Partizipation

Unternehmensdemokratie als Schlüssel zur Nachhaltigkeit


Unternehmensdemokratie als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

In diesem Beitrag erfahren Sie, was unternehmerische Mitbestimmung konkret bedeutet und welchen Impact Unternehmensdemokratie auf das Thema Nachhaltigkeit hat. Nachweislich führt die die Einbindung der Mitarbeitenden dazu, dass die organisationalen Nachhaltigkeitsbestrebungen verbessert und gestärkt werden.

Keine Nachhaltigkeit ohne Mitbestimmung

In einem Unternehmen sind unterschiedliche Menschen beteiligt, was mitunter zu verschiedenen Meinungen, Konflikten und zu Demotivation (beispielsweise durch zu geringe Anerkennung) führt. Wo Anerkennung fehlt, und das eigene Wort ungehört bleibt, gibt es keine Mitbestimmung. Unternehmensdemokratie ist die Führung und Gestaltung von Organisationen durch alle Beteiligten, um den jeweiligen Organisationszweck zu verwirklichen. Sie umfasst die Selbstorganisation, Arbeitsverhältnisse und das Gemeinwohl.

Demokratische Entscheidungsprozesse sollten von dazugehörigen Qualifizierungsangeboten flankiert und von Nachhaltigkeitsmanagern begleitet werden. Sie vermitteln und sorgen dafür, dass jede Stimme Gehör findet und das Team das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verliert. Zudem können sie gemeinsam mit der Führungsebene Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer die Mitarbeitenden ihre Arbeit als sinnvoll erachten. Dazu braucht es Gestaltungswillen, Eigenverantwortlichkeit, eine ausgeprägte Fehlerkultur und Kooperationsfähigkeit. Alle sind eingeladen, bei anstehenden Entscheidungen, die der Mitbestimmung unterliegen, den Entscheidungsprozess aktiv mitzugestalten.

Von Hierarchien zu Vertrauen: Neue Machtverhältnisse gestalten

In den wenigsten Fällen heißt Mitbestimmung, dass es keinen Chef gibt. Es geht darum, wer welche Entscheidungen treffen kann und will. Dafür braucht es Einsicht und Zeit. Niemand will ständig partizipieren und jedes Detail (mit-)bestimmen. Die optimale Organisationsstruktur folgt daher aus der Aufgabe, die zu bewältigen ist. Gremien werden deshalb eine bedeutende Rolle behalten, doch die Grundlage für ihr Funktionieren sind die verantwortungsbewusste Haltung des Einzelnen und das Vertrauen zwischen den Menschen sowie ihre Fähigkeit, miteinander zu sprechen und zu Kompromissen zu gelangen. Der Veränderungsprozess von Machtverhältnissen bewirkt vor allem ein neues Gleichgewicht von Empowerment und Commitment (Mitbestimmungsmöglichkeiten und Verantwortungsübernahme).

Nachhaltigkeit im Innenverhältnis von Organisationen

Dr. Andreas Zeuch begleitet Unternehmen und Organisationen auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen Unternehmensdemokratie. Im Laufe der Jahre ergab sich so die Auseinandersetzung mit Konzepten der Partizipation, Mitbestimmung und Unternehmensdemokratie. Bereits 2015 erschien sein Buch „Alle Macht für niemand. Aufbruch der Unternehmensdemokraten“, in dem er sich unter anderem folgenden Fragen widmet: Wird die Unternehmensführung demokratischer? Inwiefern haben Menschen Teil an der Strategie? Gibt es neue horizontale und diverse Karrierekulturen, die anders sind als die klassischen machtorientiert-vertikalen Hierarchien? Wie verteilt sich Macht in Organisationen?

Zeuch widerlegt auch die Aussage, dass langjährig bestehende Unternehmen sich nicht demokratisieren könnten und zeigt, dass zahlreiche agile Unternehmen den Wandel erfolgreich zu ihrem Vorteil und zum Vorteil der Menschen, die für sie tätig sind, geleistet haben. Das hat nichts mit der Abschaffung von Hierarchien zu tun. So zeigte sich in der Organisationsforschung immer wieder, dass Versuche, diese dauerhaft abzuschaffen, misslungen sind. Denn trotz der abgebauten formalen Hierarchien bildeten sich informelle. Führen und Folgen basiert auf Vertrauen, Glaubwürdigkeit, echten Kompetenzen. Dann haben Mitarbeiter auch kein Problem mit einem hierarchischen Führungsstil.

Soziale Innovation trifft digitale Transformation

Problematisch ist das verkürzte Verständnis des Begriffs Unternehmensdemokratie. Zeuch plädiert für einen nüchternen, nicht ideologisch aufgeladenen Blick, der das Konzept der Unternehmensdemokratie in anderem Licht erscheinen lässt. Zudem wäre es in Zeiten des digitalen Wandels fatal, nur auf die damit verbundenen technischen Innovationen zu setzen. Wenn ihnen keine soziale anbei gestellt wird, gibt es keinen wesentlichen Fortschritt. Dann gibt es lediglich ein Mehr-Desselben, weil die neuen Technologien im alten Mindset angewendet werden. Für Zeuch ist die Demokratisierung der Arbeit eine soziale Innovation, die zukünftig weitreichende disruptive Innovationen ermöglicht. Diese kann die digitale Transformation hervorragend ergänzen. Die Idee ist allerdings nicht neu: Bereits 1897 wurde das Konzept der industriellen Demokratie von Sidney und Beatrice Webb mit ihrem Buch „Industrial Democracy“ eingeführt. Der deutsche Kaufmann, Wirtschaftsjournalist, Gewerkschafter und spätere israelische Finanzminister Fritz Naphtali veröffentlichte 30 Jahre später sein Werk „Wirtschaftsdemokratie. Ihr Wesen, Weg und Ziel“, mit dem er sich auf die Vorarbeit von Webb und Webb bezog.

Das Neue liegt nach Zeuch in der aktuellen Möglichkeit, die Demokratisierung der Arbeit nun weitflächig zu realisieren, „da wir heute über technologische Möglichkeiten verfügen, Unternehmens- und Wirtschaftsdemokratie besser als je zuvor zu verwirklichen. Das Neue besteht in dieser bisher nie da gewesenen Kombinationsmöglichkeit.“


Literatur:

Heinrichs, H. / Kuhn, K/ Newig, J. (2012): Nachhaltige Gesellschaft: Welche Rolle für Partizipation und Kooperation? Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Hellmann, K.-U. (2004): Mediation und Nachhaltigkeit. Zur politischen Integration ökologischer Kommunikation, in: Stefan Lange/Uwe Schimank (Hg.): Governance und gesellschaftliche Integration. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften 2004, S. 189-204.

Zeuch, A. (2015): Alle Macht für niemand. Aufbruch der Unternehmensdemokraten. Hamburg: Murmann Publishers

Zeuch A (2017): Keine digitale Transformation ohne soziale Innovation. In: CSR und Digitalisierung, Springer Verlag, Heidelberg 2017, S. 721-734.


Schlagworte zum Thema:  Leadership , Beteiligung
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