G-Untersuchungen: Rolle bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge

G-Untersuchungen sind ärztliche Untersuchungen auf Basis der Grundsätze der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Sie waren lange Zeit ein Synonym für die gängigsten arbeitsmedizinischen Vorsorge- und Routineuntersuchungen. Welche Bedeutung haben sie im Rahmen der heutigen arbeitsmedizinischen Vorsorge? Und was sollte man generell über die Vorsorge wissen?

Viele Arbeitnehmer kennen von ihren Besuchen beim Betriebsarzt Abkürzungen wie G 24, G 42 oder G 44. Dabei handelt es sich um die „G-Ziffern“, welche die unterschiedlichen G-Untersuchungen bzw. G-Grundsätze nummerieren, also die arbeitsmedizinischen Untersuchungen auf Basis der Grundsätze der DGUV. Allerdings beschränken sie sich nicht allein auf die arbeitsmedizinische Vorsorge, sondern schließen auch Eignungs- bzw. Tauglichkeitsuntersuchungen ein. Letztere sind aber von der eigentlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge rechtlich klar zu trennen.

Basisfakten zu den G-Untersuchungen

Bei den G-Untersuchungen handelt es sich um Leitlinien für die Betriebsärzte, nicht um staatliche Rechtsvorschriften – sie sind also für die Betriebsärzte nicht verbindlich. Sie sollen sicherstellen, dass die arbeitsmedizinischen (d.h. auch körperlichen und klinischen) Untersuchungen einheitlich durchgeführt werden und die medizinischen Befunde nach einheitlichen qualitätsgesicherten Kriterien erfasst, beurteilt und ausgewertet werden.

Sie werden unterteilt in allgemeine, spezielle und ergänzende Untersuchungen. Betriebsärzte, die sich an ihnen in der Vergangenheit orientierten, erfüllten alle einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften. Da sie aber immer noch alle wesentlichen wissenschaftlichen Anforderungen erfüllen, werden die medizinischen Beurteilungskriterien der G-Grundsätze von vielen Betriebsärzten vor allem im Rahmen der Pflichtvorsorge auch weiterhin genutzt.

Allerdings kann der Betriebsarzt aufgrund der aktuellen Rechtslage im Einzelfall entscheiden, welche Untersuchungen angezeigt sind und ob er den Regelungen zu Inhalt und Umfang der Untersuchungen überhaupt folgen möchte. Primärer gesetzlicher Orientierungsrahmen für die Betriebsärzte sind seit 2013 die Regelungen und Empfehlungen des 2009 gegründeten staatlichen Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfaMed) sowie die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

G-Untersuchungen und die ArbMedVV

Seit 2008 ist die ArbMedVV die verbindliche Rechtsgrundlage für den Arbeitgeber, wenn es um die Handhabung der arbeitsmedizinischen Vorsorge für die Beschäftigten geht. Das hatte zunächst einmal nur eingeschränkte Auswirkung auf die Bedeutung der G-Untersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Nachdem die ArbMedVV im Jahr 2013 novelliert wurde, hat sich das aber stark geändert.

Bis zur Novellierung galt, dass die Regeln zum Untersuchungsinhalt und -umfang bei der DGUV verbleiben. Hielt sich der Arzt an die DGUV-Grundsätze und ihre Empfehlungen, konnte man davon ausgehen, dass es sich um ordnungsgemäße Pflicht-, Angebots- und Wunschuntersuchungen handelte.  Dies galt vor allem auch hinsichtlich ihres Inhalts und Umfangs.

Das ist nun nur noch eingeschränkt der Fall. Der staatliche Ausschuss für Arbeitsmedizin bestimmte, dass die von ihm aufgestellten und erlassenen Regelungen und Empfehlungen vom Betriebsarzt nun auch zu Inhalt und Umfang aller Vorsorgearten primär zu berücksichtigen seien. Den DGUV-Grundsätzen wurde zudem ihre Vermutungswirkung abgesprochen – weil sie nicht zwischen Vorsorge und Untersuchungen zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung für eine bestimmte berufliche Tätigkeit unterschieden.

Seit 2013 orientiert sich die Anordnung von Vorsorgen für die Mitarbeiter grundsätzlich ausschließlich nach der erstellten Gefährdungsbeurteilung für den jeweiligen Arbeitsplatz, die Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen der DGUV dagegen am Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und am Sozialgesetzbuch VII (SGB VII).

Das Wichtigste zur Vorsorge

Die arbeitsmedizinische Vorsorge – es wird zwischen Angebots-, Pflicht- und Wunschvorsorgen unterschieden – ist eine individuelle Arbeitsschutzmaßnahme. Das bedeutet, dass sie als persönliche/individuelle Schutzmaßnahme technische und organisatorische Maßnahmen nur möglichst sinnvoll flankieren und ergänzen, diese aber nicht ersetzen kann. Der Arbeitgeber muss sie nichtsdestotrotz seinen Beschäftigten anbieten, er trägt auch bei der Vorsorge die alleinige rechtliche Verantwortung. Die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelten Gefährdungen bilden die Entscheidungsgrundlage, ob und welche arbeitsmedizinische Vorsorgeart zu veranlassen ist.

Alle Vorsorgearten umfassen immer zunächst ein ärztliches Beratungsgespräch in Verbindung mit einer Anamnese. Hält der Betriebsarzt eine zusätzliche körperliche und/oder klinische Untersuchung für erforderlich, bietet er diese dem Mitarbeiter an. Ein Beschäftigter muss Untersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge aber ausdrücklich zustimmen, der Betriebsarzt darf sie nicht gegen den Willen des Mitarbeiters durchführen. Insofern handelt es sich für die Beschäftigten tatsächlich nicht um eine medizinische (Pflicht-) Untersuchung, da die eigentliche körperliche Untersuchung nach erfolgter Aufklärung durch den Arzt vom Beschäftigten abgelehnt werden kann.

Die am häufigsten durchgeführte Vorsorgeart ist die Angebotsvorsorge. Bei ihr stehen die gesundheitliche Aufklärung und Beratung  im Vordergrund und in vielen Fällen finden keine körperlichen und klinischen Untersuchung im eigentlichen Sinne mehr statt – zumindest darf es bei ihr keinen „Untersuchungsautomatismus“ - der früher durchaus der Normalfall war - mehr geben. Bei der Angebotsvorsorge wiegt das Recht des Beschäftigten auf „informationelle Selbstbestimmung“ schwerer als bei der Pflichtvorsorge, daher kann bei ihr der Betriebsarzt nicht einfach von einer stillschweigenden Einwilligung des Beschäftigten zur Weitergabe der arbeitsmedizinischen Beurteilung an den Arbeitgeber ausgehen.

Grundsätzlich muss vor Aufnahme jeder Tätigkeit eine entsprechende Vorsorge (Erstvorsorge) erfolgen. In der Regel sollte eine zweite Untersuchung (Folgevorsorge) vor Ablauf eines weiteren halben Jahres und jede weitere Untersuchung alle 36 Monate stattfinden. Daneben existieren je nach Branche und Berufsgruppe weitere Intervalle, zum Beispiel regelmäßige Impfungen.

Was ist die Pflichtvorsorge?

Für bestimmte besonders gefährdende Tätigkeiten sind Pflichtuntersuchungen erforderlich, etwa für den Umgang mit besonderen Gefahrstoffen. Aufgeführt sind diese besonders gefährdenden Tätigkeiten im Anhang der ArbMedVV. Den Termin zur Pflichtvorsorge muss der Arbeitgeber schriftlich anbieten. Der Arbeitgeber darf diese Tätigkeiten nur ausüben lassen, wenn sein Mitarbeiter bereits an einer Pflichtvorsorge teilgenommen hat – wozu dieser auch unbedingt verpflichtet ist.

Solange der Beschäftigte nicht bei der Pflichtvorsorge gewesen ist, gilt für ihn ein Tätigkeitsverbot. Für diesen Fall kann der Arbeitgeber sogar dessen Gehalt/Arbeitsentgelt zurückhalten. Wird die Pflichtvorsorge dagegen vom Arbeitgeber nicht oder nicht rechtzeitig veranlasst, drohen ihm mindestens ein Bußgeld und eventuell sogar eine Strafe. Der Betriebsarzt darf dem Arbeitgeber grundsätzlich nur das Ergebnis der den Untersuchungsanlass betreffenden arbeitsmedizinischen Beurteilung mitteilen – also, ob und inwieweit gesundheitliche Bedenken bestehen oder nicht.

Die Vorsorgearten: So betreffen sie die Beschäftigten

An Maßnahmen zur Pflichtvorsorge muss der Beschäftigte teilnehmen, da ihm ansonsten ein Berufsverbot drohen kann. Die Angebotsvorsorge kann hingegen von ihm abgelehnt werden – Strafen oder ähnliches drohen dem Arbeitnehmer nicht. Die Wunschvorsorge geht vom Arbeitnehmer selbst aus und wird von diesem in Absprache mit dem Arbeitgeber oder dem Vorgesetzten durchgeführt.

Gefährdungsbeurteilung und Vorsorgeart

Bei welcher Gefährdung welche arbeitsmedizinische Vorsorge empfohlen bzw. durchgeführt wird, klärt die ArbMedVV ebenfalls. Generell muss ihr zufolge eine Gefährdungsbeurteilung entscheiden, welcher Gefährdungsgrad für die Mitarbeiter vorliegt und welche Vorsorgeart daher zu wählen ist.

Umgekehrt kann die Vorsorge auch Einfluss auf die Gefährdungsbeurteilung und die generelle Arbeitsschutzsituation im Unternehmen haben: Teilt der Betriebsarzt dem Arbeitgeber nämlich mit, dass sich aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge Anhaltspunkte für unzureichende Arbeitsschutzmaßnahmen ergeben, muss der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung unverzüglich überprüfen und weitere Arbeitsschutzmaßnahmen ergreifen.

Liste aller G-Untersuchungen

Die DGUV Grundsätze sind inhaltlich nach einer einheitlichen Systematik gegliedert. Man unterscheidet zwischen 44 Grundsätzen und den ihnen zugrunde liegenden Gefährdungsfaktoren:

G 1.1 Gesundheitsgefährlicher mineralischer Staub, Teil 1: Silikogener Staub

G 1.2 Gesundheitsgefährlicher mineralischer Staub, Teil 2: Asbesthaltiger Staub

G 2 Blei oder seine Verbindungen (mit Ausnahme der Bleialkyle)

G 3 Bleialkyle

G 4 Gefahrstoffe, die Hautkrebs hervorrufen

G 5 Glykoldinitrat

G 6 Kohlenstoffsulfid

G 7 Kohlenmonoxid

G 8 Benzol

G 9 Quecksilber und seine Verbindungen

G 10 Methanol

G 11 Schwefelwasserstoff

G 12 Phosphor (weißer)

G 13 Chloroplatinate

G 14 Trichlorethylen

G 15 Chrom - VI - Verbindungen

G 16 Arsen oder seine Verbindungen (mit Ausnahme des Arsenwasserstoffs)

G 17 Künstliche optische Strahlung

G 19 Dimethylformamid

G20 Lärm

G 21 Kältearbeiten

G 22 Säureschäden der Zähne

G 23 Obstruktive Atemwegserkrankungen

G24 Hauterkrankungen (mit Ausnahme von Hautkrebs)

G25 Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten

G26 Atemschutzgeräte

G 27 Isocyanate

G 28 Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre

G 29 Benzolhomologe (Toluol, Xylole)

G 30 Hitzearbeiten

G 31 Überdruck

G 32 Cadmium oder seine Verbindungen

G 33 Aromatische Nitro- oder Aminoverbindungen

G 34 Fluor oder seine anorganischen Verbindungen

G35 Arbeitsaufenthalt im Ausland unter besonderen klimatischen und gesundheitlichen Belastungen

G 36 Vinylchlorid

G37 Bildschirm-Arbeitsplätze

G 38 Nickel oder seine Verbindungen

G 39 Schweißrauche

G 40 Krebserzeugende Gefahrstoffe – Allgemein

G41 Arbeiten mit Absturzgefahr

G42 Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung

G 43 Hartholzstäube

G 44 Lösemittel

G 45 Styrol

G 46 Belastungen des Muskel- und Skelettsystems einschließlich Vibrationen

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