dienen. Nicht nur sehr schnelle Entwicklungen sind eine Herausforderung, auch besonders langsam ablaufende Prozesse, deren Wirkung durch Puffer verzögert werden (Beispiel Klimawandel), stellen eine Herausforderung dar. Die Herausforderung liegt in der Identifikation der Dynamik sowie in der fortlaufenden Anpassung des Modells an die aktuelle Situation.
  • Menge/Vielfalt: Viele unterschiedliche Elemente können die Orientierung in der Entscheidungssituation deutlich erschweren. Die Herausforderung liegt in der Ordnung und Kategorisierung der Einflussvariablen, um überhaupt einen ersten Überblick zu erhalten. Vor allem in Verbindung mit anderen Merkmalen kann dies die Komplexität spürbar erhöhen, wenn bspw. keine Ordnungslogik vorliegt oder diese erst entwickelt werden muss.
  • Soziale Abhängigkeit: Diese Dimension ist der Vernetztheit ähnlich, bringt aber nochmals eine stärkere soziale Komponente mit ein. In Organisationen kommt es oft darauf an, wie eine Entscheidung getroffen wird, um alle Stakeholder an Bord zu holen (was für den Erfolg der Entscheidung letztlich essenziell sein kann). Dies kann für die handelnde Person zur Folge haben, dass ein hoher Grad an Abstimmung, Einbindung sowie Kompromissen nötig werden kann.
  • Polytelie/Widersprüchliche Ziele: Entscheidungen haben meist nicht nur ein Ziel, sondern mehrere. Diese unterschiedlichen Ziele an sich stellen eine Herausforderung dar, da eine Option gefunden werden muss, die mehrere Ziele erfüllt. Gleichzeitig kann aber auch der Fall vorliegen, dass sich einzelne Ziele widersprechen (bspw. günstiger und in einer höheren Qualität produzieren). Der handelnde Akteur muss dabei Ziele balancieren, hierarchisieren, gewichten und gegebenenfalls Prioritäten setzen.

Komplexität, zusammengesetzt aus den beschriebenen Faktoren, zeigt sich in Summe als erschwerende Rahmenbedingung für Entscheidungsprozesse. Intransparenz und Vernetztheit führen beim Entscheider zu Unsicherheit, da nicht klar...

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