Konventionen aus der Praxis

Das interne Rechnungswesen unterscheidet sich vom externen Rechnungswesen u. a. dadurch, dass es keinen gesetzlichen Vorschriften unterliegt und die kostenrechnerische Behandlung betrieblicher Vorfälle demnach im Ermessen des Unternehmens liegt. Dennoch haben sich diesbezüglich im Laufe der Zeit eine Reihe allseits befolgter Konventionen ergeben, wie Abb. 6 verdeutlicht.

Abb. 6: Kostenrechnerische Abbildung betrieblicher Leistungen[1]

[1] Coenenberg u. a. (2007), S. 104.

3.1 Aktivierung von Eigenleistungen im externen und internen Rechnungswesen

F&E-Projekte als Kostenträger

Bei Kostenträgern handelt es sich laut Coenenberg um eine "selbstständige Leistungs- bzw. Produkteinheit einer Organisation".[1] Somit können bereits F&E-Projekte als innerbetriebliche Leistungen und damit als eigenständige Kostenträger gesehen werden – eine Betrachtung als Gemeinkosten erscheint weder zwangsläufig noch zweckmäßig. Bei den innerbetrieblichen Leistungen unterscheidet Coenenberg zwischen

  • aktivierbaren Anlagenaufträgen (aktivierte Eigenleistungen) und
  • nicht aktivierbaren Gemeinkostenaufträgen, die über die innerbetriebliche Leistungsverrechnung abgebildet werden.

Aber wozu wird diese eher willkürlich anmutende Grenze zwischen aktivierbaren und nicht aktivierbaren Leistungen gezogen? Selbst das stark durch gesetzliche Vorgaben geprägte externe Rechnungswesen ist hier nicht so strikt und schreibt z. B. nach IAS 38 die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände vor, sofern gewisse Kriterien erfüllt sind. Bei diesen selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen handelt es sich in erster Linie um Entwicklungsprojekte, für die übrigens seit Inkrafttreten des BilMoG im HGB ein Aktivierungswahlrecht besteht.

Kalkulatorische Aktivierung

Im externen Rechnungswesen ist die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände nach IAS 38 faktisch ein Wahlrecht, da Anfangszeitpunkt und somit Umfang der Aktivierung von einer Reihe auslegbarer Kriterien abhängig gemacht werden. Dies führt dazu, dass die Aktivierung der Entwicklungskosten i. d. R. erst relativ spät im Verlaufe eines Entwicklungsprojekts beginnt und auch bilanzpolitische Erwägungen eine Rolle spielen.

[1] Coenenberg u. a. (2007), S. 104.

3.2 "Kalkulatorische" Aktivierung von Entwicklungskosten

3.2.1 Aktivierung während der Entwicklung …

Kalkulatorische Aktivierung

Im internen Rechnungswesen kann demgegenüber die "kalkulatorische" Aktivierung von Entwicklungskosten einheitlich mit Beginn eines jeden Entwicklungsprojekts erfolgen. Da die Kostenrechnung keine Bilanz kennt und man durch diese kalkulatorische Aktivierung vom externen Rechnungswesen abweicht, wird man an dieser Stelle allerdings auf technische Schwierigkeiten der Abbildung im ERP-System stoßen. Eine Diskussion möglicher technischer Lösungsansätze würde an dieser Stelle allerdings zu weit gehen. Abbildung 7 veranschaulicht das Konzept: Mit dem Beginn eines Entwicklungsprojekts wird ein kalkulatorisches immaterielles Anlagegut angelegt, dessen Herstellungskosten die Entwicklungskosten des Projekts sind. Diese beginnen bei null und können auf Basis der Projektkostenrechnung z. B. monatlich dem kalkulatorischen Anlagegut zugeführt werden.

Abb. 7: Aktivierung und Abschreibung von Entwicklungskosten

3.2.2 … und Abschreibung ab Vermarktungsbeginn

Kalkulatorische Abschreibung

Mit Beginn der Vermarktung des Produkts beginnt die kalkulatorische Abschreibung über die Nutzungsdauer des Anlageguts. Diese entspricht der geplanten Vermarktungsdauer. Nun muss noch die Abschreibungsmethodik geklärt werden: Aufgrund des meist in Form einer Glockenkurve verlaufenden Absatzes eines Produkts über den Produktlebenszyklus ist die übliche degressive oder lineare Abschreibung hier nicht zu empfehlen. Vielmehr ist eine Verteilung auf Basis der geplanten Stückzahlen anzuraten. Auf diese Weise fließt in die Kalkulation jedes Produkts ein fester Betrag je Stück ein, der die Entwicklungskosten abdeckt. Allerdings variiert dieser Betrag mit im Laufe eines Lebenszyklus vorgenommenen Änderungen der geplanten Absatzmengen, da sich der jeweilige Restbuchwert dann auf eine geänderte Stückzahl bezieht (s. Beispiel in Abb. 8). Es ist offensichtlich, dass das Verfahren umso bessere Ergebnisse erzielt, je größer die Genauigkeit der Absatzplanung über den gesamten Produktlebenszyklus ist.

Abb. 8: Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen pro Stück

In der Kostenträgerstückrechnung erfolgt somit eine zwar verursachungsgerechte, aber je nach Situation aufgrund der schwankenden Abschreibungen immer noch mehr oder weniger ungenaue Kostenzuordnung. Anzumerken sei an dieser Stelle allerdings, dass die in der Praxis oft erheblichen "klassischen" kalkulatorischen Abschreibungen ebenfalls auf Annahmen bezüglich der Nutzung der Anlagegüter beruhen und somit die Realität nicht immer exakt wiedergeben. In der Kostenträgerzeitrechnung gleichen sich die Schwankungen mit länger werdenden Betrachtungsperioden immer weiter aus, bis sich diese bei einer Betrachtung über den gesamten Produktlebenszyklus (siehe unten) vollständig eliminieren.

Abgebrochene Entwicklungsprojekte

Leider ist das Problem an dieser Stelle noch nicht gelöst, d...

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