3.1 Grundsatzaufgaben

Der Fokus der finanziellen Unternehmensführung lässt sich wie folgt prägnant beschreiben: "Aufgabe der finanziellen Unternehmensführung ist die Erhaltung der Existenzfähigkeit durch die Sicherstellung der Ertragskraft und der Finanzkraft."[1] Die "Sicherstellung der Ertragskraft" wird klassischerweise operativ mit verschiedenen finanziellen Zielgrößen gemessen (Bilanzgewinn, ROI, EVA etc.), hinter denen meist langfristig strategisch die Zielgröße "Erhöhung des Unternehmenswertes" steht. Diese eine Shareholder-Orientierung wird aber heute in vielen Unternehmen durch eine Stakeholder-Orientierung ergänzt, deren finanzielle Konsequenzen das Finanzmanagement ebenfalls zu integrieren hat. Ein schönes Beispiel hierfür sind "grüne" Kreditfinanzierungen, bei denen die Zinshöhe an ein Nachhaltigkeitsranking gekoppelt ist (s. Konzept des österreichischen Stromkonzerns Verbund AG).[2] Die Sicherstellung der Finanzkraft bedeutet im konkreten die dauerhafte Sicherstellung der Liquidität. "Sie stellt die Kernaufgabe des Finanzmanagements dar", aus der sich 3 Teilaufgaben ableiten lassen.[3]

  • Situative Liquiditätssicherung: Hier geht es um die tägliche Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit durch Abstimmung der Zahlungsströme.
  • Kurz- und mittelfristige Finanzierung: Auf dieser Ebene sind der Kapitalbedarf unter Berücksichtigung von Risiken zu ermitteln und die Finanzierung aus dem freien Innenfinanzierungsvolumen und aus Eigen- und Fremdkapital von außen zu realisieren.
  • Strukturelle Liquiditätssicherung: Sicherstellung der strategieadäquaten Finanzstruktur.

In der englischsprachigen Praxis bezeichnet man das Finanzmanagement als "Treasury Function". Der Treasury-Begriff hat allerdings meist eine eher operative Konnotation.

Biasi et al. definieren die Aufgaben des Finanzmanagements ähnlich, ergänzen sie aber um einen wichtigen vierten Punkt:

  • "Ausgleich des Spannungsfeldes zwischen Rentabilität und Liquidität."[4]

Aus diesem vierten Punkt folgt:

"Finanzmanagement und damit Finanzcontrolling kann sich nicht auf eine Planung für den Finanzbereich als einen Teilbereich des Unternehmens konzentrieren, sondern muss eine Planung für das Gesamtunternehmen unter dem finanzwirtschaftlichen Aspekt der Zahlungsfähigkeit (Liquidität) sowie der Koordination bezüglich finanzwirtschaftlicher Interdependenzen betreiben."[5] Damit sind 2 funktionale Steuerungsaspekte verbunden:

  • Management des Finanzbereichs selbst und
  • finanzielle Koordination aller Prozesse im Unternehmen.

Es geht im zweiten Fall darum, die Einflüsse aus den leistungswirtschaftlichen Prozessen auf Zahlungen, auf die Kapitalbindung und auf den finanziellen Erfolg zu erfassen, zu koordinieren und zu steuern. In der Unternehmenspraxis ist das Aufgabenspektrum im Finanzmanagement in vielfacher Weise mit Managementaufgaben im Leistungsbereich verbunden (s. Abb. 4).

Abb. 4: Verbindung von Finanzmanagement und Leistungsbereichen[6]

[1] Blazek/Eiselmayer, 2007, S. 24.
[2] Kögler, 2019.
[3] Perridon/Steiner, 2009,, S. 8 f.
[4] Biasi et al., 2012, S. 31.
[5] Mensch, 2008, S. 7.
[6] Vgl. Müller, 2008, S. 33.

3.2 Unternehmensspezifische Aufgaben und Entwicklungsstufen

Die angesprochenen grundsätzlichen Aufgaben des Finanzmanagements erfahren spezifische Konkretisierungen, die durch die Größe und Struktur des Unternehmens, seine Branche sowie durch die geografische Ausdehnung seines Geschäfts bedingt sind.[1] Beispiele hierfür sind:

  • Internationales Finanzmanagement,[2]
  • Finanzmanagement im Konzern,
  • Währungsmanagement im Auslandsgeschäft,
  • Übernahme von Finanzierungsaufgaben im Rahmen des Anlagengeschäfts,
  • Outsourcing von bestimmten operativen Prozessen im Finanzbereich und
  • Wahrnehmung von Bankaufgaben in Eigenregie.

Die Aufgaben des Finanzmanagements lassen Entwicklungsstufen erkennen (s. Abb. 5), von der kurzfristig operativen Steuerung zum strategischen Finanzmanagement.

Abb. 5: Entwicklungsstufen des Finanzmanagements

In einer engen kurzfristigen Sicht geht es um die laufende Sicherung der Liquidität.

In der mittel- und langfristigen operativen Sicht dominiert die Erkenntnis, dass die Liquidität als Folge von Entscheidungen mit Zahlungsfolgen zu sehen ist. Ansatzpunkte für das Finanzmanagement sind in allen Unternehmensbereichen zu verorten. Entsprechend ist die Finanzplanung mit den übrigen Bausteinen der Unternehmensplanung zu integrieren. Ein typischer Ausdruck dieser Sichtweise sind integrierte Finanz- und Erfolgspläne.

In der strategischen Ebene des Finanzmanagements dominiert das Ziel der nachhaltigen Existenzsicherung. Damit verknüpft sind Themen der Kapitalstruktur, Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital sowie Gestaltung der Unternehmensstrategie unter finanziellen Aspekten. Hier kommt zu der unternehmensinternen Orientierung der operativen Ebene die externe (Kapital-)Marktorientierung hinzu.[3] Für alle Entwicklungsstufen ist die Einbindung von Risikoaspekten unerlässlich: Existenzsicherung durch Finanzmanagement hat die verschiedenen finanziellen Risiken zu erkennen, zu bewerten und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung bzw. "Abfederung" zu entwickeln (s. Tab....

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