Die Aufgabe eines guten Entscheidungsprozesses ist es im Grunde, zum Entscheidungszeitpunkt jene Option auszuwählen, die den zukünftigen Anforderungen bestmöglich begegnet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Prozess der Entscheidung[1] beginnt üblicherweise damit, dass die Entscheidungssituation überhaupt wahrgenommen wird, dass eine Diskrepanz zwischen dem gegebenen und dem gewünschten Zustand besteht und dabei die Suche nach Optionen angestoßen wird, die diese Diskrepanz überbrücken können. Beispiel: Die Mittelfristplanung sieht vor, dass der Umsatz in drei Jahren um 20 % wächst. Der Markt wächst nur marginal, die Umsätze der wesentlichen Produkte waren entgegen der ursprünglichen Planung im letzten Jahr rückläufig. Welche Entscheidungen sind nötig, dass das angestrebte Ziel von 20 % Wachstum innerhalb der drei Jahre erreicht werden kann? Welche Möglichkeiten bestehen, das Wachstum zu generieren? Neue Produkte, neue Märkte, neuer Vertriebsweg wären hier drei mögliche Optionen. Der Prozess endet mit der Auswahl und der Umsetzung einer Option.

Damit die ausgewählte Option den zukünftigen Anforderungen entspricht und die erwünschte Wirkung hat, muss ein möglichst zutreffendes Bild der Situation erstellt werden, in dem Abhängigkeiten sowie Fern- und Nebenwirkungen deutlich werden. Je genauer sich dieses Bild mit den realen Gegebenheiten und zukünftigen Entwicklungen deckt, desto besser kann eine passende Option ausgewählt werden. Das gedankliche, nicht erreichbare Maximum wäre der Blick in die Kristallkugel des Wahrsagers. Da solch ein Instrument nicht vorliegt, versuchen wir uns mit Annahmen über zukünftigen Entwicklungen zu helfen. Auch hier gilt, dass diese Annahmen uns umso besser helfen, je näher sie an der Realität sind.

[1] Nach Dörner, 2014; Pfister/Jungermann/Fischer, 2017. S. 3f.

3.1 Komplexität als störender Einfluss auf den Entscheidungsprozess

Dieser imaginäre Blick in die Kristallkugel fällt im realen Leben leider ziemlich trübe aus. Da man nicht genau weiß, wie sich die Situation entwickeln kann, kann es infolge dessen immer auch zu Fehlentscheidungen kommen.

Abb. 1: Beispielhafte Gründe für das Scheitern von Entscheidungen

Abb. 1 veranschaulicht beispielhaft, warum Entscheidungen scheitern können. Dabei sprechen wir von Entscheidungen, bei denen der Entscheider im Nachhinein sagt, dass deren Ergebnis nicht seinem ursprünglichen Ziel entspricht.

  • Ein Teil der Fehlentscheidungen kommt aufgrund unglücklicher Umstände zustande. Diese lagen extern, also außerhalb des Verantwortungsbereichs des Entscheiders. Er hat, salopp gesprochen, Pech gehabt (extern einwirkende Faktoren).
  • Ein weiterer Teil der Fehlentscheidungen kommt zustande, da der Mensch nur über eine begrenzte Aufnahme- und Speicherkapazität verfügt, weshalb er wichtige Aspekte übersieht oder vergisst (kognitive Limitationen). Auch fehlendes Wissen bzw. fehlende Erfahrung spielen hier als weiterer Grund hinein.
  • Der letzte Teil beschreibt nun Fehlentscheidungen, die mit bestem Wissen und besten Intentionen getroffen wurden, sich aber im Nachhinein als suboptimal herausstellten. Auf diesen Bereich wollen wir uns konzentrieren.

Natürlich gibt es, wie die Abbildung bereits andeutet, auch Mischformen. Auf diese wollen wir hier der Einfachheit halber jedoch nicht näher eingehen.

3.2 Verhinderbare Fehlentscheidungen

  • Fehlentscheidungen, die aufgrund von extern einwirkenden Faktoren entstehen, die außerhalb des Einflussbereichs des Entscheiders stehen oder generell sehr unwahrscheinlich sind, lassen sich schwer verhindern. Sie gehören zum "Grundrisiko" beim Entscheiden dazu.
  • Mit Fehlentscheidungen aufgrund begrenzter Verarbeitungskapazität beschäftigt sich vor allem der Forschungsbereich zu "Human Factors", der besonders im Bereich der Medizin oder der Luftfahrt Anwendung findet.[1] Der letzte Bereich ist von besonderem Interesse. Dieser stellt verhinderbare Entscheidungen dar, die trotz vorliegender Informationen in einer Art und Weise getroffen wurden, dass das ursprüngliche Ziel nicht erreicht wird. Zwei Ursachen für diesen Bereich wollen wir näher betrachten: die Komplexität der Entscheidungssituation sowie während des Prozesses wirkende Effekte, die sogenannten kognitiven Verzerrungen.

Häufig sind beim Entscheiden wichtige Entwicklungen nicht klar identifizierbar. Man kann nicht genau sagen, wie sich der Markt entwickeln oder was der nächste Schritt des Wettbewerbers sein wird. Dies zeichnet bereits den ersten Aspekt, die Intransparenz, aus. Dadurch werden Entscheidungssituationen komplex und schwierig zu bearbeiten. Es gibt verschiedene Annäherungen an das Konstrukt "Komplexität". Wir möchten im Folgenden mit der Aufteilung nach Dörner (2014) und Meck (2013) arbeiten. Nach dieser setzt sich Komplexität aus den in Abb. 2 übersichtlich dargestellten Elementen zusammen. Diese werden im Folgenden näher ausgeführt.

Abb. 2: Merkmale komplexer Entscheidungssituationen[2]

Die Bestandteile der Komplexität

  • Intransparenz: Intransparenz zeigt sich in Entscheidungssituationen dann, wenn einzelne Elemente teilweise oder vollständig nicht erkennbar und relevante I...

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