Kampfmittelräumung: Sicherheit für gefährlichsten Job

Vor allem aufgrund von Infrastrukturgroßprojekten hat seit den neunziger Jahren die zivile Entsorgung von Rüstungsaltlasten Hochkonjunktur. Um der Vielfalt an Gefährdungen im Räumungsgebiet wirksame Schutzmaßnahmen entgegensetzen zu können, muss der Einsatz genauestens geplant werden.

Jeder Bauherr muss grundsätzlich sicherstellen, dass sich im Baubereich keine Kampfmittel befinden. Treffen die Bauarbeiter aber dennoch auf eine Rüstungsaltlast, sind die Bauarbeiten umgehend zu stoppen und eine amtlich anerkannte Kampfmittelräumfirma nimmt die Arbeit auf. Der staatliche Kampfmittelräumdienst wiederum veranlasst nach Abschluss der Arbeiten den Abtransport, gegebenenfalls die Entschärfung und die Vernichtung der Kampfmittel.

Schutzmaßnahmen sehr unterschiedlich

Aufgrund der verschiedenen Bedingungen am Fundort, der Art der vorgefundenen Kampfmittel sowie der notwendigen Tätigkeiten und Arbeitsmittel sind auch die Schutzmaßnahmen von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. In jedem Fall aber gilt: In kaum einen anderen Arbeitsbereich sind die Sicherheit und die Gesundheit des eingesetzten Personals so gefährdet wie bei der Identifizierung und Beseitigung von Kampfwaffen, Explosivstoffen und chemischen Kampfstoffen.

Sicherheitsmaßnahmen vor Bauarbeiten

Die Sicherheit wird in zwei Phasen umgesetzt. Vor Beginn der Bauarbeiten muss der Bauherr eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Besteht der Verdacht, dass Kampfmittel gefunden werden könnten, ist eine entsprechende Unterweisung vorzunehmen, die vom Arbeitgeber dokumentiert werden muss. Das gilt nicht nur für Bauunternehmen, sondern auch für die vor Ort tätigen Mitarbeiter des Bauherrn/Auftraggebers sowie für alle an den Bauarbeiten tätigen Unternehmen (Ingenieur-, Architekturbüros etc.). Denn im Unglücksfall kann der jeweils Verantwortliche damit den Nachweis der Einhaltung seiner Unterweisungspflicht führen.

Sicherheit bei Räumungsarbeiten

Wenn bei den Bauarbeiten tatsächlich Kampfmittel gefunden werden, beginnt die zweite Phase. Die Bauarbeiten werden gestoppt und ein Kampfmittelräumdienst des jeweilig zuständigen Bundeslandes übernimmt. Für diese Arbeiten ist ein breites Spektrum an Schutzmaßnahmen erforderlich. Aufgrund der Vielfalt an potenziellen Gefährdungen an einem Standort, muss in jedem Fall ein individueller Schutzmaßnahmenkatalog zusammengestellt werden. Der größte Unsicherheitsfaktor ist dabei die Unkenntnis über die im Boden existierenden Stoffe, Stoffverbindungen, Zersetzungsprodukte sowie noch existierenden Kampfstoffe.

Arbeitssicherheitsplan: Notfallplanung und Rettungskette

Um für das jeweilige Gefährdungsspektrum vor Ort umfassende und den Anforderungen entsprechende Schutzmaßnahmen implementieren zu können, muss jedes Detail genau geplant sein. Vor Aufnahme der Kampfmittelräumung ist daher ein Arbeitssicherheitsplan zu erstellen, der standort- und tätigkeitsbezogene Gefährdungen auflistet sowie die zur Gegenabwehr geeigneten Betriebsanweisungen und Schutzmaßnahmen enthält.

Über die präventiven Maßnahmen hinaus sind für den Notfall Verhaltensregeln zu definieren sowie eine Rettungskette festzulegen, wofür unter anderem Telefonnummern von Hilfsdiensten, Sonderfachleuten und Behörden zusammengestellt werden müssen.

Bevor ein Arbeitssicherheitsplan erstellt werden kann, sind folgende drei Schritte vorzunehmen:

  • Es ist ein Koordinator für Sicherheitstechnik zu bestellen, der den Arbeitssicherheitsplan erstellt und alle sicherheitsrelevanten Aspekte kontrolliert.
  • Bei Bedarf muss zusätzlich ein Fachkundiger für den Umgang mit Sprengstoff und chemischen Kampfstoffen benannt werden.
  • Für die am Standort wesentlichen Tätigkeiten müssen Mitarbeiter ausgesucht werden. Sie müssen allen notwendigen gesundheitlichen Anforderungen genügen. So müssen sie zum Beispiel Atemschutzgeräte tragen können, wenn am Standort chemische Kampfstoffe zu erwarten sind. Dazu werden sie im Vorfeld arbeitsmedizinisch untersucht.

Information und Unterweisung

Die Mitarbeiter der Kampfmittelräumdienste sind über die standort- und tätigkeitsbezogenen Gefährdungen vor der Aufnahme der Arbeit zu unterrichten. Es muss geregelt werden, mit welchen Arbeitspraktiken die Gefahren zu minimieren sind und wie die persönliche Schutzausrüstung anzuwenden ist. Auch über die Reinigung, Instandhaltung, Dekontamination und Entsorgung der Schutzausrüstungen müssen die Mitarbeiter informiert werden. Dies ist in Form einer Betriebsanweisung schriftlich festzuhalten und für alle Mitarbeiter gut sichtbar auszuhängen. Der Arbeitssicherheitsplan muss jedem einzelnen Mitarbeiter zur Kenntnis ausgehändigt werden. Seine Bestimmungen sind für alle bei der Räumung von Kampfmitteln beteiligten Personen bindend.

AH KMR gibt Orientierung

Als Konsequenz der vermehrten Bodenräumungsaktivitäten veröffentlicht das Bundesbau- sowie das Verteidigungsministerium einen Leitfaden für den Stand der Technik bei Räumungsarbeiten heraus, die „Arbeitshilfen zur wirtschaftlichen Erkundung, Planung und Räumung von Kampfmitteln auf Liegenschaften des Bundes“ (AH KMR). Er gibt für alle Fälle der Kampfmittelerkundung, -sicherung, -sprengung und -räumung den Stand der Technik wieder. Als Handlungsanweisung ist die AH KMR auch schon deshalb sehr hilfreich, weil darin alle geltenden Rechtsgrundlagen und länderspezifischen Regelungen berücksichtigt sind. Somit erhalten die Nutzer eine praktische Orientierung im komplexen „Regeldschungel“ der diversen Kampfmittelverordnungen der einzelnen Bundesländer.


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