Zusammenfassung
Die COVID-19-Pandemie hat die Arbeitswelt in Deutschland in einer unglaublichen Geschwindigkeit verändert. Neben den kurzfristigen Herausforderungen für Unternehmen durch behördlich angeordnete Schließungen, Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen und Ausfällen von Mitarbeitern aufgrund akuter COVID-19-Infektionen wird die Pandemie auch langfristige und dauerhafte Veränderungen zur Folge haben. Dabei rückt seit 2021 ein neues medizinisches Phänomen im Zusammenhang mit COVID-19 in den Vordergrund und bereitet Betroffenen, Angehörigen und Ärzten Sorgen: Long-COVID bzw. Post-COVID. Der nachfolgende Beitrag gibt eine Übersicht zum Status quo von Long-und Post-COVID in der Arbeitswelt unter Berücksichtigung verschiedener Teildisziplinen.
1 Einführung in eine veränderte Arbeitswelt durch COVID-19
Der Arbeitsmarkt und das Arbeitsleben in Deutschland unterliegen seit jeher einem stetigen Wandel. Treiber dieses Wandels war und ist der technologische Fortschritt, der demografische Wandel, aber auch gewandelte gesellschaftliche Ansprüche und Werte. Lebensentwürfe werden individueller und vielfältiger. Das führt auch zu neuen Arbeitswelten und -formen mit Themen und Arbeitsmodellen wie New Work, Workation und hybrider Arbeit. Verstärkt wurden einige dieser Entwicklungen durch die COVID-19-Pandemie. Die ersten Fälle des neuartigen Coronavirus (nCoV) wurden erstmals im Dezember 2019 in China entdeckt, wobei sich das Virus sehr schnell global ausbreitete. Dies veranlasste die WHO, am 30.1.2020 eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite auszurufen und den Ausbruch am 11.3.2020 als Pandemie einzustufen. Um die Ausbreitung des COVID-19-Virus in Deutschland einzudämmen, hat die Bundesregierung am 22.3.2020 offiziell einen Lockdown verordnet. Die COVID-19-Pandemie hat die Unternehmen gezwungen, sich schnell an die neuen Umstände anzupassen und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer in den Mittelpunkt gerückt. In der Folge hat die COVID-19-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Arbeitswelt. Die Bekämpfung und Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Virus erforderten wirksame und koordinierte Maßnahmen zur Vermeidung von Personenkontakten und zur Sicherstellung eines ausreichenden Infektionsschutzes in Privatleben, Gesellschaft und der Arbeitswelt. Besonders deutlich wird das beim mobilen Arbeiten. Im Zuge der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen hat die Zahl derjenigen, die ausschließlich oder zeitweise von zu Hause aus arbeiten, einen enormen Schub erhalten. Gerade in den Bereichen, wo zuvor eine Anwesenheitspflicht herrschte, stehen dadurch sowohl Unternehmen, Mitarbeiter und Führungskräfte vor veränderten Herausforderungen wie
- erhöhter Selbstorganisation,
- Entgrenzung oder
- der Führung auf Distanz.
In diesem Zusammenhang zeigt der Ergebnisbericht der Konstanzer Homeoffice-Studie 2020–2022 zusätzlich einen Anstieg von Präsentismus durch mobiles Arbeiten. Dort gaben im April 2022 rund 70 % der Befragten an, dass sie im vergangenen Jahr mindestens einmal gearbeitet haben, obwohl sie das Gefühl hatten, sich aufgrund ihres Gesundheitszustands eigentlich hätten krankschreiben lassen zu müssen.
Neben den strategischen Herausforderungen für Unternehmen durch die COVID-19-Pandemie kam es in der pandemischen Phase vor allem im März 2020 kurzzeitig zu extrem hohen Krankenständen, die maßgeblich durch eine große Vorsicht im Umgang mit Infektionen mitverursacht sein dürften. In der Folge bewegten sich die gemeldeten Fehlzeiten eher auf geringem Niveau. Insgesamt entfielen nur 0,39 % aller Fehltage in 2020 auf COVID-19-Diagnosen. Durch Einschränkung von Kontakten und weiteren Maßnahmen zur Reduktion des Infektionsrisikos entfiel im 1. Quartal 2020 die typische beobachtbare Grippe- und Erkältungswelle. Das führte dazu, dass 2021 trotz eines Anstiegs der Fehlzeiten zum Ende des Jahres, nochmals ein deutlich geringerer Krankenstand als 2020 verzeichnet wurde. Entgegen 2021 startete das Jahr 2022, auch bedingt durch die Ausbreitung der Omikron-Variante BA.1 des SARS-CoV-2-Virus, mit außergewöhnlich vielen Fehltagen. Trotz des höchsten Krankenstands aller Quartale seit 2020, machten die COVID-19-Diagnosen nur einen Anteil von 3,5 % aus. Wesentliche Treiber waren hier Krankheiten des Atmungssystems und psychische Störungen.
Dennoch ist zu konstatieren, dass trotz der anteilsmäßig geringen Krankmeldungen durch COVID-19, diese in Kombination mit weiteren Schutzmaßnahmen zur Reduzierung des Infektionsrisikos viele Unternehmen temporär vor große Herausforderungen in der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs gestellt haben. Eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt, dass seit Pandemiebeginn mehr als jeder Fünfte durchgängig erwerbstätige AOK-Versicherte im Zusammenhang mit einer akuten COVID-19-Erkrankung ausgefallen ist. Vor allem Beschäftigte in den Branchen Erziehung und Gesundheitswesen mit vielen Kontakten zu anderen Menschen waren von Erkrankungen im Zusammenhang mit einer aku...