Rz. 8

Für kapitalmarktnahe Unternehmen stellen Investoren und ESG-Rating-Agenturen aktuell die höchsten Anforderungen an das Thema Nachhaltigkeit. Der Kapitalmarkt baut sukzessive Kapazitäten und Expertise für das Thema Nachhaltigkeit auf. Dadurch werden die Analysefähigkeiten und die Anforderungen der Kapitalmarktteilnehmer wie Investoren, Rating-Agenturen oder Banken an das Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich weiterentwickelt.

Die Zeiten, in denen Unternehmen dem Kapitalmarkt mit großen Ankündigungen und gutem Marketing ihre Nachhaltigkeitsleistung trotz wenig belastbarem Inhalt vorteilhaft verkaufen konnten, sind vorbei.

2.1 Investoren

 

Rz. 9

Investoren nehmen im Kapitalmarkt mit ihren oft sehr frühzeitigen und anspruchsvollen Anforderungen an das Thema Nachhaltigkeit eine Art Vorreiterrolle ein. Aktuell dominieren noch die klassischen Finanzthemen die Sicht der Investoren, und Nachhaltigkeit hat noch keinen klaren Preis. Trotzdem ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Investmentprozess bei der Mehrzahl an Investoren schon lange, z. B. durch Ausschlusskriterien, verankert, künftig verstärkt sogar als Dealbreaker. Das Verständnis über die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens kommt also zunehmend als ein zusätzliches Entscheidungskriterium mit an den Verhandlungstisch. Es geht darum, sich durch einen multidimensionalen Ansatz von einem meinungsbasierten Ansatz (opinion based) zu einem faktenbasierten Ansatz (fact based) weiterzuentwickeln.

 

Rz. 10

Führend in der Entwicklung systematischer ESG-Ansätze sind die Großinvestoren und Finanzinstitute. Es werden aber ein weiterer Ausbau bei nahezu allen Investorengruppen und zunehmend komplexere Ansätze bei der Berücksichtigung von ESG-Kriterien für die Investitionsentscheidungen erwartet. Bei der Mehrheit der Investoren wird aktuell schon die Nachhaltigkeitsleistung mittels der Verwertung einer externen Bewertung (z. B. ESG-Rating) berücksichtigt. Investoren erwarten zunehmend, durch nachhaltigere Investments eine höhere Resilienz für Krisen bzw. eine Überrendite (alpha) zu erwirtschaften. ESG-Schwerpunktthemen liegen je nach Geschäftsmodell und Investorengruppe aktuell v.a. noch auf Umwelt-Themen (u. a. Klimarisiko, CO2/Emissionen, Wassermanagement, Klimawandel, Energiemanagement).

2.2 Rating-Agenturen

 

Rz. 11

Noch sind ESG-Ratings und Credit-Ratings klar voneinander getrennt. Zukünftig ist jedoch eine stärkere Verzahnung beider Ratingtypen zu erwarten. Moody‘s sowie S&P zeigten mit der Übernahme von Vigeo Eiris (2019) und Robecco SAM (2020) Ambitionen und bereits erste Ansätze hierzu. Aktuell verfolgen beide Agenturen eine duale Strategie, in welcher das Credit-Rating und das ESG-Rating parallel vermarktet werden und bei Investoren für mehr Transparenz sorgen sollen. ESG- sowie Credit-Ratings werden zukünftig einen noch wesentlicheren Teil zur Meinungsbildung bei Investoren hinsichtlich der Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen beitragen. Entscheidend dafür ist auch die jeweilige Analysefähigkeit für Nachhaltigkeitsfragestellungen bei den einzelnen Investorengruppen.

 
Hinweis

Aktuelle Entwicklungen und Gespräche mit Investoren zeigen klar, dass die eigene Fähigkeit zur Analyse der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen bei der wichtigsten Kundengruppe von externen Ratings kontinuierlich weiter zunehmen wird.

2.2.1 Credit-Ratings

 

Rz. 12

Die integrierten ESG-Kriterien im aktuellen Credit-Rating-Prozess spiegeln weitestgehend die Überprüfung der Legal-Compliance-Anforderungen wider. I. d. R. sind die ESG-Kriterien ohne direkte Auswirkungen auf die Credit-Ratings. Es wird in der finanziellen Bewertung von Unternehmen aber zunehmend versucht, einen Sustainability Impact auf das Credit-Rating abzubilden. Primäres Ziel ist die Erhöhung der Transparenz. Aktuell können vereinzelt festgestellte Schwächen zumindest noch teilw. mit Stärken ausgeglichen werden. Die Anbieter der Credit-Ratings stellen eine laufende Erweiterung des bestehenden Ansatzes zur ESG-Integration sicher und haben aus unserer Sicht bei weiterer Standardisierung der Nachhaltigkeitsangaben (Sustainability Disclosures) durch die verschiedenen Offenlegungspflichten das Potenzial, die ESG-Rating-Agenturen mittelfristig vom Markt zu verdrängen.

2.2.2 ESG-Ratings

 

Rz. 13

ESG-Rating-Anbieter bewerten die Nachhaltigkeitsleistung meist ganzheitlich, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten (z. B. legt EcoVadis den Fokus auf die Risiken in der Lieferkette, MSCI betrachtet v.a. die Governance-Strukturen eines Unternehmens, ISS ESG & Sustainalytics haben eine ausgewogene und Impact-basierte "E-S-G"-Verteilung der Betrachtungsschwerpunkte).

 

Rz. 14

Adressaten der ESG-Ratings sind meist die Investoren, wobei ein EcoVadis-Rating z. B. auch für die Erfüllung von Kundenanforderungen eingesetzt werden kann. Teilw. können die ESG-Ratings nur von Investorenseite und nicht von den Unternehmen selbst beauftragt werden. Je nach Rating-Anbieter werden die Unternehmen durch die Bereitstellung oder Validierung von Informationen direkt in den Bewertungsprozess einbezogen, teilw. werden nur un...

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